Kommunaler Entschuldungsfonds und Partnerschaft zur Entschuldung der Kommunen (Rheinland-Pfalz)

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In Rheinland-Pfalz wurde zum 1. Januar 2012 ein Kommunaler Entschuldungsfonds (KEF-RP) mit einer Laufzeit von 15 Jahren gegründet.

Umfang, Finanzierung und Arbeitsweise[Bearbeiten]

Der Fonds soll ein maximales Gesamtvolumen von 3,825 Milliarden Euro aufweisen und über die Laufzeit jährlich bis zu 255 Millionen Euro aufbringen, um damit bis zu zwei Drittel der Ende 2009 bestandenen kommunalen Liquiditätskredite zu tilgen und die fälligen Zinslasten zu vermindern. Die Finanzierung des Fonds ist jeweils zu einem Drittel (1,275 Mrd. Euro) von den teilnehmenden Kommunen selbst, von der kommunalen Solidargemeinschaft im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs und vom Land zu tragen. Maßstab der Verteilung ist der Anteil der Kassenkredite an der Landessumme. Bis zum 31. Dezember 2013 mussten sich die konsolidierungswilligen Kommunen entscheiden, ob sie dem Pakt beitreten. Voraussetzung war ein individuell vereinbarter Konsolidierungsvertrag, der tiefgreifende eigene Anstrengungen zur Entschuldung der teilnehmenden Kommunen verlangt.

Der KEF ist nicht zu verwechseln mit dem Stabilisierungsfonds nach § 5a Landesfinanzausgleichsgesetz, der den kommunalen Finanzausgleich gegen Schwankungen absichern soll.

In Rheinland-Pfalz beliefen sich die kommunalen Schulden am 31.12.2011 auf 10,788 Mrd. €, davon waren 5,221 Mrd. € Kassenkredite.

Zwischenfazit 2015[Bearbeiten]

In seinem Kommunalbericht 2015 stellt der Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz fest, dass "die teilnehmenden Gemeinden und Gemeindeverbände im Aufsichtsbereich der Kreisverwaltungen ... 2014 noch keine Nettotilgung ihrer Liquiditätskredite erreicht" hatten. "Voraussichtlich wird ihr Kreditbestand mangels ausgeglichener Haushalte auch bis zum Ende der Fondslaufzeit (2026) nicht ab-, sondern erheblich zunehmen." (Kommunalbericht 2015, S. 6).

2017: Kommunale Einnahmen steigen, Verschuldung auch[Bearbeiten]

Nach Angaben der Landesregierung hatte der Entschuldungfonds bis zum Herbst 2017 ein Volumen von ca. 1,4 Mrd. € erreicht, davon stammten 930 Mio. € aus Landesmitteln. Bis Anfang 2014 waren 831 Kommunen (darunter 12 kreisfreie Städte und 18 Kreise) dem Programm beigetreten, von denen 109 bis 2017 wieder ausschieden, da sie ihr Konsolidierungsziel vorzeitig erreicht hatten.[1]

Auch 2017 haben der Entschuldungsfonds und die stetig steigenden kommunalen Einnahmen insgesamt nicht zu einem Rückgang der Verschuldung geführt, im Gegenteil: Ende 2016 beliefen sich laut Finanzministerium die Schulden der rheinland-pfälzischen Kommunen auf insgesamt rund 12,1 Milliarden Euro.[2] Allein die Kassenkredite lagen 2016 bei 6,6 Mrd. €.[3] Bis Ende 2017 waren sie auf 7,4 Mrd. € gestiegen.[4] Der Grund dafür dürfte in den großen Unterschieden zwischen den Kommunen liegen: Während einige von den steigenden Einnahmen profitierten, Schulden abbauen und Investitionen steigern konnten, blieb bei anderen die Verschuldung bestehen oder wuchs weiter. Daher forderte jetzt auch der Bund der Steuerzahler eine neue Reform des kommunalen Finanzausgleichs und einen verbesserten kommunalen Entschuldungsfonds.[5] Auch die Arbeitsgemeinschaft der rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern stellte fest: "Der KEF funktioniert nicht" und machte das nicht eingehaltene Konnexitätsprinzip sowie die steigenden Sozialausgaben für die kommunalen Finanzprobleme verantwortlich.[6]

