Transatlantisches Freihandelsabkommen

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Das Transatlantische Freihandelsabkommen, offiziell Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP) (englisch Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) oder auch Trans-Atlantic Free Trade Agreement (TAFTA)) ist ein in der Verhandlungsphase befindliches Freihandelsabkommen in Form eines völkerrechtlichen Vertrags zwischen einer Vielzahl von Staaten Europas und Nordamerikas. Unter den Teilnehmerstaaten sind die USA und die Staaten der Europäischen Union. Daneben werden auch Kanada, Mexiko, die EFTA-Staaten Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island sowie die EU-Beitrittskandidaten (Mazedonien, Türkei u. a.) einbezogen. Konkrete Verhandlungen über die verschiedenen Vertragsbedingungen laufen seit etwa Mitte 2013.

Ziele und Inhalte[Bearbeiten]

Ziel des Abkommens ist, durch Beseitigen von Handelshemmnissen den Handel zwischen Europa und Nordamerika zu intensivieren und damit die Wirtschaft in beiden Kontinenten zu fördern. Da die Zölle zwischen den beteiligten Ländern schon auf einem sehr niedrigen Stand sind, richtet sich das Hauptaugenmerk auf die "nichttarifären Handelshemmnisse".[1] Damit sind gesetzliche Vorschriften, Verbote und Standards gemeint, die in vielen Fällen die Ein- und Ausfuhr von Waren und Dienstleistungen verhindern oder einschränken.

Insgesamt wird über folgende Gegenstände verhandelt:

  • Zölle
  • nichttarifäre Handelshemmnisse
  • landwirtschaftliche Güter
  • Industriegüter
  • Dienstleistungen
  • Öffentliches Beschaffungswesen
  • Investitionsschutz
  • Handel und nachhaltige Entwicklung
  • Geistiges Eigentum

Die Verhandlungen werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Dennoch sind inzwischen viele Details bekannt geworden, die zu umfassender Kritik geführt haben.

Kritik[Bearbeiten]

Kritisiert wird das Vorhaben vor allem im grünen, sozialdemokratischen und linken Parteienspektrum, von Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Gruppen wie attac. Die Hauptkritikpunkte sind:

  • Geheimverhandlungen: Die Öffentlichkeit ist aus den Verhandlungen ausgeschlossen. Erst nach Vorliegen des kompletten Vertragstextes kann die Öffentlichkeit das Werk zur Kenntnis nehmen, die nationalen wie das EU-Parlament können nur zustimmen oder ablehnen, aber den Inhalt nicht mit gestalten - ein zutiefst undemokratisches Verfahren.[2] Erst am 10.10.2014 hat die EU-Kommission ihr Verhandlungsmandat[3] veröffentlicht, nachdem bereits monatelang geleakte Versionen im Internet kuriserten.
  • Lobbyeinfluss: Bei den Verhandlungen werden zivilgesellschaftliche Gruppen nur punktuell angehört, Wirtschaftsverbände und große Unternehmen dafür unmittelbar beteiligt.
  • Absenken von Standards: Umwelt- und Gesundheitsstandards gehören zu den "nichttarifären Handelshemmnissen", die durch das Abkommen beseitigt werden sollen. Chemikalien, Medikamente, gentechnisch veränderte Nahrungsmittel können international nicht frei gehandelt werden, wenn das Zielland strengere Vorschriften hat als das Herkunftsland. So ist in der EU - im Unterschied zu den USA - derzeit beispielsweise die Einfuhr von Fleisch hormonbehandelter Tiere verboten, Erzeugnisse aus gentechnisch veränderten Pflanzen müssen gekennzeichnet werden. Es steht zu befürchten, dass diese Standards überwiegend nach unten angeglichen werden. So könnten europäische Länder gezwungen werden, den Import von "Hormonfleisch" aus Nordamerika zuzulassen.
  • "Investitionsschutz": Im Abkommen wird - wie in anderen vergleichbaren zuvor - vereinbart sein, dass Firmen gegen "Handelshemmnisse" nicht etwa vor ordentlichen Gerichten, sondern vor eigens eingerichteten Schiedsgerichten, die nichtöffentlich tagen, klagen können. Wenn Umwelt- oder Gesundheitsstandards ihren Handel behindern, könnten sie mindestens Schadensersatz für entgangene Gewinne gegen die Staaten durchsetzen. Deutschland könnte zwar weiterhin Fracking oder Genfood verbieten, müsste dann aber an Firmen, die solches in Deutschland planen, zahlen. Auch dies untergräbt die demokratische Gestaltungsfreiheit der Staaten.
  • Nachteile für den globalen Süden: Das TTIP verfolgt das Ziel, die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA zu erleichtern, um der Bedeutungszunahme der Wirtschaftsräume Asien, Lateinamerika und Afrika sowie Russland/Osteuropa etwas entgegenzusetzen. So führen Unmüßig/Falk aus: "Viele Befürworter von TTIP hoffen auf höhere Umwelt- und Sozialstandards, sehen gar eine Chance für mehr nachhaltige Entwicklung. Das Freihandelsabkommen will aber in Wahrheit die erodierende Wettbewerbsfähigkeit der EU und der USA aufbessern und verfolgt ausschließlich ökonomische (Export)-Interessen. Wer keine Absenkung von sozialen, umwelt- oder verbraucherpolitischen Standards will, sondern auf ihre Anhebung zielt, muss sich für umfassende und multilaterale Abkommen, an denen wirklich alle Handelspartner beteiligt sind, einsetzen, auch wenn das ein harter Weg ist."[4]

