Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV 2021)

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Ab dem 1. Juli 2021 ist eine überarbeitete Regulation für das Glücksspiel in Deutschland in Kraft getreten, genannt Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV 2021). Diese aktuelle Gesetzgebung bringt wesentliche Änderungen mit sich, einschließlich der Legalisierung von bestimmten digitalen Glücksspielaktivitäten, die vorher nicht erlaubt waren, und der Erweiterung bestehender Lizenzen, primär im Bereich der Sportwetten.

Überdies enthält der GlüStV 2021 eine Anzahl von Regulierungsvorschriften, deren Glücksspielanbieter, darunter jedes Casino und Sportwettenanbieter, zukünftig Folge zu leisten haben. Diese sind dazu gedacht, den Spielern einen effektiven Schutz vor Glücksspielsucht zu gewährleisten.

Ein Rückblick und chronologischer Verlauf[Bearbeiten]

Die erste Ausgabe des GlüStV wurde am 1. Januar 2008 wirksam. Dennoch wurde seine Geltungsdauer nicht über den 31. Dezember 2011 hinaus verlängert, da die Ministerpräsidenten der Bundesländer keinen entsprechenden Beschluss gefasst hatten (§ 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F.). Trotzdem wurden seine zentralen Regelungen in den Bundesländern – mit Ausnahme von Schleswig-Holstein – bis zum Wirksamwerden eines neuen Staatsvertrages als landesgesetzliche Regelungen fortgeführt.

Dies basierte auf den Ausführungsgesetzen zum Staatsvertrag in den jeweiligen Bundesländern. Überdies trat 2012 der erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag in Kraft, der 2018 durch den zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag ersetzt werden sollte. Jedoch wurde sein Inkrafttreten verhindert, da nicht alle Bundesländer ihn ratifizierten. Am 1. Januar 2020 wurde der dritte Glücksspieländerungsstaatsvertrag wirksam, der die Beschränkungen für Sportwetten-Konzessionen aufhob.

Ausnahme Schleswig-Holstein[Bearbeiten]

Am 14. September 2011 hat das Bundesland Schleswig-Holstein einen eigenständigen Kurs in der Glücksspiel-Gesetzgebung eingeschlagen und sich gegen den Beitritt zum ersten Glücksspielstaatsvertrag entschieden. Während das Lotto weiterhin ein staatliches Monopol blieb, fielen die meisten Beschränkungen in den Bereichen Werbung und Vertrieb weg.

Überdies hat Schleswig-Holstein eine gewichtige Entscheidung getroffen, indem es privaten Anbietern Konzessionen für Sportwetten und Online Spielotheken gewährte. Diese Entscheidung löste sowohl auf nationaler Ebene als auch innerhalb des Bundeslandes selbst unterschiedliche Reaktionen aus.

Im Jahr 2012 erlebte Schleswig-Holstein einen bedeutsamen politischen Umbruch. Die bisherige Regierungskoalition aus CDU und FDP konnte ihre Mehrheit nicht behaupten und verlor die Führungsposition an eine frisch gebildete Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und dem SSW. Dieser Machtwechsel führte zu einer neuen Runde der Lizenzvergabe für Glücksspiele, auch wenn es bereits bestehende Gesetze dazu gab.

Anfang 2013 vollzog Schleswig-Holstein allerdings eine bedeutende Kehrtwende in seiner Glücksspielgesetzgebung. Es war der Januar dieses Jahres, als das Bundesland dem ersten Glücksspieländerungsvertrag beitrat und damit das Ende seiner unabhängigen Glücksspielgesetzgebung markierte. Trotz dieses bemerkenswerten Umschwungs blieben die bis dahin ausgestellten Lizenzen in Kraft. In einer weiteren Entwicklung bestätigte der Europäische Gerichtshof am 12.06.2014, dass Schleswig-Holsteins individueller Ansatz in vollem Einklang mit dem europäischen Recht steht.[1]

Aktueller Glücksspielvertrag[Bearbeiten]

Im Frühling 2019 starteten die deutschen Bundesländer Verhandlungen über eine umfangreichere und langfristige Regulierung des Glücksspiels, die ab Juli 2021 greifen sollte. Der 3. Glücksspieländerungsvertrag fungierte dabei als vorübergehende Maßnahme. Ein zentraler Fokus der Dialoge war die künftige Regulierung von Online-Glücksspielen und virtuellen Spielotheken. Manche umfassen sogar über 500 virtuelle Spielautomaten.[2] Bisher wurde lediglich Schleswig-Holstein eine Lizenz für solche Aktivitäten gewährt. Aufgrund unterschiedlicher Standpunkte und spezifischer Interessen der verschiedenen Bundesländer wurde die Verhandlungssituation als komplex und herausfordernd eingestuft.

Die auf Bundesebene geplante Vorschrift zielte darauf ab, die Entstehung verschiedener Bundesgesetze zu verhindern und für Internetanbieter, die rechtmäßig arbeiten, eine Konsistenz in den Bestimmungen und Klarheit zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang wurde eine Kanzlei beauftragt, die Übereinstimmung der vorgeschlagenen Regulierungsansätze zu bewerten.