Städtetag Rheinland-Pfalz fordert weiteren Entschuldungsfonds[Bearbeiten]

Im September 2017 forderte der Städtetag Rheinland-Pfalz einen zweiten, zusätzlichen Entschuldungsfonds ("KEF II"). Dabei sprach der Präsident des Städtetages, der Pirmasenser Oberbürgermeister Bernhard Matheis (CDU), von einem Zweckverband mit den Aufgaben einer "Bad Bank". Dieser solle ein Darlehen über 7 Mrd. € aufnehmen und damit die aufgelaufenen Kassenkredite übernehmen. Dazu sollten die derzeit noch niedrigen Zinsen genutzt werden. Zins und Tilgung solle dann über 28 Jahre gestreckt werden. Der Aufwand von 280 Mio. € jährlich solle je zu einem Drittel vom Land, aus dem Kommunalen Finanzausgleich und aus Einsparungen der Kommunen getragen werden.

Der erste Kommunale Entschuldungsfonds sei, so Matheis, eher ein "Dämpfungsfonds für Haushaltsdefizite". Der neue Fonds müsse anders aufgestellt werden. Ursache der Finanzkrise, die in den kreisfreien Städten "hochdramatisch" sei, sei nicht ein "ungebremstes von psycholabilen Oberbürgermeistern gesteuertes Ausgabeverhalten", sondern die starke Zunahme gesetzlicher Pflichtausgaben für Sozialleistungen. Weiterhin forderte der Städtetag eine Generaldebatte des Landtags zur Finanznot der Städte.[7]

Die oppositionelle CDU-Fraktion im Landtag schloss sich der Forderung nach einem neuen Programm an, ohne sich jedoch konkret auf das Modell des Städtetages festzulegen; sie berief sich aber auf das Vorbild der Hessenkasse, die eine ähnliche Zielsetzung verfolgt.[8] Die "Ampel-Fraktionen" im Landtag sehen dies skeptisch und wollen vor einer Entscheidung über ein neues Programm die Ergebnisse einer Überprüfung des kommunalen Finanzausgleichs abwarten.[9]

Im Sommer 2018 kündigte die Landesregierung im Zusammenhang mit der Diskussion um den kommunalen Finanzausgleich an, den 2010 mit dem Kommunalen Entschuldungsfonds (KEF) beschrittenen Weg weiterzuführen und mit zusätzlichem Geld auszubauen. Sie reagierte damit u.a. auf die Kritik des Landesrechnungshofs, der „eine kontrollierte Rückführung der Altschulden im Zeitraum von 30 Jahren bei angemessener Lastenverteilung von Land und Kommunen“ gefordert hatte. Dass im Finanzausgleich zwar ein Zinssicherungsschirm, aber keine Tilgungsverpflichtungen vorgesehen seien, sei aus Sicht des Rechnungshofes nicht ausreichend. Zuvor hatte der Rechnungshof bereits gefordert, den Entschuldungsfonds auf mehr Kommunen auszuweiten und dem Abbau kommunaler Schulden insgesamt mehr Aufmerksamkeit zu widmen.[10]

2018/2019: "Zinssicherungsschirm" sowie "Stabilisierungs- und Abbaubonus"[Bearbeiten]

