Nitrate

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Nitrate ist eine Sammelbezeichnung für bestimmte stickstoffhaltige Substanzen, genauer die Salze und Ester der Salpetersäure (HNO3). Einige dieser Salze werden auch mit dem historisch entstandenen Sammelbegriff Salpeter bezeichnet. Nitrate spielen eine wichtige Rolle für die Ernährung vom Pflanzen; sie sind ein Bestandteil von Kunstdünger, aber auch von natürlichen Dügemitteln, insb. Gülle. Zum Umweltproblem werden Nitrate, wenn sie in zu hoher Konzentration ins Trinkwasser gelangen, vor allem weil sie für Säuglinge und Menschen mit geschädigter Darmflora gesundheitsschädlich sind.

Herkunft

Der Stickstoffkreislauf

Stickstoff ist der Hauptbestandteil der Erdatmosphäre (ca. 78%). Dieser Stickstoff wird durch Bakterien, die teilweise in direkter Symbiose an Pflanzenwurzeln leben, in Nitrat umgewandelt, das von Pflanzen aufgenommen wird. So werden Nitrate zu einem Bestandteil des Stoffkreislaufs in der Natur. Durch geologische Prozesse wurden sie an einigen Orten der Erde (vor allem in Chile) konzentriert, wo sie als Salpeter abgebaut und für die Herstellung von Kunstdünger und andere Bedarfe der chemischen Industrie verwendet werden. Auch in natürlichem Dünger, insb. in Gülle kommen Nitrate in hoher Konzentration vor, ebenso in den Gärresten von Biogasanlagen.

Umweltschadstoff

Bei starker Düngung von landwirtschaftlich genutzem Boden, ob mit Kunstdünger oder mit natürlichen Düngemitteln, leidet die Biodiversität. Außerdem kann Nitrat ausgeschwemmt werden und ins Grundwasser gelangen. Auch aus privaten Gärten und undichten Abwasserleitungen tritt Nitrat ins Grundwasser über. Zu hohe Konzentrationen im Trinkwasser können gesundheitsschädlich sein. Zwar sind Nitrate unmittelbar nicht giftig, doch werden sie in der Darmflora teilweise in Nitrite und Nitrosamine umgewandelt. Der Stoffwechsel von Säuglingen und einigen gesundheitsgeschädigten Erwachsenen kann diese Umwandlung nicht rückgängig machen. Nitrit wandelt das Hämoglobin so um, dass es seine Funktion nicht mehr erfüllt und der Organismus von innen erstickt. Zudem wird im Zusammenhang mit Nitraten immer auch Distickstoffmonoxid in die Atmosphäre freigesetzt, das den 310fachen Treibhauseffekt von Kohlendioxid besitzt und so zum Klimawandel beiträgt.

Grenzwerte

In Deutschland und Österreich gilt ein Grenzwert von 50 mg/l, in der Schweiz von 25 mg/l für die Konzentration von Nitraten in Trinkwasser (die WHO empfiehlt einen Grenzwert von 20 mg/l). Wird der Grenzwert überschritten, so wird in den Wasserwerken häufig nitrathaltiges Wasser mit nitratarmem vermischt, bis der Grenzwert unterschritten ist. Nur vereinzelt wurden Entsalzungsanlagen in Wasserwerken errichtet, die einen Teil des Nitrats aus dem Wasser entfernen.

Bereits seit 1991 gilt die Nitratrichtlinie der EU, die 1996 durch die Düngeverordnung und den § 62a des Wasserhaushaltsgesetzes in deutsches Recht umgesetzt wurde. Sie verpflichtet die Mitgliedsstaaten der EU, die Anwendung der Regeln guter fachlicher Praxis in der Landwirtschaft zu fördern und jeweils für vier Jahre nationale Aktionsprogramme zur Verminderung der Nitratbelastung aufzustellen. Auch die 2000 verabschiedete Wasserrahmenrichtlinie und die Grundwasserrichtlinie von 2006 verpflichten die nationalen Gesetzgeber zum Handeln.

Vertragsverletzungsverfahren

Zwar wird in Deutschland im Trinkwasser der Grenzwert meist eingehalten, doch werden in vielen Grundwasserproben zu hohe und weiterhin steigende Nitratwerte beobachtet, die häufig die Trinkwasser-Grenzwerte überschreiten. Nach Ansicht des Sachverständigenrats für Umweltfragen befindet sich ein Viertel der deutschen Grundwasserreservoire in einem "schlechten chemischen Zustand". Besonders hoch ist der Anteil des belasteten Grundwassers in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Die EU-Kommission ist daher schon länger der Ansicht, dass in Deutschland die geltenden EU-Umweltrichtlinien nicht ausreichend umgesetzt werden. Die deutschen Vorschriften hätten spätestens 2012 angepasst werden müssen. Zwar liegen Vorschläge für die Novellierung der Düngeverordnung vor, beschlossen ist sie jedoch bisher nicht. Nach einer Fristsetzung 2013 und einer "mit Gründen versehenen Stellungnahme" 2014 hat die EU-Kommission daher im April 2016 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland beschlossen und dies im November 2016 eingeleitet. Bereits zuvor hatte sie in einem analogen Verfahren Frankreich vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt; verhandelt wird über Bußgelder zwischen einer und drei Mrd. Euro. Deutschland droht eine ähnlich hohe Strafe.

Weblinks

Europäisches Recht

Deutsches Recht

Weitere Informationen

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