Transparency International

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Transparency International, kurz TI, ist eine weltweit agierende nichtstaatliche Organisation mit Sitz in Berlin, die sich in der nationalen und internationalen volks- und betriebswirtschaftlichen Korruptionsbekämpfung engagiert. Transparency International wurde 1993 in Berlin vom ehemaligen Direktor der Weltbank für Ostafrika, Peter Eigen, und Mitstreitern aus aller Welt gegründet. Die Hauptsitze von TI und TI Deutschland befinden sich in Berlin-Moabit bzw. Berlin-Mitte. TI verfügt über mehr als 1090 nationale Ableger, zu denen auch TI Deutschland gehört.[1]

Hintergründe und Geschichte[Bearbeiten]

Anlass zur Gründung der Organisation waren die negativen Erfahrungen des Gründers Peter Eigen mit Korruption während seiner langjährigen Arbeit für die Weltbank, zuletzt als Direktor der Regionalmission für Ostafrika in Kenia. Eigen sah Korruption als Haupthemmnis für den Erfolg von Entwicklungsprojekten. Er kam zu der Überzeugung, dass Entwicklungshilfe nicht funktionieren kann, wenn korruptive Strukturen zwischen reichen und armen Ländern sowie innerhalb der einzelnen Staaten nicht aufgebrochen und transparent gemacht werden.[2] Als er begann, sich in seiner Position gegen Korruption zu engagieren, erhielt er eine Abmahnung seines Arbeitgebers. Die Weltbank teilte ihm mit, dass „jedwede politische Aktivität und Einmischung in die 'inneren Angelegenheiten' eines Landes verboten“ sei.[3]

Daraus entstand die Idee, eine unabhängige NGO zu gründen, die sich ausschließlich der Bekämpfung der Korruption widmet. Im Juni 1993 gründeten Eigen und 10 Mitstreiter TI in Den Haag. Die Gründung von TI als eingetragener Verein deutschen Rechts erfolgte am 5. Oktober 1993. Sitz von TI wurde zunächst die Borsigvilla in Berlin. Maßgeblich unterstützt wurde die Gründung von TI durch die GTZ (inzwischen verschmolzen zur GIZ), die zu Beginn unter anderem eine Mietbürgschaft über 70.000 DM unterschrieb. Zwischen 1998 und 2008 erhielten verschiedene Einrichtungen von TI etwa 590.000 Euro von der GTZ.[4]

Zum Zeitpunkt der Gründung von TI waren neben Eigen die folgenden Personen im Vorstand vertreten: Hansjörg Elshorst, Joe Githongo, Fritz Heimann, Michael Hershman, Kamal Hossain, Dolores L. Español, George Moody Stuart, Jerry Parfitt, Jeremy Pope und Frank Vogl.[5] Eigen wurde Vorsitzender und Pope Geschäftsführer.[6]

Transparency International Deutschland[Bearbeiten]

TI Deutschland wurde 2001 unter dem Namen "Transparency International – Deutsches Chapter e.V." in München gegründet. Im Januar 2003 wurde die Geschäftsstelle nach Berlin verlegt, wo die Organisation nach wie vor ihren Standort hat. 2004 wurde TI Deutschland in "Transparency International Deutschland e.V." umbenannt. Mit dem Umzug wurde Dagmar Schröder Geschäftsführerin, die die Position bis Januar 2007 inne hatte. Heute (Stand 2022) ist Alexandra Herzog Vorstandsvorsitzende, Geschäftsführerin ist Dr. Anna-Maija Mertens[7]

Mitgliedschaft[Bearbeiten]

TI Deutschland nimmt sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen als Mitglieder auf. Zum 1. Januar 2010 hatte die Organisation 932 individuelle sowie 43 sogenannte korporative Mitglieder. Zu letzteren zählen unter anderem die Allianz SE, die Daimler AG, die Deutsche Bahn AG, die Deutsche Lufthansa AG, die Hochtief AG sowie die Robert Bosch GmbH. Korporative Mitglieder zahlen einen Mitgliedsbeitrag von jährlich maximal 5.000 Euro, wodurch eine finanzielle Abhängigkeit von einzelnen Geldgebern verhindert werden soll.