Im Jahr 2018 ergänzte das Land den Entschuldungsfonds durch einen "Zinssicherungsschirm" sowie einen "Stabilisierungs- und Abbaubonus". Der Zinssicherungsschirm soll Kommunen mit hohen Liquiditätskrediten vor dem Risiko steigender Zinsen schützen: Sofern sie längerfristige Zinsbindungen (die mit höheren Zinsen verbunden sind) eingehen, erhalten sie vom Land einen Zinszuschuss. Eine längere Zinsbindung beinhaltet, dass der Zinssatz vorab bekannt ist, die monatlichen Kreditraten bis zum Ende fix sind und der Zinssatz höher ist, als der variable Zinssatz.[11] Zahlungen aus dem Abbaubonus erhalten Kommunen, die ihre Schulden reduzieren oder zumindest ihren Bestand an Liquiditätskrediten unterhalb einer bestimmten Höhe halten. Beide Programme zusammen sind mit 24 Mio. € finanziert, das sind etwa 0,2% der kommunalen Gesamtverschuldung von 12,3 Mrd. € (Stand Ende 2018). Die Hälfte dieser Mittel wird aus dem kommunalen Finanzausgleich entnommen.[12] Am Zinssicherungsschirm nehmen 68 Kommunen teil (Stand Herbst 2019).

Im Oktober 2019 wurde die erste Zahlung von insgesamt 8 Mio. € an 35 Kommunen geleistet, die eine Zinsbindung bis mindestens 2025 eingegangen waren. Nach Angaben des Finanzministeriums wurden zu diesem Zeitpunkt kommunale Liquiditätskredite von 1,6 Mrd. € durch den Zinssicherungsschirm abgesichert, insgesamt können bis zu 3,5 Mrd. € Kreditvolumen gesichert werden. Die Kreditbelastung der Kommunen in Rheinland-Pfalz beträgt Ende 2019 12,1 Mrd. €, allerdings ist der Anteil der Liquiditätskredite mit 6,1 Mrd. € etwas geringer geworden.[13]

2022: Teilweise Übernahme der Liquiditätskredite angekündigt[Bearbeiten]

Da der Entschuldungsfonds nicht zu einer durchgreifenden Entlastung der kommunalen Finanzen geführt hat, einigte sich die Landesregierung aus SPD, Grünen und FDP im Januar 2022 mit CDU und Freien Wählern auf einen gemeinsamen Entwurf für eine Verfassungsänderung, durch die dem Artikel 117 der Landesverfassung ein vierter Absatz hinzugefügt werden soll, wonach das Land "Liquiditätskredite der Kommunen zum Stand vom 31. Dezember 2020 übernehmen" kann. Beabsichtigt ist die Übernahme der Hälfte der Liquiditätskredite. Zum genannten Zeitpunkt belief sich die Gesamtverschuldung der Rheinland-Pfälzischen Kommunen auf ca. 12,4 Mrd. €, davon machten die Liquiditätskredite mit 6,1 Mio. € knapp die Hälfte aus. Es geht also um einen Betrag von gut 3 Mrd. €. Die Initiative war ins Rollen gekommen, nachdem die Ampelkoalition im Bund in ihrem Koalitionsvertrag vom 26.11.2021 das Ziel festlegte, die überschuldeten Kommunen im Zusammenwirken mit den Ländern zu entschulden. Das Land erwartet, dass der Bund im Rahmen dieses Vorhabens ebenfalls die Hälfte der kommunalen Liquiditätskredite übernimmt.[14] Im Landeshaushalt 2022 ist eine erste Rücklage von 500 Mio. € für diesen Zweck vorgesehen. In der Landesverfassung soll zugleich klargestellt werden, dass Kredite, die das Land zur Ablösung kommunaler Liquiditätskredite aufnimmt, keine "Einnahmen aus Krediten" des Landes sind. Sie fallen damit nicht unter die Schuldenbremse. Die CDU-Fraktion im Landtag fordert, statt der Rücklage im Landeshaushalt mindestens 300 Mio. € zusätzlich in den kommunalen Finanzausgleich zu geben, da die Kommunen sofort zusätzliche Mittel benötigten.[15]

