Empfehlungen für eine verlässliche und wirksame kommunale Beteiligungspolitik

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Bei den Empfehlungen für eine verlässliche und wirksame kommunale Beteiligungspolitik handelt es sich um ein Arbeitspapier des Netzwerk Bürgerbeteiligung, das die Entwicklung von Qualitätskriterien für eine gute lokale Beteiligungspraxis voranbringen will. Das Papier wurde auf Grundlage eines Entwurfs von Roland Roth und mehreren Diskussionsrunden im Netzwerk Bürgerbeteiligung entwickelt. Es formuliert Empfehlungen, die "einen Rahmen und eine Orientierung für Kommunen" bieten sollen. In der Einleitung wird betont, dass Beteiligung kein Selbstläufer ist, sondern Qualität und Ressourcen erfordert. Die Empfehlungen richten sich an kommunale Entscheidungsträger/innen in Politik und Verwaltung wie auch an die Bürger/innn-Gesellschaft; sie werden hier verkürzt wiedergegeben:

  1. Beteiligung braucht einen verbindlichen Rahmen. Basierend auf einer politischen Willensbekundung (Ratsbeschluss) sollten "Leitlinien für die kommunale Bürgerbeteiligung" in einem partizipativen Prozess (siehe: Trialog) entwickelt und vom Rat als Beteiligungssatzung beschlossen werden. Dies kann in einem eigenständigen Prozess oder im Rahmen der Entwicklung eines kommunalen Leitbilds geschehen.
  2. Notwendig ist weiterhin eine beteiligungsorientierte Verwaltung und Politik: Strukturen und Abläufe sollten beteiligungsfreundlich umgestaltet, Beteiligung als Querschnittsaufgabe in der Verwaltung verankert werden, sei es als verwaltungsinternes Netzwerk, Koordinationsstelle oder Büro. Aus- und Weiterbildung sollen Kompetenzen und Motivation für Beteiligung stärken.
  3. Kommunale Beteiligungspolitik ist dialogorientiert; sie stärkt die repräsentative Demokratie und wirkt mit direktdemokratischen Instrumente konstruktiv zusammen. Beteiligung und direkte Demokratie haben unterschiedliche Stärken und ergänzen sich wechselseitig.
  4. Kommunale Bürgerbeteiligung bezieht sich auf alle (wichtigen) kommunalen Handlungsfelder, z. B. Stadt- und Regionalentwicklung, Infrastruktur, Energiewende, Finanzen, Klimaschutz und -Wanlde, Kinder- und Jugendbeteiligung, Wirtschaftsförderung. Sie verbindet die im Planungsrecht verankerten formellen Beteiligungsverfahren mit informellen, dialogischen Ansätzen und strebt Beteiligung auch bei der Umsetzung von Programmen der EU, des Bundes und des Landes an.
  5. Beteiligung benötigt eine regelmäßige Evaluation und Bestandsaufnahme der Beteiligungsaktivitäten, schon weil es sich um ein Lern- und Experimentierfeld handelt. Ein Instrument kann die lokale Demokratiebilanz sein, ein anderes "Qualitätsdialoge bezüglich einzelner Verfahren. Prozessbegleitende Evaluation hilft, die Praxis immer wieder an die jeweilige Situation und die Bedingungen anzupassen.
  6. Beteiligung braucht Transparenz. Einwohner/innen müssen über relevante Vorhaben udn Aktivitäten frühzeitig und kontinuierlich informiert werden. Als Instumente kommen z. B. eine Vorhabenliste, en Beteiligungsportal und Informationsveranstaltungen in Betracht, außerdem ein Open Data-Angebot der Kommune.
  7. Beteiligung ermöglicht die Mitwirkung aller. Die lokale Politik muss Antworten darauf finden, dass auch einfache Beteiligungsformen tendenziell immer exklusiver werden. Inklusive Beteiligung benötigt niedrigschwellige Zugänge, aufsuchende Formate und losbasierte Verfahren, damit auch seltener beteiligte Gruppen wie Kinder und Jugendliche, Zugewanderte oder sozial Benachteiligte einbezogen werden.
  8. Eine gute Beteiligungspraxis braucht Unterstützung und Infrastruktur wie Kompetenzzentren in der Verwaltung oder Beteiligungsbüros, die mit Einrichtungen wie Stadtteilzentren oder Freiwilligenagenturen vernetzt sind. Beteiligungshaushalte können die notwendigen finanziellen Spielräume schaffen, bürgergesellschaftliche Bündnisse die Einwohner/innen stärken und Schlüsselqualifikationen vermitteln.
  9. Beteiligung stärkt die demokratische Praxis in lokalen Institutionen und Organisationen. Partizipation soll zur gelebten Alltagspraxis in Vereinen, Kitas, Schulen etc. werden, damit Respekt für die Meinung Andersdenkender und Sensibilität für die vielfältigen Interessen und Orientierungen in einer Stadtgesellschaft selbstverständlich werden.
  10. Beteiligung braucht starke Kommunen und ausreichende Ressourcen. Zur Umsetzung eines Beteiligungskonzepts wird eine hinreichende finanzielle und personelle Ausstattung benötigt; zudem müssen Kommunen ausreichende Gestaltungsspielräume haben, damit Beteiligung relevant bleibt.

Nachdem die Empfehlungen über ein Jahr lang im Netzwerk Bürgerbeteiligung diskutiert und weiterentwickelt wurden, wurden sie mit dem 4. Netzwerktreffen am 12.06.2015 in die öffentliche Debatte gegeben. Sie stellen den derzeitigen Diskussionsstand im Netzwerk dar (ohne dass alle Netzwerkmitglieder mit jedem Aspekt des Papiers übereinstimmen müssen) und sind offen für die Weiterentwicklung.

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