Umweltzone

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In vielen größeren deutschen Städten sind Umweltzonen eingerichtet worden, um die seit 2005 geltenden Grenzwerte für die Feinstaubbelastung der Luft besser einhalten zu können. Die erste Umweltzone wurde 2008 in Berlin eingerichtet.

Feinstaub-Grenzwerte[Bearbeiten]

Die Feinstaubbelastung der Luft darf für Staub der Korngröße bis 10 µm im Jahresmittel nicht über 40 μg/m³ und im Tagesmittel nicht über 50 μg/m³ steigen. Dieses Tagesmittel darf an maximal 35 Tagen im Jahr überschritten werden. Viele Städte überschreiten diese Werte im Zentrum und in zentrumsnahen Bereichen.[1] Schätzungen zufolge führt die Feinstaubbelastung der Luft in Deutschland jährlich zu 47.000 vorzeitigen Todesfällen[2].

Luftreinhalte- und Aktionspläne[Bearbeiten]

Werden die Grenzwerte überschritten, muss die Gemeinde einen Luftreinhalte- und Aktionsplan aufstellen. In Deutschland beinhaltet dies häufig die Einrichtung einer Umweltzone, aber auch die Umrüstung der Fahrzeuge des öffentlichen Nahverkehrs oder z. B. der Bau einer Umgehungsstraße kann Teil eines solchen Plans sein. In anderen europäischen Ländern wird zu anderen Maßnahmen gegriffen, z. B. die City-Maut in London oder Fahrverbote in Italien.

Amtliches Verkehrszeichen 270.1 am Beginn einer Verkehrsverbotszone mit Zusatzzeichen 1031 zur Freistellung von Fahrzeugen mit roter, gelber oder grüner Plakette

Umweltzone[Bearbeiten]

Ein Instrument zum Gegensteuern ist die Umweltzone. Das ist ein abgegrenzter Bereich im Stadtzentrum, in dem derzeit nur Fahrzeuge mit einer entsprechenden Plakette (rot, gelb oder grün) fahren dürfen.[3] In Zukunft werden die Regeln verschärft, dann dürfen nur noch Fahrzeuge mit grüner Plakette die Umweltzone befahren. Die Plaketten werden entsprechend der "Kennzeichnungsverordnung" zum Bundes-Immissionsschutzgesetz[4] vergeben. Grundlage für die Vergabe der Plakette sind die in den Fahrzeugschein eingetragene Steuerklasse und die EURO-Schadstoffnorm. Die Umweltzone wird durch ein entsprechendes amtliches Kennzeichen angekündigt (nebenstehendes Bild).

Aktueller Stand[Bearbeiten]

Im März 2016 gab es nach Angaben des Umweltbundesamtes[5] in Deutschland 53 Umweltzonen. Die Städte mit Umweltzone sind dort in einer Übersicht zusammengestellt. Die praktische Durchsetzung unterscheidet sich jedoch sehr. Beim Befahren einer Umweltzone ohne gültige Plakette droht ein Bußgeld von 80 €. Während z.B. Frankfurt am Main im Jahr 2017 rund 12 800 entsprechende Ordnungswidrigkeitsverfahren einleitete, verzichtet Wiesbaden, das ebenfalls eine Umweltzone eingerichtet hat, vollständig auf Kontrollen.[6]

Pro und Contra[Bearbeiten]

Die Kritik an Umweltzonen beruft sich vor allem darauf, dass Feinstaub durch den Wind über große Strecken verfrachtet wird. Der überwiegende Teil des Feinstaubs, der in den Stadtzentren gemessen wird, stammt aus anderen Regionen. Zudem differenziert die gesetzliche Definition des Feinstaubs nicht nach der stofflichen Zusammensetzung, der besonders gefährliche Dieselruß wird nicht gesondert geregelt. Befürworter verweisen darauf, dass immer noch der Straßenverkehr eine Hauptursache für die Feinstaubbelastung der Luft sei. Die Umweltzone reduziert die Feinstaubbelastung insgesamt, nicht nur im Bereich der Zone. Sie bietet einen starken Anreiz, auf schadstoffärmere Fahrzeuge umzusteigen.[7]

Beispiel Rhein-Main[Bearbeiten]

Im Rhein-Main-Gebiet haben derzeit (März 2015) nur die Großstädte Frankfurt am Main, Wiesbaden und Offenbach eine Umweltzone, Darmstadt bereitet die Einführung vor.[8] Da der Wind Feinstaub großräumig verfrachtet, fordert insbesondere Frankfurt eine regionale Lösung, d. h. die Einführung einer Umweltzone für den gesamten Ballungsraum. Auf Initiative der Regionalversammlung schrieb das hessische Umweltministerium 52 Kommunen an, darunter Städte wie Rüsselsheim, Oberursel oder Rodgau. Jedoch befürworten nur 14 dieser Kommunen eine regionale Umweltzone, 18 lehnen sie ausdrücklich ab.