Der rheinland-pfälzische Städtetag begrüßte den fraktionsübergreifenden Konsens; er sei eine „echte Chance für einen Neustart“ der Kommunalfinanzen im Land. Der rheinland-pfälzische Städte- und Gemeindebund wies ergänzend darauf hin, dass auch die Lage der 2.261 kleinen Ortsgemeinden berücksichtigt werden müsse. Diese nehmen Kredite nicht bei Banken, sondern in einer "Einheitskasse" der jeweiligen Verbandsgemeinde auf; diese Kredite müssten in die Ermittlung der kommunalen Altschulden einbezogen werden. Außerdem müsse für die Zukunft die Unterfinanzierung der Kommunen beendet und ihre Investitionsfähigkeit nachhaltig gestärkt werden, damit nicht neue Schuldenberge entstehen.[16]

Der Bund der Steuerzahler Rheinland-Pfalz kritisierte das Vorhaben: Die Schuldenbremse solle damit "faktisch einmal außer Kraft gesetzt werden". Der Steuerzahlerbund befürchtet einen Dammbruch: "Wenn eine große Landtagsmehrheit nach Belieben für politische Projekte bestimmen könnte, dass die Schuldenbremse plötzlich nicht anzuwenden ist, wäre sie letztlich wertlos". Auch der Präsident des Landesrechnungshofs Rheinland-Pfalz sowie der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistags, Hans-Günter Henneke, halten den Weg über eine Änderung der Landesverfassung für grundgesetzwidrig.[17] Dieser Sicht kann entgegengehalten werden, dass die Ablösung von kommunalen Schulden durch das Land die staatliche Gesamtverschuldung nicht erhöht und damit das eigentliche Ziel der Schuldenbremse nicht verletzt. In einer Landtagsdebatte am 17.02.2022 wurde deutlich, dass eine Verfassungsänderung im Landtag auf eine Mehrheit rechnen kann.[18]

In der weiteren Diskussion meldeten sich Finanzwissenschaftler wie Lars Feld, Prof. Hanno Kube und Prof. Ekkehart Reimer kritisch zu Wort. Sie sehen in der geplanten Änderung der Landesverfassung einen Verstoß gegen die Schuldenbremse, der Finanzwissenschaftler Thiess Büttner bezeichnet das Vorhaben gar als "finanzpolitischen Hokuspokus". Auch Staatsrechtler wie Christoph Gröpl und Kyrill-Alexander Schwarz sehen darin einen "weiteren Sargnagel" für die Schuldenbremse oder einen "Taschenspielertrick".[19] Vertreter verschuldeter Kommunen wie der Pirmasenser Oberbürgermeister Markus Zwick oder der Landrat des Kreises Kaiserslautern, Ralf Leßmeister (beide CDU) teilen diese Bedenken nicht; ggf. müsse ein anderer als der angedachte Weg gefunden werden, das Vorhaben umzusetzen. Sie drängen allerdings darauf, die Entschuldung schnell umzusetzen, da die Zeit der Niedrigzinsen absehbar zu Ende gehe. Zudem müsse die Finanzausstattung der Kommunen insgesamt verbessert werden, sonst "stehen wir in ein paar Jahren mit einem neuen Schuldenberg da", so Zwick.[20]

Beschluss nach kontroverser Diskussion[Bearbeiten]

Das Land reagierte auf die verfassungsrechtliche Diskussion, indem der ursprüngliche Gesetzentwurf um eine Tilgungspflicht für das Land ergänzt wurde.[21] In der Haushaltsdebatte am 31.03.2022 zeichnete sich eine große Mehrheit im Landtag ab; neben der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP trugen auch CDU und Freie Wähler das Vorhaben mit. Lediglich die AfD teilt die Bedenken; sie begrüßt zwar die Entschuldung, aber nicht den Weg dorthin. Sie gab ein Gutachten beim Wissenschaftlichen Dienst des Landtags in Auftrag und schlioss den Weg zum Verfassungsgericht nicht aus. Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes kommt allerdings zu dem Ergebnis: "Alles in allem dürfte sich die hier vorgesehene Schuldübernahme im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen und Vertretbaren bewegen und insbesondere keinen Gestaltungsmissbrauch und damit auch keine Umgehung der Schuldenregel des Artikel 109 Abs. 3 GG darstellen."[22] Am 01.04. verabschiedete der Landtag den Gesetzentwurf.[23]

