Register zur Erfassung rechtsextremer und diskriminierender Vorfälle

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In allen Berliner Stadtbezirken gibt es sogenannte Register. Diese dokumentieren Vorfälle mit rassistischem, antisemitischem, homophobem, rechtsextremem und diskriminierendem Hintergrund. Im Gegensatz zur Polizei beziehen Register auch Vorfälle mit ein, die keine strafrechtliche Relevanz besitzen oder die durch die Betroffenen nicht angezeigt werden. D.h. vom Aufkleber über Pöbeleien bis zum Angriff, wird alles dokumentiert.

Entstehung der Berliner Register[Bearbeiten]

Die Idee, ein Register im Bezirk aufzubauen, wurde zunächst in Pankow entwickelt. Dort existiert seit 2005 ein Register, das über Anlaufstellen im Bezirk Vorfälle entgegen nimmt und an die Netzwerkstelle Moskito weiterleitet. In Lichtenberg-Hohenschönhausen gibt es seit 2006 ein Register, das vorwiegend auf Informationen verschiedener zivilgesellschaftlicher Akteure basiert und nicht über Anlaufstellen funktioniert. In Marzahn-Hellersdorf ist das Register bei der Netzwerkstelle Polis angesiedelt, auch in Friedrichshain gibt es seit März 2009 ein Register. In Treptow-Köpenick wurde der Wunsch nach einem Register im Jahr 2006 im Bündnis für Demokratie und Toleranz diskutiert. Ende 2006 förderte der Integrationsbeauftragte des Berliner Senats eine Anschubfinanzierung für den Aufbau des Registers. Seit November 2007 wurde das Register durch den Lokalen Aktionsplan Treptow-Köpenick finanziert.

Wie funktioniert ein Register?[Bearbeiten]

Es gibt zwei Möglichkeiten, um ein Register zu führen. Die erste Möglichkeit sind Anlaufstellen, in denen Betroffene oder Zeugen und Zeuginnen eines Vorfalls ihre Beobachtungen schildern können. Die Anlaufstellen leiten die Meldungen dann weiter an die Koordinierungsstelle des Registers. Anlaufstellen können Nachbarschaftshäuser, Vereine, öffentliche Einrichtungen und Initiativen und Bündnisse sein. Erfahrungsgemäß kommen aus den Anlaufstellen eher weniger Meldungen, die meisten Meldungen gehen direkt bei den Koordinierungsstellen ein. Nichtsdestotrotz können sind Anlaufstellen, wenn sie bekannt sind, eine Möglichkeit für Betroffene, Solidarität in der unmittelbaren Nachbarschaft zu erfahren.

Die zweite Möglichkeit, ein Register zu führen, ist die zentralisierte Entgegennahme von Meldungen. In diesem Fall gibt es keine separaten Anlaufstellen, sondern nur eine Adresse, bei der Meldungen eingehen. Bei dieser Möglichkeit spart man sich einen Teil der Aufbauarbeit und auch die Betreuung der Anlaufstellen. Die Zentralisierung kann dann erfolgreich sein, wenn die Koordinierung des Registers in bestehende zivilgesellschaftliche und demokratische Netzwerke integriert ist und darüber Meldungen erhalten kann.

Zielsetzung[Bearbeiten]

Ziel des Registers ist nicht nur die reine Dokumention und Auswertung von rechtsextremen Vorfällen, sondern vor allem das Sichtbarmachen von Diskriminierung im Alltag. Im Gegensatz zu bestehenden Statistiken bezieht das Register nicht nur anzeigerelevante Vorfälle wie Sachbeschädigungen und Angriffe ein, sondern es werden auch niedrigschwellige Vorfälle aufgenommen, wie Beleidigungen, Pöbeleien und Bedrohungen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht zur Anzeige gebracht werden. Das Registrieren solcher Vorfälle in lokalen Anlaufstellen schafft für die Betroffenen einen Raum, in dem sie ihre Erlebnisse schildern können und mit ihren Problemen nicht allein dastehen. Durch die Veröffentlichung der Vorfälle und die aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an einem Register, soll langfristig eine Sensibilisierung für die Problematik der Diskriminierung entstehen. Die Ergebnisse der Register liefern darüber hinaus den unterschiedlichen demokratischen Akteuren in den Bezirk ein detailliertes Bild darüber, welche Vorfälle stattfinden und wo sich Schwerpunkte für bestimmte Formen der Diskriminierung herauskristallisieren. Die Ergebnisse können dann in die Entscheidungen der Lokalpolitik einfließen.

Zuordnung der Vorfälle nach Art und Inhalt[Bearbeiten]

Die Berliner Register haben sich auf gemeinsame Kriterien geeinigt, d.h. die Zuordnung von Vorfällen nach Art des Vorfalls und inhaltlicher Zuordnung ist standardisiert.

Art des Vorfalls[Bearbeiten]

  • Propaganda (Aufkleber, Plakate, Transparente, Sprühereien, Flugblätter)
  • Veranstaltungen (Demonstrationen, Konzerte, Informationsstände, interne und öffentliche Veranstaltungen bei denen sich rassistisch, antisemitisch oder rechtsextrem geäußert wird)
  • Sonstige (Hitlergruß zeigen, rechtsextreme Musik hören)
  • Angriffe und massive Nötigungen (Bedrohungen und Angriffe, die auf körperliche Gewalt ausgerichtet sind)
  • Pöbeleien, Beleidigungen und Bedrohungen (Sprüche und Beschimpfungen, Parolen rufen)
  • Sachbeschädigungen
  • BVV (Da die NPD in einigen Berliner Bezirksverordnetenversammlungen sitzt, kann sie sich dort zu Wort melden und sich rassistisch, antisemitisch oder rechtsextrem äußern).

Inhaltliche Zuordnung[Bearbeiten]

Jeder Vorfall wird einer inhaltlichen Kategorie zugeordnet. Hierbei wird auf die bestehenden Forschungsergebnisse zum Thema Rechtsextremismus Bezug genommen. Es wurden außerdem gemeinsam mit den Registern aus Pankow, Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf weitere Kategorien entwickelt, die den gemeldeten Vorfällen Rechnung tragen. Die Vorfälle werden einer der unten stehenden inhaltlichen Kategorie zugeordnet.

  • Rechtsextreme Selbstdarstellung. (Damit gemeint sind Aufkleber und Parolen, die rechtsextreme Organisationen und Gruppen bewerben, darüber hinaus aber wenig Inhalt aufweisen.)
  • Verharmlosung bzw. Verherrlichung des Nationalsozialismus (Unter diese Kategorie fallen Symbole und andere Äußerungen mit positivem Bezug zum Nationalsozialismus.Z.B. Hakenkreuze oder die "88", die für "HH"="Heil Hitler" steht.)
  • (vermeintliche) Politische Gegner
  • Rassismus
  • Antisemitismus
  • Feindschaft gegenüber Homosexuellen und Transsexuellen
  • Feindschaft gegenüber Menschen mit Behinderungen
  • Befürwortung autoritärer Strukturen

Zuordnung nach Ortsteil[Bearbeiten]

Die Zuordnung der Vorfälle nach Ortsteilen ist insofern wichtig, dass im Nachhinein regionale Schwerpunkte ausgemacht werden können. Werden beispielsweise in einer Region häufiger Sachbeschädigungen gegen vermeintliche politische Gegner dokumentiert oder kristallisieren sich Orte heraus, an denen besonders häufig Menschen beleidigt werden, so kann man dort aktiv werden. Das Interesse bei Anwohnerinnen und Anwohnern an den Vorfällen, die in ihrem näheren Wohnumfeld gemeldet wurden, ist sehr hoch, außerdem werden unterschiedliche Ortsteile miteinander verglichen.

Grenzen eines Registers[Bearbeiten]

Ein Register hat Grenzen. Es kann in die Auswertung immer nur die Fälle einbeziehen, die bei der Polizei, den Anlaufstellen oder der Opferberatung gemeldet werden. Wenn aus einer Region mehr Meldungen eingehen, kann das an einer sensibilisierten Nachbarschaft liegen und muss nicht zwangsweise auf ein erhöhtes Aufkommen von Diskriminierung zurückgeführt werden. Bundesweite Studien zeigen, dass rechtsextreme Einstellungen keineswegs nur am Rand der Gesellschaft existieren sondern, dass sie von ca. 15 Prozent der Gesellschaft vertreten werden. Von einer Dunkelziffer ist daher auszugehen.

Kontaktdaten der bestehenden Register[Bearbeiten]

Die Kontaktadressen sind auf dem Stand von 2011 und können teilweise veraltet dein.

  • Lichtenberger Register, Licht-Blicke, Netzwerk für Demokratie und Toleranz, Ahrenshooperstraße 7, 13051 Berlin, Tel.: 030 – 99 27 05 55, E-Mai: netwerk-lichtenberg@gmx.de, Internet: www.licht-blicke.org
  • Pankower Register, moskito Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus – Für Demokratie und Vielfalt, Fehrbelliner Str. 92, 10119 Berlin, Tel.: 030 – 44 38 34 59, Fax: 030 – 443 71 71, E-Mail: moskito@pfefferwerk.de, Internet: www.pankower-register.de
  • Register Treptow-Köpenick c/o Villa Offensiv, Hasselwerder Str. 38 – 40, 12439 Berlin, Tel.:0152–04425746 oder 030 - 65 48 72 93, E-Mail: register-tk@web.de, Internet: www.register-tk.de, Aktuelle Chronik des Register Treptow-Köpenick
  • Verzeichnis Marzahn-Hellersdorf, Stiftung SPI, Polis* Bezirkliche Koordinierungsstelle gegen demokratiegefährdende Phänomene und Rechtsextremismus in Marzahn-Hellersdorf, Klausdorfer Str. 8, 12629 Berlin, Tel.:030–99275096, E-Mail: polis@stiftung-spi.de, Internet: http://www.stiftung-spi.de/index_1.html
  • Register Friedrichshain, Kreutziger Str. 23, 10245 Berlin, Tel./Fax: 030 – 74 07 88 31, Handy: 01577 – 736 99 42, E-Mail: register-friedrichshain@web.de, Internet: www.register-friedrichshain.de

Weblinks[Bearbeiten]