Auswirkungen auf Kommunen[Bearbeiten]

Die Kritiker/innen befürchten, dass sich das geplante Abkommen auch auf die kommunale Selbstverwaltung auswirken wird. Ein Ziel des TTIP ist die Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens. "US-Amerikanische Firmen müssten demnach bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in einem EU-Land die gleichen Chancen haben wie einheimische Unternehmen (und umgekehrt). Die Gleichberechtigung ausländischer Anbieter beim Zugang zu öffentlichen Aufträgen soll auf allen Ebenen der staatlichen Institutionen, also auch auf regionaler und kommunaler Ebene verwirklicht werden."[5] So könnte das Abkommen die Kommunen zwingen, Leistungen der Daseinsvorsorge künftig aus der Hand zu geben und nicht nur europaweit, sondern transatlantisch auszuschreiben. Der Druck zu privatisieren kann steigen, die Spielräume für Eigenerbringung von Diensten durch die Kommune, für Auftragsvergabe nach sozialen, ökologischen oder regionalen Kriterien enger werden. Unter anderem könnte die Wasserwirtschaft (nachdem sie gerade aus der Dienstleistungsrichtlinie herausgenommen wurde) erneut zum Gegenstand europäischer Liberalisierung werden.[6]

Siehe auch[Bearbeiten]

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. "Die Absenkung nicht tarifärer Barrieren hat deutlich höhere Effekte auf die realen Pro-Kopf-Einkommen in Europa als die bloße Eliminierung der Zölle." (Bertelsmann Stiftung, Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP), S. 32 - vgl. Literatur
  2. vgl. z. B. ver.di: Angriff auf Löhne, Soziales und Umwelt, S. 5
  3. Rat der Europöischen Union: Leitlinien für die Verhandlungen über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 17.06.2013 (pdf-Format, 19 Seiten)
  4. Barbara Unmüßig, Rainer Falk: Die Revanche des Nordens (Zeit Online, 15.02.2014)
  5. vgl. z. B. ver.di: Angriff auf Löhne, Soziales und Umwelt, S. 6
  6. vgl. ver.di: Angriff auf Löhne, Soziales und Umwelt, S. 13

Literatur und Weblinks[Bearbeiten]

Allgemein[Bearbeiten]

Stellungnahmen von Organisationen und Parteien[Bearbeiten]

Kampagnen gegen das TTIP[Bearbeiten]

Presse[Bearbeiten]

Literatur und weitere Quellen[Bearbeiten]