Im November 2019 wurde eine Expertise vorgelegt, die verschiedene regulierende Frameworks untersuchte, einschließlich der Bedenken, dass die bisher erteilte Genehmigung von privaten Spielanbietern das bestehende Lotteriemonopol ins Wanken bringen könnte. Nach ausführlichen Diskussionen und basierend auf der Expertise eines Gutachtens konnte bei einer Sondersitzung am 17. und 18. Januar 2020 am Tegernsee eine Einigung über den neuen Glücksspielstaatsvertrag erzielt werden.

Um diesen Vertrag in Kraft setzen zu können, war es notwendig, dass bis zum 31. März 2021 mindestens 13 der Bundesländer ihre Zustimmung erteilten. Zusätzlich war die Ratifizierung durch das Bundesland Sachsen-Anhalt, welches als Standort der zentralen Aufsichtsbehörde fungiert, bis zum 30. Juni 2021 von entscheidender Bedeutung.

Nach einer ausführlichen Auseinandersetzung mit den vorliegenden Herausforderungen und intensiven Beratungs- und Diskussionsphasen wurde der Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV) durch das Gremium der Ministerpräsidenten (MPK) angenommen. Nach der Notifizierung durch die EU am 21. April 2021 trat der Vertrag am 1. Juli 2021 in Kraft.[3]

Gesetzliche Rahmenbedingungen[Bearbeiten]

Gemäß dem Glücksspielvertrag ist die Errichtung und Inbetriebnahme einer zentralen Glücksspielüberwachungsbehörde in Sachsen-Anhalt vorgesehen, deren Betrieb zum 1. Januar 2023 begonnen hat. Zusätzlich wurde ein neuartiges Sperrsystem für Spieler eingeführt, das landesweit gilt und für alle Glücksspielarten Anwendung findet – mit Ausnahme von Lotterien, die maximal zweimal wöchentlich ausgespielt werden.

Online-Spielotheken-Betreiber müssen sich außerdem an folgende Richtlinien halten:

  • Zwischen einzelnen Spielzügen muss eine Unterbrechung von mindestens fünf Sekunden eingehalten werden.
  • Das Einzahlungslimit für alle Online-Spielotheken und Sportwettenanbieter beträgt 1.000 € pro Monat.
  • Den Spielern sollte die Option gegeben werden, individuelle Limits zu setzen (unter 1.000 €).
  • Ein Spieler darf nicht gleichzeitig auf mehreren Online-Plattformen spielen.
  • Alle Daten, die zur Glücksspielaufsicht benötigt werden, müssen auf einem sicheren Server gespeichert und jederzeit für Kontrollzwecke zugänglich sein.
  • Spieler, die sich für das Online-Glücksspiel anmelden möchten, müssen einen Identitätsnachweis vorlegen.

Die Einführung dieser Maßnahmen zielt darauf ab, die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags zu erfüllen. Hierbei stehen insbesondere die Bekämpfung von Spielsucht, der Schutz von Jugendlichen und Spielern sowie die korrekte Durchführung aller Glücksspielarten im Vordergrund.

Kommunale Auswirkungen[Bearbeiten]

Der GlüStV 2021 hat die Lizenzierung von Glücksspielangeboten neu angepasst. Während Online-Casinos nun auf Bundesebene reguliert werden, liegen Genehmigungen für lokale Spielhallen und Wettbüros oft in der Verantwortung von der kommunalen Ebene. Gemeinden sind damit beauftragt, die Überprüfung von Lizenzanträgen nach den neuen Regelungen des Vertrags durchzuführen. Auch eine Wettbürosteuer wurde damals von manchen Kommunen eingerichtet.

Der GlüStV 2021 sieht Mindestabstände zwischen Spielhallen und Wettbüros sowie zu Schulen und Jugendeinrichtungen vor, um Jugendliche fernzuhalten. Diese Regelungen haben direkte Auswirkungen auf die Ortsplanung von Gemeinden und erfordert eine frühzeitige Bauberatung.

Gesetzliche Modifikationen im Steuerrecht[Bearbeiten]

Unmittelbar vor der Einführung des Glücksspielstaatsvertrags 2021 hat die deutsche Legislative eine Besteuerung von 5,3% für Online-Automatenspiele und Internet-Poker verabschiedet. Dieses neu eingeführte Steuermodell stützt sich auf die Einsätze der Spieler sowohl bei virtuellen Automatenspielen als auch beim Online-Poker als Grundlage für die Besteuerung gemäß den Paragrafen 37 und 47 Abs. 1 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG).[4]

Die Gesetzgeber begründen die Auswahl des Spieleinsatzes als Bemessungsgrundlage mit der speziellen finanziellen Leistungsfähigkeit und dem Spielverhalten des Spielers für die virtuelle Automatensteuer und für die Online-Poker-Steuer.

Deutschland setzt im Gegensatz zu seinen europäischen Nachbarn auf eine verankerte Besteuerungsreform und nicht auf die Besteuerung von Glücksspielen auf den Bruttospielertrag. Aufgrund dieser Änderungen ist es kaum überraschend, dass sie branchenweit auf erheblichen Widerstand stoßen.

Fußnoten[Bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten]

  • Johannes Dietlein, Manfred Hecker, Markus Ruttig (Hrsg.): Glücksspielrecht. Glücksspielstaatsvertrag, § 284 StGB, §§ 33c ff. GewO, SpielVO, RennwLottG, GG, EGV, GATS, EV/SlgLottVO-DDR u. a. Kommentar. C. H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-58093-2.

Siehe auch[Bearbeiten]