Kooperative Mitglieder von TI Deutschland müssen sich einem "Code of Conduct" (Verhaltensregeln) unterwerfen, in dem sie sich verpflichten, von jeglicher Korruption Abstand zu nehmen. Vorgeschrieben sind darüber hinaus entsprechende Mitarbeiterschulungen. Verfolgt ein Unternehmen interne Korruptionsfälle nach Auffassung von Transparency nicht streng genug, kann ihm die Mitgliedschaft entzogen werden, was in der Vergangenheit unter anderem im Fall von Siemens passiert ist.

Themen[Bearbeiten]

Die Zahl der Themen, zu denen TI Deutschland schwerpunktmäßig arbeitet, hat sich im Laufe der Zeit erheblich erweitert. Eine Übersicht ist der Homepage zu entnehmen.

Erfolge[Bearbeiten]

Das Hauptziel ist die idealistische Vision von der totalen und weltweiten Ausmerzung der Korruption. Auf dem Weg zu dieser Vision hat Transparency International bereits einige Erfolge und Teilerfolge erzielen können:

International (Auszug)[Bearbeiten]

  • Veränderung des Bewusstseins bei Weltorganisationen wie z. B. der Weltbank, ganz besonders vorangetrieben durch deren neunten Präsidenten James David Wolfensohn,
  • weltweite Konvention gegen Korruption bei den Vereinten Nationen (vorgestellt 2003 in Mexiko),
  • OECD-Konvention gegen die Bestechung ausländischer Hoheitsträger von 1997, in der sich 34 „reiche“ Exportländer verpflichten, die Bestechung im Ausland durch ihre Exporteure zu verhindern,
  • Umsetzung dieser Gesetze in nationales Recht, z. B. kann in Deutschland für eine im Ausland erfolgte Bestechung angeklagt und auch rechtskräftig verurteilt werden.

National (Auszug)[Bearbeiten]

  • Erarbeitung einer Bewertung der OECD-Konvention in deutsches Recht und Forderung der Fortentwicklung und Anwendung der Antikorruptionsgesetze. So reichte TI Deutschland im Juni 2002 für die Phase II des Überwachungsprozesses eine detaillierte Stellungnahme zum Stande der Korruptionsbekämpfung ein.
  • Einflussnahme auf die Formulierung des Steueranpassungsgesetzes vom März 1999, das zunächst formal die steuerliche Absetzbarkeit von Bestechungs- und Schmiergeldern abgeschafft hat. Transparency International verfolgt das Ziel, dass die Praxis der Finanzbehörden dem klaren Willen des Gesetzgebers folgt und keine De-facto-Absetzbarkeit von Schmiergeldzahlungen im In- und Ausland geduldet wird.
  • Seit Beginn des Jahres 1999 sind TI und TI-Deutschland gegenüber der OECD, der EU und der Bundesregierung aktiv gewesen, um zu erreichen, dass die Exportkredit– und Exportversicherungsinstitutionen der OECD-Mitgliedsstaaten (die ECAs) Exportgeschäfte nicht decken dürfen, wenn sie durch Schmiergeldzahlungen oder Korruption zustande kamen. Seit langem wird versucht, durch klare Regelungen für die öffentliche Exportkreditförderung eine international wirksame Grundlage zu erwirken.

Kritik an Transparency International[Bearbeiten]

Beziehung zur Großindustrie[Bearbeiten]

Kritik an TI Deutschland erwächst zum Teil aus der Tatsache, dass sich der Verband zu einem relevanten Teil aus Spenden von Großunternehmen finanziert. Im Jahr 2009 lag der Anteil von Spenden und Mitgliedsbeiträgen an den Gesamteinnahmen von TI bei 127.800 Euro (26,4 Prozent der Gesamteinnahmen von 483.936 Euro).[8] Die international agierende Mutterorganisation erhielt dagegen bei Gesamteinnahmen von 14,237 Millionen Euro nur 654.000 Euro (4,6 Prozent) aus den Töpfen von Unternehmen.

Laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel stammten 2002 mehr als ein Drittel der Spendeneinnahmen in Deutschland von Unternehmen.[9] Der Beitritt von Großkonzernen falle, so Eltermann, zeitlich häufig mit der Einleitung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens zusammen. Auf diese Weise diene TI als öffentliches „Feigenblatt“ der Großindustrie. Allerdings begrenzt Transparency Deutschland die Mitgliedsbeiträge von Unternehmen auf 5.000 Euro jährlich, um die eigene finanzielle Unabhängigkeit zu sichern.

Der französische freie Journalist Christian de Brie formuliert seine Kritik an der Organisation noch schärfer: „Transparency International ist ein Unternehmen, das von großen Korrupten auf die Beine gestellt wurde, das heißt alle großen multinationalen Unternehmen der Welt stecken da mit drin […] – das ist so, als ob man dem Fuchs die Aufsicht über einen Hühnerstall übertragen würde und ihn darum bittet, systematisch die Mäuse zu denunzieren, die die Maiskörner der Hühner knabbern.“[10] Dem wird entgegengehalten, dass Transparency nicht von Unternehmen gegründet wurde, nicht an der Aufdeckung von Korruptionsstraftaten arbeite, also auch über niemanden eine schützende Hand halten könne.

TI-Gründer Peter Eigen sagt zu der Kritik, dass die Finanzierung durch Firmen der Organisation "als Risikofaktor bewusst" sei. "Denn natürlich erwartet der, von dem man Geld nimmt, dass man ihn auch gut behandelt." Allerdings brauche die Organisation das Geld. "Wenn wir das nur von den Öffentlichen Stellen nehmen, wird man uns vorwerfen, dass wir von denen abhängig sind. Man muss versuchen, eine Koalition zwischen denen herzustellen, die gegen Korruption sind. Dass die nicht alle Engel sind ist klar."[11]

TI nahe stehende Personen haben in der Vergangenheit mehrfach im Auftrag von Großunternehmen bei der Aufarbeitung von Korruptionsaffären mitgearbeitet. So wurde der Amerikaner Michael J. Hershman, Transparency-Mitbegründer und derzeitige CEO der Fairfax Group, im Zuge der Siemens-Korruptionsaffäre von Siemens zum "Compliance-" (Kontroll-)"Berater" berufen. Dies geschah wenige Tage vor der Ankündigung des Rauswurfs von Siemens als Mitglied von TI.

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Transparency International: About und Our national chapters
  2. Anke Martiny: Transparency International – Die Koalition gegen Korruption, Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung 73 (2004), 2, S. 330–338
  3. Eigen (2003), Das Netz der Korruption, S. 35.
  4. Spiegel online: Wächter in der Zwickmühle, 04.08.2009
  5. "When and why was Transparency International (TI) founded?", FAQ, Transparency International (archiviert bei archive.org); Hicks, Bill (2010). "Transparency International". Pinkindustry.com; Peter Larmour: Global standards of market civilization, S. 95–106, Routledge September 2006
  6. Peter Larmour: Global standards of market civilization, S. 95–106, Routledge September 2006
  7. Transparency International Deutschland e.V.: Vereinsgremien - Vorstand sowie Geschäftsstelle
  8. Quelle für diese Angabe: TI Deutschland, Jahresabschluss 2009
  9. Claudia Eltermann: Feigenblatt der Großindustrie, Der Spiegel vom 4. November 2003
  10. Christian de Brie in der 2003 von ARTE ausgestrahlten Dokumentation "Weiße Westen – Schwarze Kassen"
  11. Spiegel: Wächter in der Zwickmühle, 04.08.2009

Links[Bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten]