Konnexitätsprinzip

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Das Konnexitätsprinzip (Konnexität = Zusammenhang) ist ein Grundsatz im Staatsrecht, der besagt, dass Aufgaben- und Finanzverantwortung jeweils zusammengehören. Die Instanz (Staatsebene), die für eine Aufgabe verantwortlich ist, ist auch für die Finanzierung zuständig. Vereinfacht wird dies oft ausgedrückt mit dem Satz "Wer bestellt, bezahlt".

Grundsätzliches

Im Grundgesetz ist das Konnexitätsprinzip in Art. 104a wie folgt formuliert: "(1) Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt. (2) Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, trägt der Bund die sich daraus ergebenden Ausgaben. (...)". Von Gemeinden wird hier nicht gesprochen, da diese im Grundgesetz als Teil der Länder gelten.

Nicht immer ist die Ebene, die eine Aufgabe gesetzlich verantwortet, mit derjenigen identisch, die sie ausführt. Daher wird zwischen zwei Formen des Konnexitätsprinzips unterschieden, je nachdem, ob die Konnexität an die Gesetzgebung ("Veranlassungskonnexität") oder an die Durchführung ("Ausführungskonnexität") gebunden wird. Marktorientierte ökonomische Theorien plädieren für die Ausführungskonnexität: Nur wenn die Ebene, die eine Aufgabe ausführt, auch die Kosten hierfür tragen muss, bestehe ein Anreiz für eine sparsame und effiziente Ausgestaltung. Dies Argument zieht jedoch dann nicht, wenn es keine oder nur geringe Spielräume für eine Beeinflussung der Kosten durch die ausführende Ebene gibt.

Aus kommunaler Sicht wird das Konnexitätsprinzip daher im Sinne der Veranlassungskonnexität diskutiert. Bund und Länder, so die langfristige Beobachtung, neigen dazu, neue Aufgaben zu schaffen und sie den Gemeinden aufzutragen, ohne für die Deckung der damit entstehenden Kosten zu sorgen. Jüngstes prominentes Beispiel hierfür ist die Einführung des Rechts auf einen Kitaplatz für unter 3jährige zum Stichtag 13.08.2013. Für die Kommunen in vielen Bundesländern ist die Erfüllung dieses Rechts durch Schaffung neuer Kita-Plätze mit erheblichen Kosten verbunden, die von Bund und Ländern nur teilweise getragen werden.

Länder und Gemeinden

Nachdem die Gemeinden und ihre Spitzenverbände lange für die gesetzliche Fixierung des Konnexitätsprinzips gestritten hatten, wurde es seit den 90er Jahren in die meisten Landesverfassungen aufgenommen. Dabei sind die Formulierungen unterschiedlich; einige Länder kennen ein "striktes Konnexitätsprinzip", wonach jede finanzielle Mehrbelastung auszugleichen ist. In anderen Länder gibt es nur ein "relatives Konnexitätsprinzip", d. h. sie bestimmen, dass sich bei finanziellen Belastungen durch neu übertragene Aufgaben der Landtag mit der Regelung der Kosten befassen muss. Gelegentlich enthält die Regelung weitere Einschränkungen, z. B. spricht die Landesverfassung in Niedersachsen von "erheblichen und notwendigen Kosten".

Ein gesetzlich verankertes Konnexitätsprinzip löst jedoch aus Sicht der Kommunen nicht alle Probleme:

  • Streit kann schon darüber entstehen, wie hoch die tatsächlich entstehenden Kosten sind.
  • Ebenso kann strittig sein, ob die Änderung von Standards bei bereits bestehenden Aufgaben, die zu höheren Kosten führt, als eine Aufgabenübertragung im Sinne des Konnexitätsprinzips zu verstehen ist. Ähnlich sieht es aus, wenn sich Bund oder Land aus einer ihrer Aufgaben zurückziehen und auf diese Weise bei den Kommunen zusätzliche Belastungen entstehen.
  • Zwischen Land und Kommunen bestehen viele parallele Finanzbeziehungen. Bei strikter Konnexität kann das Land versuchen, die zusätzlichen Kosten dadurch zu kompensieren, dass es andere Zuweisungen oder Zuschüsse reduziert.

Die Praxis hat immerhin gezeigt, dass ein in der Landesverfassung niedergelegtes Konnexitätsprinzip die Kommunen politisch und rechtlich unterstützt. Sie können damit argumentieren und ggf. klagen. Trotz bestehender Auslegungs- und Umgehungsspielräume hat die Konnexität die Position der Kommunen bei Aufgabenübertragungen gegenüber den Ländern gestärkt.