Baden-Württemberg: Aufhebung geplant[Bearbeiten]

Für einige Städte in Baden-Württemberg (Heidelberg, Karlsruhe und Pfinztal sowie Schramberg im Landkreis Rottweil) planen die Regierungspräsiden Karlsruhe und Freiburg die Aufhebung der Umweltzonen voraussichtlich zum 01.05.2023 (in Schramberg bereits zum 01.04.). Bis dahin sollen die Anhörung der Kommunen, die Auslegung der geänderten Luftreinhaltepläne und die Öffentlichkeitsbeteiligung abgeschlossen sein. Begründet wird dies damit, dass die Luftqualität in diesen Städten anhaltend gut sei und die Einhaltung der Schadstoffgrenzwerte auch in Zukunft gewährleistet werden könne.[9] Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) reagierte scharf auf diesen Vorstoß: Regelungen aufzuheben, die ein Mindestmaß an Luftqualität sicherstellen, grenze an mutwillige Körperverletzung. Die DUH werde alle rechtlichen Mittel prüfen und habe bereits eine Verfassungsbeschwerde wegen der behördlichen Duldung gesundheitsschädlicher Luftverschmutzung eingelegt.[10]

Baumaschinen nicht einbezogen[Bearbeiten]

Einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen vom 23.06.2014 zufolge geht schätzungsweise die Hälfte der Feinstaubemissionen des Verkehrs in den Städten auf Baumaschinen zurück[11]. Für diese gelten die Einschränkungen der Umweltzonen nicht. Nur neu angeschaffte Geräte müssen den aktuellen Abgasnormen entsprechen, ältere Maschinen können bis zum Ende ihrer Lebensdauer ohne Einschränkungen eingesetzt werden. Emissionen aus Baumaschinen können daneben auch besondere Gesundheitsprobleme für die auf dem Bau beschäftigten Arbeitnehmer/innen bedeuten.

Urteil zum ruhenden Verkehr[Bearbeiten]

Am 24.09.2013 hat das OLG Hamm festgestellt[12], dass auch bei einem in der Umweltzone nur geparkten Fahrzeug ein Bußgeld verhängt werden kann. Der Kläger hatte argumentiert, er habe sein Fahrzeug nur nahe der Wohnung abgestellt, würde es aber mit einem Hänger aus der Umweltzone heraustransportieren. Auch ein ruhendes Fahrzeug, so das Gericht, nimmt am Verkehr teil. Müsste die Behörde immer darauf warten, dass der Motor angelassen und das Fahrzeug bewegt wird, würde dies die Durchsetzung der Regeln unverhältnismäßig erschweren.

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Siehe auch: Umweltbundesamt, Feinstaub
  2. Frankfurter Rundschau: Viel Feinstaub durch Baumaschinen, 23.06.2014
  3. Wegen der Stickoxid-Belastung wird jüngst eine weitere, blaue Plakette für besonders schadstoffarme Dieselfahrzeuge diskutiert, siehe Vorschlag: Blaue Plakette und Fahrverbote, Abschnitt im Artikel über Stickoxide
  4. Fünfunddreißigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (35. BImSchV)
  5. Umweltbundesamt: Umweltzonen
  6. focus, Tausende von Autofahrern ohne Umweltzonen-Plakette erwischt, 22.02.2018
  7. Eine ausführliche Darstellung der Diskussion steht im Artikel Umweltzone in der wikipedia.
  8. Frankfurter Rundschau: Keine Mehrheit für Umweltzone, 23.02.2015 (Quelle für den gesamten Abschnitt)
  9. Rhein-Neckar-Zeitung: Umweltzonen in Heidelberg und anderen Kommunen sollen wegfallen, 23.12.2022
  10. Deutsche Umwelthilfe: Aufhebung von Filterpflichten und Umweltzonen: Deutsche Umwelthilfe wirft Landesregierung Baden-Württemberg vor, vorsätzlich die Luftqualität zu verschlechtern, Pressemitteilung vom 02.01.2023
  11. Frankfurter Rundschau: Viel Feinstaub durch Baumaschinen, 23.06.2014
  12. OLG Hamm, Beschluss vom 24.09.2013, Az. 1 RBs 135/13

Siehe auch[Bearbeiten]