Hessenkasse

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Version vom 30. August 2017, 17:51 Uhr von Wolfgang Pohl (Diskussion | Beiträge) (Artikel angelegt)
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Im Juli 2017 kündigte der hessische Finanzminister Schäfer ein neues Hilfsprogramm für verschuldete Kommunen mit der Bezeichnung "Hessenkasse" an. Es ersetzt nicht den Entschuldungsfonds ("Schutzschirm"), sondern ergänzt ihn. Trotz des Schutzschirms gibt es eine Reihe von überschuldeten Kommunen, die entweder nicht unter die Kriterien des Schutzschirms fielen, ihm wegen der damit verbundenen Bedingungen nicht beigetreten sind oder erst nach Inkraftteten des Schutzschirms in eine finanzielle Notlage gerieten.

Die "Hessenkasse" besteht aus zwei voneinander unabhängigen Programmen:

Übernahme der Kassenkredite durch das Land

Das Land bietet den Kommunen an, zum Stichtag 1. Juli 2018 ihre bis dahin aufgelaufenen Kassenkredite vollständig zu übernehmen. Die Kommune trägt dabei weiterhin Zins- und Tilgungsleistungen, im Durchschnitt jedoch nur in einem Drittel der Höhe, die ansonsten fällig wäre, nämlich ca. 25 € je Einwohner/in und Jahr. Die restlichen zwei Drittel trägt das Land mit Hilfe auch von Bundesmitteln. Den Kommunen, die mit diesen Raten nach 30 Jahren ihre Kassenkredite noch nicht abgezahlt haben, soll dann die Restschuld erlassen werden; nach jetziger Lage dürften das etwa 30 Kommunen sein. Bei den Kassenkrediten der hessischen Kommunen geht es um einen Gesamtbetrag von ca. 6 Mrd. €, die sich auf ca. 260 Kommunen verteilen.

Im Gegenzug soll die Genehmigungspraxis für Kassenkredite strikter werden. Kassenkredite sollen auf ihre ursprüngliche Funktion, kurzfristig die Liquidität sicherzustellen, zurückgeführt werden. Dazu wird möglicherweise auch das kommunale Haushaltsrecht geändert. Damit fällt für die Kommunen eine - zumindest derzeit - sehr zinsgünstige Finanzierungsmöglichkeit weg.

Bestandteil des Progamms soll auch ein umfassendes Betreuungs-, Beratungs- und Organisationsangebot durch die Landesregierung und die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen sein. Die Kommunen erhalten die Entschuldung nicht automatisch, sondern müssen sich zur Teilnahme an der Hessenkasse bewerben.

Die Landesregierung beziffert den kommunalen Anteil an der Tilgung der Kassenkredite (über 30 Jahre hinweg) auf ca. 100 Mio. € jährlich, den Landesanteil auf ca. 200 Mio. € jährlich. Zu diesem Landesanteil gehören jedoch auch Mittel nach dem Bundesteilhabegesetz (nach Länderfinanzausgleich), aus dem Kommunalanteil Fonds Deutsche Einheit (Absenkung der erhöhten Gewerbesteuerumlage), aus dem Landesanteil Fonds Deutsche Einheit sowie im Landesausgleichsstock entbehrliche Mittel.[1] Damit sind hier auch Mittel enthalten, die ohne die Hessenkasse auch an die Kommunen geflossen wären, wenn auch nach anderen Verteilmechanismen. Damit finanzieren die Kommunen - insbesondere auch jene, die keine Kassenkredite abzutragen haben - die Hessenkasse faktisch mit.

500-Mio.-Investitionsprogramm

Um dem Vorwurf zu begegnen, dies bestrafe sparsame Kommunen (nämlich solche, die keine Kassenkredite aufgenommen haben), wird als zweite Komponente ein Investitionsprogramm in Höhe von 500 Mio. Euro für finanzschwache Kommunen ohne Kassenkredite aufgelegt.

Kritik

Die Opposition im hessischen Landtag kritisierte das Programm umgehend. Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Jörg-Uwe Hahn, nannte die Hessenkasse "eine gigantische 'Bad-Bank', die über 30 Jahre neun Milliarden Euro an Zinsen und Tilgung abtragen soll". Dem Landeshaushalt würden dadurch jährlich 200 Millionen Euro entzogen. Für den finanzpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Norbert Schmitt, ist das Programm ein "unzureichender Wiedergutmachungsversuch". Die Schulden resultierten schließlich daher, dass das Land die Kommunen seit vielen Jahren mit zuwenig Geld ausstatte. Jan Schalauske, finanzpolitischer Sprecher der Linken-Fraktion, forderte: "Statt nach Kassenlage des Landes immer wieder neue Sonderprogramme aufzulegen, brauchen die Kommunen dauerhaft ausreichende Finanzmittel." Dafür sei das Land verantwortlich.[2]

Fußnoten

Weblinks

Siehe auch

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