Konnexitätsprinzip in den Länderverfassungen

In folgenden Landesverfassungen ist das Konnexitätsprinzip zwischen Land und Kommunen verankert:

  • Baden-Württemberg: Art. 71 Abs. 3 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg lautet: „Den Gemeinden und Gemeindeverbänden kann durch Gesetz die Erledigung bestimmter öffentlicher Aufgaben übertragen werden. Dabei sind Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Führen dieses Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden oder Gemeindeverbände, so ist ein entsprechender Ausgleich zu schaffen."
  • Bayern: In Art. 83 Abs. 3 Bayer. Verfassung heißt es: „Überträgt der Staat den Gemeinden Aufgaben, verpflichtet er sie zur Erfüllung von Aufgaben im eigenen Wirkungskreis oder stellt er besondere Anforderungen an die Erfüllung bestehender oder neuer Aufgaben, hat er gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu stellen. Führt die Wahrnehmung dieser Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden, ist ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.“'
  • Brandenburg: Artikel 97 (3) der Verfassung des Landes Brandenburg hat folgenden Wortlaut: „Das Land kann die Gemeinden und Gemeindeverbände durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes verpflichten, Aufgaben des Landes wahrzunehmen und sich dabei ein Weisungsrecht nach gesetzlichen Vorschriften vorbehalten. Werden die Gemeinden und Gemeindeverbände durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zur Erfüllung neuer öffentlicher Aufgaben verpflichtet, so sind dabei Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Führen diese Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden oder Gemeindeverbände, so ist dafür ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.“
  • Hessen: Art. 137 (6) der Verfassung des Landes Hessen lautet: „Werden die Gemeinden oder Gemeindeverbände durch Landesgesetz oder Landesrechtsverordnung zur Erfüllung staatlicher Aufgaben verpflichtet, sind Regelungen über die Kostenfolgen zu treffen. Führt die Übertragung neuer oder die Veränderung bestehender eigener oder übertragener Aufgaben zu einer Mehrbelastung oder Entlastung der Gemeinden oder Gemeindeverbände in ihrer Gesamtheit, ist ein entsprechender Ausgleich zu schaffen. Das Nähere regelt ein Gesetz.“
  • Mecklenburg-Vorpommern: Artikel 72 Absatz 3 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern hat folgenden Wortlaut: „Die Gemeinden und Kreisen können durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Rechtsverordnung zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichtet werden, wenn dabei gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten getroffen werden. Führt die Erfüllung dieser Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden und Kreise, so ist dafür ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.“
  • Niedersachsen: Art. 57 Abs. 4 der Niedersächsischen Verfassung lautet: „Den Gemeinden und Landkreisen und den sonstigen kommunalen Körperschaften können durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verordnung Pflichtaufgaben zur Erfüllung in eigener Verantwortung zugewiesen werden und staatliche Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen werden. Für die durch Vorschriften nach Satz 1 verursachten erheblichen und notwendigen Kosten ist unverzüglich durch Gesetz der entsprechende finanzielle Ausgleich zu regeln. Soweit sich aus einer Änderung der Vorschriften nach Satz 1 erhebliche Erhöhungen der Kosten ergeben, ist der finanzielle Ausgleich entsprechend anzupassen; im Fall einer Verringerung der Kosten kann er angepasst werden. ..." Zusätzliche Regelungen finden sich in Artikel 58 der Niedersächsischen Verfassung, § 2 Abs. 2 und § 4 Abs. 4 der Niedersächsischen Landkreisordnung (NLO) und § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 und 3 der Niedersächsischen Gemeindeordnung (NGO).
  • Nordrhein-Westfalen: Nach Art. 78 Abs. 3 der Landesverfassung NRW kann das Land „die Gemeinden und Gemeindeverbände durch Gesetz oder Rechtsverordnung zur Übernahme und Durchführung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichten, wenn dabei gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten getroffen werden. Führt die Übertragung neuer oder die Veränderung bestehender und übertragbarer Aufgaben zu einer wesentlichen Belastung der davon betroffenen Gemeinden oder Gemeindeverbände, ist dafür durch Gesetz oder Rechtsverordnung aufgrund einer Kostenfolgeabschätzung ein entsprechender finanzieller Ausgleich für die entstehenden notwendigen, durchschnittlichen Aufwendungen zu schaffen. Der Aufwendungsersatz soll pauschalisiert geleistet werden. Wird nachträglich eine wesentliche Abweichung von der Kostenfolgeabschätzung festgestellt, wird der finanzielle Ausgleich für die Zukunft angepasst. Das Nähere zu den Sätzen 2 bis 4 regelt ein Gesetz ..." Zusätzlich können sich die Kommunen in NRW auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen berufen (Urteil vom 09. Juli 1998 – VerfG 16/96 und 7/97 sowie Urteil vom 01.12.1998, VerfG 5/97. Danach beinhaltet das Recht auf kommunale Selbstverwaltung „einen gegen das Land gerichteten Anspruch auf eine angemessene Finanzausstattung“.
