Akzeptierende Jugendarbeit
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Der Artikel ist inhaltlich auf dem Stand von 1999
"Akzeptierende Jugendarbeit" mit Rechten[Bearbeiten]
Das sozialarbeiterische Konzept der "akzeptierenden Jugendarbeit" wurde von Prof. Franz Josef Krafeld zu Beginn der 90er Jahre an der Universität Bremen entwickelte. Es knüpft an die bereits in den 80er Jahren mit Hooligans und Drogensüchtigen erfolgreich praktizierten Formen einer "aufsuchenden Streetwork" an, d.h. der Sozialarbeiter geht mit einem "niedrigschwelligen Angebot" auf sein Klientel zu und tritt ggf. sogar als Lobbyist dieser Randgruppe in der lokalen Politik auf. Unmittelbares Ziel der Bemühungen ist es, rechte Jugendliche von Gewaltanwendung und Straftaten abzuhalten. Mittelfristiges Ziel ist eine Reintegration dieser – als von der Gesellschaft als ausgestoßen begriffenen – Menschen. Geleitet wird dieser Ansatz oftmals von der Vorstellung des "Modernisierungsverlierers", wonach junge Rechte als diejenigen begriffen werden, die im Zuge gravierender gesellschaftlicher Umbrüche und Veränderungen (Modernisierung) zu den Verlierern zählen: schlechtere familiäre Sozialisationsbedingungen, Mängel bei der schulischen und beruflichen Qualifikation, Arbeitslosigkeit.
Übertragen auf Rechtsradikale bzw. Jugendcliquen im rechten Umfeld ist dieses sozialarbeiterische Konzept nicht unumstritten, weil die Gefahr besteht, der rechten Szene überhaupt erst Freiräume und eine Rekrutierungsbasis zu verschaffen, z.B. indem Nazi-Kellerbands Übungsräume erhalten und rechte Skinheads ein Jugendzentrum bekommen. Es soll sogar vorgekommen sein, daß die Streetworker-Sozialarbeiter den Bus zum nächsten Kameradschaftstreffen ihrer Klientel angemietet haben oder eben qua Beruf dafür sorgen, dass ihrem Klientel mehr Mittel in den lokalen Verteilungskämpfen um die Sozial- und Kulturtöpfe von den zuständigen Gremien zugestanden werden, oft zuungunsten anderer, nicht auffällig gewordener Jugendlicher. Projekte im Rahmen der akzeptierenden Jugendarbeit können also dazu beitragen, die Existenz einer rechten Jugendbewegung überhaupt erst zu sichern und durch die Protektion der Sozialarbeit quasi salonfähig zu machen.
Gegen Ende der 90er Jahre, spätestens aber mit dem Beginn des neuen Jahrtausends, wurde umgedacht und die akzeptierende Jugendarbeit in der Arbeit mit rechtsextremen Jugendlichen abgeschafft. Es gibt zwar weiterhin Streetworker, die sich mit der Zielgruppe rechtsextremer Jugendlicher beschäftigen. Dabei wird jedoch darauf geachtet, die Jugendlichen mit anderen demokratischen Positionen zu konfrontieren.
Weiterführende Literatur[Bearbeiten]
- Interview der AIB mit Prof. Franz Josef Krafeld in «Antifaschistisches Info-Blatt» Nr. 44/1998
- Michael Bommes/Albert Scherr: Faschos raus aus dem Jugendzentrum? Probleme offener Jugendarbeit im Umgang mit rechten Jugendlichen; in Albert Scherr (Hg.): Jugendarbeit mit rechten Jugendlichen; Bielefeld 1992
- Norddeutsche Antifagruppen (Hrsg.): Rosen auf den Weg gestreut... Kritik an der akzeptierenden Jugendarbeit mit rechten Jugendcliquen, in «rat-Reihe antifaschistischer Texte» 7/98 bei Schwarzmarkt, Kleiner Schäferkamp 46, 20357 Hamburg
- Das Bremer Modell der Akzeptierenden Jugendarbeit Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in Nordrhein-Westfalen
- Tagungsdokumentation Akzeptieren oder Konfrontieren. Zum pädagogischen Umgang mit rechtsextrem orientieren Jugendlichen, Überblick, Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in Nordrhein-Westfalen, Dezember 2008
- Akzeptierende Jugendarbeit wird mit ihren Pro- und Contras beleuchtet bei Gangway (Straßensozialarbeit)