September 2022: "Partnerschaft zur Entschuldung der Kommunen in Rheinland-Pfalz"[Bearbeiten]

Als folgerichtigen Schritt nach der Verfassungsänderung hat das Land im September 2022 ein Programm zur Teilentschuldung von Kommunen mit hohen Liquiditätskrediten unter dem Namen "Partnerschaft zur Entschuldung der Kommunen in Rheinland-Pfalz" (PEK-RP) angekündigt. Dazu werden im Landeshaushalt 3 Mrd. € bereitgestellt. Entschuldet wird in drei Stufen:

  • Bis zum Sockelbetrag von 500 €/Einw. verbleiben Liquiditätskredite bei der jeweiligen Gemeinde;
  • ab 500 €/Einw. wird bis zu einem noch nicht bezifferten Spitzenbetrag die Hälfte der Liquiditätskredite übernommen;
  • oberhalb dieses Spitzenbetrags übernimmt das Land die Liquiditätskredite komplett.

Für Landkreise werden diese Beträge jeweils gedrittelt.

Nach den Berechnungen der Landesregierung können damit etwa 600 Kommunen (552 Ortsgemeinden, acht kreisfreie Städte, elf Landkreise, fünf verbandsfreie Gemeinden und 20 Verbandsgemeinden) an dem Programm teilnehmen. Die Kommunen müssen die Teilnahme an dem Programm spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes beantragen, sie schließen dann einen Vertrag mit dem Land, bevor die Mittel bewilligt werden. Neben der notwendigen Tilgung sinkt für diese Kommunen dann auch die Zinsbelastung unmittelbar. Bei der Teilnahme am Entschuldungsprogramm fallen jedoch eventuell vorher gezahlte KEF-Mittel weg. Durch eine begleitende Änderung des Gemeindehaushaltsrechts solle zudem künftig "einer erneuten Liquiditätskreditverschuldung wirkungsvoll begegnet werden". Bei der Umsetzung soll die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) mitwirken. Das Programm wird flankiert durch die Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs und durch das ebenfalls angekündigte kommunale Investitionsprogramm für Klimaschutz und Innovation.

Das Land will die übernommenen Kredite innerhalb von 30 Jahren tilgen. Je 250 Mio. € sollen dafür in den beiden Jahre 2023 und 2024 zur Verfügung stehen, für die darauf folgenden Jahre dann zunächst je 100 Mio. €. Hinzu kommen die Zins- und Verwaltungskosten. Das Land fordert zugleich erneut den Bund auf, durch ein eigenes Programm ebenfalls die Hälfte der kommunalen Liquiditätskredite zu übernehmen.

Nach Vorlage des Gesetzentwurfs wurden die Einzelheiten mit den Kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt, im Dezember 2022 wurde er vom Ministerrat beschlossen und in den Landtag eingebracht. Dort wurde das Gesetz - früher als ursprünglich erwartet - am 25.01.2023 einstimmig verabschiedet.[24] Die Kommunen können ihre Anträge bis September 2023 stellen; ihre Entschuldung kann voraussichtlich Anfang 2024 beginnen.

Teilnahme einiger hochverschuldeter Gemeinden fraglich[Bearbeiten]

Einige der am höchsten verschuldeten Städte in Rheinland-Pfalz, u.a. der Kreis Kaiserslautern, der Kreis Kusel und die Stadt Pirmasens, zweifeln daran, ob für sie eine Teilnahme am Entschuldungsprogramm möglich ist. Denn eine Voraussetzung dafür ist, dass zukünftig ein dauerhafter Haushaltsausgleich erreicht wird.