  • Rheinland-Pfalz: Art. 49 Abs. 4 und 5 der Landesverfassung Rheinland-Pfalz lauten: „(4) Den Gemeinden und Gemeindeverbänden oder ihren Vorständen können durch Gesetz oder Rechtsverordnung staatliche Aufgaben zur Erfüllung nach Anweisung übertragen werden. Durch Gesetz oder Rechtsverordnung können den Gemeinden und Gemeindeverbänden auch Pflichtaufgaben der Selbstverwaltung übertragen werden. (5) Überträgt das Land den Gemeinden oder Gemeindeverbänden nach Absatz 4 die Erfüllung öffentlicher Aufgaben oder stellt es besondere Anforderungen an die Erfüllung bestehender oder neuer Aufgabe, hat es gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen; dies gilt auch bei der Auferlegung von Finanzierungspflichten. Führt die Erfüllung dieser Aufgaben und Pflichten zu einer Mehrbelastung der Gemeinden oder Gemeindeverbände, ist ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen. Das Nähere regelt ein Gesetz."
  • Saarland: Art. 120 SaarlVerf lautet: „1) Durch förmliches Gesetz können den Gemeinden und Gemeindeverbänden staatliche Aufgaben zur Durchführung übertragen werden. Dabei sind Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Das Land sichert den Gemeinden und Gemeindeverbänden die zur Durchführung der übertragenen Aufgaben erforderlichen Mittel. 2) Gleiches gilt, wenn das Land die Erfüllung solcher Aufgaben, die es bisher selbst wahrgenommen hat, den Gemeinden und Gemeindeverbänden gesetzlich zur Pflicht macht.“
  • Sachsen: Art. 85 Abs. 1 und 2 SächVerf lautet: „(1) Den kommunalen Trägern der Selbstverwaltung kann durch Gesetz die Erledigung bestimmter Aufgaben übertragen werden. Sie sollen ihnen übertragen werden, wenn sie von ihnen zuverlässig und zweckmäßig erfüllt werden können. Dabei sind Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. (2) Führt die Übertragung der Aufgaben zu einer Mehrbelastung der kommunalen Träger der Selbstverwaltung, so ist ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen. Dies gilt auch, wenn freiwillige Aufgaben in Pflichtaufgaben umgewandelt werden oder wenn der Freistaat Sachsen durch ein Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes nachträglich eine finanzielle Mehrbelastung bei der Erledigung übertragener oder bestehender Aufgaben unmittelbar verursacht." Die Pflicht zum Mehrbelastungsausgleich ist weiterhin durch § 2 Abs. 2 SächsGemO und durch die SächsLKrO gesetzlich vorgeschrieben.
  • Sachsen-Anhalt: Art. 87 Abs. 3 der Landesverfassung des Landes Sachsen-Anhalt lautet: „Den Kommunen können durch Gesetz Pflichtaufgaben zur Erfüllung in eigener Verantwortung zugewiesen und staatliche Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen werden. Dabei ist gleichzeitig die Deckung der Kosten zu regeln. Führt die Aufgabenwahrnehmung zu einer Mehrbelastung der Kommunen, ist ein angemessener Ausgleich zu schaffen.“ Weiterhin staht in § 5 Abs. 1 GO SachsAn: „Der Gemeinde können durch Gesetz staatliche Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen werden (....); dabei sind die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen“.
  • Schleswig-Holstein: Hier ist das Konnexitätsprinzip in Artikel 46 und 49 der Verfassung des Landes Schleswig- Holstein formuliert. Art. 46 (4): "Durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verordnung können die Gemeinden und Gemeindeverbände zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpfl ichtet werden." Art. 49 (2): "Werden die Gemeinden oder Gemeindeverbände durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verordnung zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpfl ichtet, so sind dabei Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Führen diese Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden oder Gemeindeverbände, so ist dafür eine entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.“
  • Thüringen: Hier enthält die Landesverfassung folgende Regelungen: Artikel 91 (3): "Den Gemeinden und Gemeindeverbänden können aufgrund eines Gesetzes staatliche Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen werden." Artikel 93 (1): "Das Land sorgt dafür, dass die kommunalen Träger der Selbstverwaltung ihre Aufgaben erfüllen können. Führt die Übertragung staatlicher Aufgaben nach Artikel 91 Abs. 3 zu einer Mehrbelastung der Gemeinden und Gemeindeverbände, so ist ein angemessener finanzieller Ausgleich zu schaffen." Hinzu kommt § 3 der Thüringer Kommunalverfassung: "(1) Die Gemeinden können durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes verpflichtet werden, bestimmte öffentliche Aufgaben des Staates oder anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts zu erfüllen (Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises)... (2) Bei der Übertragung sind gleichzeitig die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. (...)" Entsprechendes regelt § 88 für die Landkreise.

Bund und Gemeinden

Zwischen Bund und Gemeinden gibt es in Deutschland derzeit kein rechtlich abgesichertes Konnexitätsprinzip.

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