Subsidiarität

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"Subsidiarität" heißt Nachrangigkeit. Ein "Subsidiaritätsprinzip" bedeutet, dass eine Leistung oder Zuständigkeit nur dann und nur insoweit gerechtfertigt ist, als nicht andere Akteure oder Leistungen bereitstehen. In der Kommunalpolitik spielt der Begriff in ganz unterschiedlichen Kontexten eine Rolle.

Subsidiarität zwischen EU und Kommunen/Regionen[Bearbeiten]

Seit dem Vertrag von Lissabon 2007 enthält der EU-Vertrag in Artikel 5 Absatz 3 ein solches Prinzip: "Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird die Union in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind.". Dabei trägt die EU die Beweislast dafür, dass die jeweilige Maßnahme oder der Rechtsakt besser auf der europäischen Ebene angesiedelt ist. Da hier - ebenso wie in Art. 4 Abs. 2 S. 1 - die regionale und lokale Ebene ausdrücklich genannt werden, wird dies als ausdrückliche Anerkennung der jeweiligen Kommunalverfassungen und als Schutz der kommunalen Kompetenzen in den Mitgliedsländern der EU verstanden.

Kommunalverfassungsrecht: Subsidiäre Allzuständigkeit[Bearbeiten]

Artikel 28 Absatz II des Grundgesetzes formuliert in seinem ersten Satz die kommunale Selbstverwaltung wie folgt: "Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln." Die Formulierung "alle Angelegenheiten" ("Allzuständigkeit") wird hier zweifach eingeschränkt: Es muss sich um "örtliche Angelegenheiten" handeln (Örtlichkeitsprinzip), und die Zuständigkeit besteht "im Rahmen der Gesetze". Letzteres wird als Subsidiaritätsprinzip verstanden: Die Gemeinden können Angelegenheiten dann und insoweit regeln, als sie nicht bereits durch Bundes- oder Landesgesetze geregelt sind.[1]

Siehe auch[Bearbeiten]

Verhältnis von Gemeinden und Kreisen[Bearbeiten]

Für die Abgrenzung zwischen Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft (Gemeinde) und Aufgaben der überörtlichen Gemeinschaft (Kreis) gilt nach dem sog. Rastede-Urteil das Subsidiaritätsprinzip, d. h., dass Aufgaben mit relevantem örtlichen Charakter von den Gemeinden erfüllt werden, sofern die Aufgabenerfüllung dort sichergestellt ist.

Siehe auch[Bearbeiten]

Gemeindewirtschaftsrecht[Bearbeiten]

Viele Gemeindeordnungen enthalten in ihren Abschnitten zum Gemeindewirtschaftsrecht eine Formulierung, wonach die Gemeinden nur dann wirtschaftliche Unternehmen gründen dürfen, wenn ein öffentlicher Zweck vorliegt und Private nicht ebenso wirtschaftlich sind. Wann ein öffentlicher Zweck vorliegt, ist unterschiedlich definiert, ebenso wie die Frage, was als wirtschaftliche Betätigung anzusehen ist. Manche Kernbereiche der Daseinsvorsorge sind als öffentliche Zwecke oder nicht-wirtschaftliche Tätigkeiten definiert: in Hessen beispielsweise Sport, Kultur, Bildung und Gesundheit (§ 121 Abs. 2 HGO). Das Gegenmodell schließt einen öffentlichen Zweck überall dort aus, wo die Gemeinde oder ihre Unternehmen „an dem vom Wettbewerb beherrschen Wirtschaftleben teilnehmen, um Gewinn zu erzielen“ (z.B. Art. 87 Abs. 1 S. 2 GO Bay – mit Bestandsschutz für vor dem 1.Sept. 1998 errichtete Unternehmen). Für die Energie- und die Wohnungswirtschaft gibt es gelegentlich besondere Regelungen. So definiert § 68 Abs. 2 GO M-V die wirtschaftliche Betätigung in den Bereichen „der Strom-, Gas- und Wärmeversorgung auch bei Betätigung außerhalb des Gemeindegebiets“ als einem öffentlichen Zweck dienend. Ähnliche Definitionen finden sich auch in anderen Gemeindeordnungen.[2]

Subsidiarität von Sozialleistungen[Bearbeiten]

Bestimmte Sozialleistungen wie die Grundsicherung für Arbeitssuchende werden subsidiär gewährt, d.h. sie können nur dann beansprucht werden, wenn und soweit der Lebensunterhalt nicht aus anderen Quellen bestritten werden kann. Nicht nur andere staatliche Leistungen oder eigenes Vermögen, sondern auch Unterhaltsansprüche (z. B. auf Ehegatten- oder Kindesunterhalt) gehen grundsätzlich vor.

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Siehe hierzu auch: Dr. Angelika Emmerich-Fritsche: Das Subsidiaritätsprinzip – Schutz oder Bedrohung der Kommunen? (pdf-Format, 16 Seiten). Hinsichtlich der Ausführungen zur EU ist dieser Text jedoch veraltet.
  2. Diese Ausführung wurden entnommen: Gabriele C. Klug, Die Kommune mit ihren Beteiligungen, in: Munier u. a. (Hrsg), Kassensturz kommunal, erscheint ca. August 2012)

Literatur, Weblinks[Bearbeiten]