Das jährliche Haushaltsdefizit von Pirmasens beträgt derzeit (Stand 2022) ca. 18 Mio. €. Zwar könnte die Stadt - nach einer Neuberechnung des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) durch das Land - 2023 den Haushalt noch ausgleichen. Im darauffolgenden Jahr wäre dies aber nur mit einer drastischen Erhöhung der Grundsteuer möglich, die die Stadt für rechtswidrig hält. Pirmasens fordert daher entweder eine Härtefallregelung oder eine bessere Ausstattung des KFA.[25]

Der Kreis Kusel hat errechnet, dass er die Kreisumlage auf 54% erhöhen müsste, um einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können; dies sei aber nach der Rechtsprechung des rheinland-pfälzischen Oberverwaltungsgerichts nicht zulässig. Ähnlich stellt sich die Lage für den Kreis Kaiserslautern dar. Er müsste nach eigenen Berechnungen die Kreisumlage für 2023 auf 49%, für 2024 sogar auf 53% erhöhen. Das Oberverwaltungsgericht hatte jedoch vor einigen Jahren dem Kreis Recht gegeben, als dieser sich gegen eine vom Land erzwungene Erhöhung der Kreisumlage auf 44% wehrte: Den kreisangehörigen Gemeinden verbliebe dann nicht die "verfassungsrechtlich gebotene finanzielle Mindestausstattung".[26] Eine Erhöhung über diese 44% hinaus wäre dann erst recht verfassungswidrig.

Der Landesrechnungshof, der Gemeinden wiederholt zur Erhöhung der Grundsteuer aufgefordert hat, stellt sich in diesem Fall auf die Seite der Kommunen: Würden einzelne Gemeinden oder Kreise die Grundsteuer oder die Kreisumlage deutlich über den Landesdurchschnitt erhöhen, erzeuge dies eine "Unwucht". Auch der Rechnungshof fordert einen Härteausgleich, um gerade den höchstverschuldeten Kommunen die Teilnahme am Entschuldungsprogramm zu ermöglichen, ebenso wie das Bündnis für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Rheinland-Pfalz. Das Land scheint jedoch vorerst nicht bereit, über eine Härtefallregelung nachzudenken.[27]

