Eilentscheidung

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In allen Gemeindeordnungen bzw. Kommunalverfassungen findet sich das Recht des/der Bürgermeister/in, in dringenden Fällen Entscheidungen, die generell der Vertretungskörperschaft oder einem Ausschuss vorbehalten sind, selbst zu treffen; diese Entscheidungen werden Eilentscheidungen oder Dringlichkeitsentscheidungen genannt. Ähnliches gilt bezüglich der Regelungen der Kreisordnungen für Landrät/innen. Im Detail unterscheiden sich die Formulierungen jedoch.

Dringlichkeit[Bearbeiten]

So erlaubt Art. 37 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern dem/der ersten Bürgermeister/in, "dringliche Anordnungen zu treffen und unaufschiebbare Geschäfte zu besorgen". Andere Gemeindeordnungen definieren genauer, was unter "dringlich" zu verstehen ist, so spricht § 48 Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz von "Angelegenheiten, deren Erledigung nicht ohne Nachteil für die Gemeinde bis zu einer Sitzung des Gemeinderats oder des zuständigen Ausschusses aufgeschoben werden kann" (im Übrigen können hier Eilentscheidungen nur "im Benehmen mit den Beigeordneten" getroffen werden). Ähnlich § 43 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg: Hier entscheidet der/die Bürgermeister/in "in dringenden Angelegenheiten des Gemeinderats, deren Erledigung auch nicht bis zu einer ohne Frist und formlos einberufenen Gemeinderatssitzung (§ 34 Abs. 2) aufgeschoben werden kann". In Niedersachsen entscheidet in dringenden Fällen zunächst der Hauptausschuss, nur wenn "die vorherige Entscheidung des Hauptausschusses nicht eingeholt werden (kann) und ... der Eintritt erheblicher Nachteile oder Gefahren (droht)", entscheidet der/die Hauptverwaltungsbeamt/in im Einvernehmen mit dem/der Stellvertreter/in (§ 89 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz). Ähnlich in Mecklenburg-Vorpommern, wo der/die Bürgermeister/in "n Fällen äußerster Dringlichkeit ... anstelle des Hauptausschusses" entscheidet (§ 38 (4) Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern).

An die Dringlichkeit und die für die Gemeinde zu erwartenden Nachteile sind jedenfalls strenge Maßstäbe anzulegen. Dies wird in mehreren Urteilen von Oberverwaltungsgerichten so ausgeführt.[1] In Mecklenburg-Vorpommern wird dies schon durch die Formulierung "äußerste Dringlichkeit" klargestellt. Für das Saarland führt das OVG Saarlouis aus: "Dringlichkeit bedeutet Eilbedürftigkeit oder Unaufschiebbarkeit, wobei zu erwägen ist, ob nicht die Einberufung des Rates (oder des zuständigen Ausschusses) mit verkürzter Einberufungsfrist (§ 41 Abs. 3 Satz 4 KSVG) oder die Ergänzung der Tagesordnung einer bereits terminierten Ratssitzung (§ 41 Abs. 5 KSVG) in Frage kommt. Demnach kommt eine Eilentscheidung nur in ganz dringenden Fällen, in denen eine Entscheidung binnen weniger Stunden getroffen werden muss, in Betracht."[2]

Folgen der Eilentscheidung[Bearbeiten]

Die Eilentscheidung ist dem Gemeinderat unverzüglich mitzuteilen. Sie ist in den meisten Bundesländern unmittelbar gültig, muss also vom Gemeinderat nicht bestätigt und kann von ihm auch nicht wieder aufgehoben werden. Anders z.B. in Mecklenburg-Vorpommern: Hier muss, sofern zuständig, der Hauptausschuss, ansonsten die Gemeindevertretung die Entscheidung nachträglich bestätigen. In den Landkreisen in Rheinland-Pfalz kann der Kreistag eine Eilentscheidung des Landrats immerhin aufheben, falls nicht bereits Rechte Dritter entstanden sind.

Aktualität in der Corona-Krise[Bearbeiten]

Eilentscheidungen sind erneut in die Diskussion geraten, nachdem Bürgermeister/innen im Zuge der Corona-Krise Entscheidungen selbst vornahmen mit der Begründung, der Gemeinderat und seine Ausschüsse könnten wegen der Kontaktbeschränkungen nicht zusammentreten. Zumindest sollten zuvor alle Möglichkeiten geprüft werden, z.B. durch Suche nach größeren Räumen Sitzungen stattfinden zu lassen, in denen die Sicherheitsabstände zwischen den Ratsmitgliedern und ggf. den Zuschauer/innen eingehalten oder die Öffentlichkeit z.B. durch Videoübertraung hergestellt wird. Geschieht dies nicht, liegt es nahe, hierin einen Machtmissbrauch des Bürgermeisters zu sehen.

Rechtsgrundlagen (Beispiele)[Bearbeiten]

Fußnote[Bearbeiten]

  1. Beispiele: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.04.2006, Az. 1 A 11596/05; OVG Saarlouis, Beschluss vom 7.11.2007, Az. 1 B 353/07; Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 07.03.2018, 3 L 24/16
  2. OVG Saarlouis, s. vorhergehende Fußnote

Siehe auch[Bearbeiten]