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. focus: Bisher rund 1,4 Milliarden Euro für den Entschuldungsfonds, 14.11.2017
  2. Haufe, Einnahmen der Kommunen sind weiter gestiegen, 04.05.2017
  3. Allgemeine Zeitung, Viele Kommunen sind auf Kassenkredite angewiesen, um Haushaltslöcher zu stopfen, 13.09.2017
  4. Allgemeine Zeitung: Landkreistag: Rheinland-Pfalz saniert sich auf Kosten der Kommunen, 26.12.2017
  5. Haufe, Einnahmen der Kommunen sind weiter gestiegen, 04.05.2017
  6. Allgemeine Zeitung: IHK: Rheinland-pfälzische Kommunen ächzen unter Schuldenlast, 7.10.2017
  7. SWR, Kommunen fordern "Bad Bank" gegen Finanznot, 14.09.2017
  8. focus: CDU-Opposition fordert neues Konzept gegen Finanznot, 15.09.2017; Allgemeine Zeitung, Opposition will Debatte über kommunale Verschuldung in den Landtag bringen, 16.09.2017
  9. Welt, Ampel-Fraktionen sehen neuen Entschuldungsfonds skeptisch, 18.09.2017
  10. Pfälzischer Merkur, Umverteilung zu Lasten der Kommunen?, 16.08.2018; SWR, Rechnungshof: Mehr Kommunen entschulden, 04.08.2018; Allgemeine Zeitung, Kommunen im Schuldensumpf, 04.08.2018
  11. Finanzreport, Was ist die Zinsbindung?, 16.01.2023
  12. Welt, Land spannt Schirm zur Zinssicherung der Kommunen auf, 16.10.2018
  13. Welt, Mittel aus Programm zur Zinssicherung fließen an Kommunen, 25.10.2019
  14. Süddeutsche Zeitung, Rheinland-Pfalz bringt kommunalen Schuldenabbau in Gang, 26.01.2022
  15. Blick aktuell, Direkte finanzielle Zuflüsse für die Kommunen, 03.02.2022
  16. Der Neue Kämmerer: Altschuldenlösung versus Schuldenbremse?, 02.02.2022
  17. Bund der Steuerzahler Rheinland-Pfalz: Der gute Zweck heiligt nicht die Mittel, Pressemitteilung vom 27.01.2022; Der Neue Kämmerer: Altschuldenlösung versus Schuldenbremse?, 02.02.2022; #stadtvonmorgen: „Was wäre die Schuldenbremse dann noch wert?“, 02.02.2022; SWR, Geplante Entschuldung über Verfassungsänderung "klarer Verstoß gegen Grundgesetz", 17.03.2022
  18. SWR, Entschuldung der Kommunen: Verfassungsänderung erstmals Thema im Landtag, 17.02.2022; "Umfassende Entschuldung der Kommunen", 17.02.2022; Sat1, Landtag debattiert über die Entschuldung der Kommunen, Bericht und Video, ca. 4. min., 17.02.2022
  19. SWR, Kommunale Entschuldung in RLP: Finanzexperte befürchtet Domino-Effekt, 30.03.2022
  20. SWR: Kommunen im Westen der Pfalz machen bei Altschulden Druck, 30.03.2022
  21. Der endgültige Beschlusstext lautet: "Die Verfassung für Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 1947 (VOBI. S. 209), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Mai 2015 (GVBI. S. 35), BS 100-1, wird wie folgt geändert: Dem Artikel 117 wird folgender Absatz 4 angefügt: '(4) Das Land oder juristische Personen, an denen das Land maßgeblich beteiligt ist, können aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung nach Absatz 2 Liquiditätskredite der Kommunen zum Stand vom 31. Dezember 2020 übernehmen. Die Schuldübernahme ist keine Einnahme aus Krediten im Sinne von Absatz 1 Satz 1. Das Land verpflichtet sich zur Tilgung der übernommenen Schulden. Das Nähere bestimmt ein Gesetz.'" Der gesamte Verfahrensgang einschl. verschiedener Stellungnahmen ist in der Parlamentsdokumentation OPAL zu finden (Suchkriterien: Landesverfassung, 18. Wahlperiode).
  22. Die vollständige Stellungnahme: Wissenschaftlicher Dienst des Landtags Rheinland-Pfalz, Verfassungskonformität der beabsichtigten Änderung von Art. 117 LV (Übernahme von Liquiditätskrediten der Kommunen), Gutachten 52-1735 vom 23.02.2022, Aktenzeichen: 3010-0003#2022/0001-0101 (pdf-Format, 20 Seiten)
  23. SWR, "Historisch" - Teilentschuldung der Kommunen in RLP geplant, 31.03.2022; Zeit, Mainzer Landtag bringt zentrale Finanzvorhaben auf den Weg, 31.03.2022; Landtag Rheinland-Pfalz: Verfassungsänderung: Land teilentschuldet Kommunen, 01.04.2022; SWR, Land kann Schulden von Kommunen in RLP übernehmen, 01.04.2022. Die Freien Wähler reklamieren den Erfolg für sich, siehe Zeit: Freie Wähler: Schuldenentlastung der Kommunen großer Erfolg, 10.05.2022
  24. SWR, Kommunen in Rheinland-Pfalz von Milliardenschulden befreit, 25.01.2023
  25. Der Neue Kämmerer, Verpasst Pirmasens die Entschuldung?, 11.11.2022. Die Berechnungen in dieser Artikel entsprechen nicht mehr dem aktuellen Stand. Siehe zur Finanzlage der Stadt Pirmasens auch: Der Neue Kämmerer, Mit ausgeglichenem Haushalt ins Dilemma, 01.12.2022
  26. Siehe zum Urteil den Abschnitt Rheinland-Pfalz: OVG-Urteil zur Kreisumlage im Artikel Kreisumlage.
  27. SWR, Entschuldungsprogramm in RLP ohne die am höchsten belasteten Kommunen, 23.11.2022

Weblinks[Bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten]