Umgang mit Rechtspopulismus in der Kommune

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Wozu diese Empfehlungen?[Bearbeiten]

Rechtspopulistische, teils auch rechtsextreme Kräfte haben im politischen Leben Deutschlands eine wachsende Bedeutung. Sie finden zunehmend Resonanz in der Bevölkerung und erzielen Wahlerfolge. Inzwischen sind sie in hunderten von kommunalen Vertretungskörperschaften etabliert, in einigen Orten Ostdeutschlands als stärkste Kraft.

Der Rechtspopulismus insbesondere der AfD setzt auf Spaltung der Gesellschaft und untergräbt das Vertrauen in demokratische Institutionen und Entscheidungsprozesse. Für das Gemeinwesen ist es elementar, darauf Antworten zu finden – möglichst solche, die zu besseren Ergebnissen demokratischen Handels beitragen sowie verlorenes Vertrauen und gestörten Zusammenhalt wiederherstellen. Dabei ist nicht nur die „große Politik“ auf Landes- und Bundesebene gefragt, sondern ebenso die vielen Akteur:innen in der Kommune, in Rat und Verwaltung ebenso wie in der Zivilgesellschaft.

Schlecht beraten ist, wer auf rechtspopulistische Initiativen und Parolen nur spontan und situativ reagiert. Eine Strategie ist vonnöten – angepasst an die jeweilige Situation vor Ort. Der vorliegende Artikel will daher keine Blaupause für eine Strategie liefern – es gibt kein „One fits all“ –, sondern Schritte aufzeigen, wie kommunale Akteur:innen zu einer solchen Strategie finden.

Die AfD – Keine Partei wie jede andere[Bearbeiten]

Die AfD bezeichnet sich selbst gern als „bürgerliche Partei“ und bietet sich damit vor allem der CDU und der FDP als vermeintlich seriöse Partnerin an. Diese Etikettierung mag für einzelne Mitglieder passen, die Partei als Ganzes oder zumindest große Teile von ihr verlassen immer wieder den demokratischen, auch den konservativ-demokratischen Konsens. Zu ihren politischen Mitteln gehören Lügen, Fake-News und Unterstellungen bis hin zu Beleidigungen. In der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner wie auch beim Formulieren eigener Positionen versucht sie immer wieder, Grenzen auszuloten und zu verschieben, insbesondere durch rassistische und menschenverachtende Äußerungen. Diese gezielten Provokationen erschweren oder verhindern die weitere inhaltliche Diskussion. Werte wie Gleichberechtigung, vielfältige Familienmodelle, die Gleichwertigkeit aller Menschen und die Achtung der Menschenrechte, soziale Teilhabe und Gerechtigkeit, Bürger*innen- und Freiheitsrechte sowie Demokratie und Mitbestimmung werden von ihr immer wieder in Frage gestellt oder offen abgelehnt. Auch die Mitglieder, die sich unauffälliger verhalten, müssen sich fragen lassen, warum sie mit Provokateur*innen und offen Rechtsradikalen in derselben Partei sein können.

Schritte zu einer Strategie[Bearbeiten]

Eine gute Idee ist, eine Strategie nicht allein zu entwickeln, sondern im Austausch – innerhalb der Fraktion (soweit es eine gibt), mit anderen Fraktionen im Rat, mit Freund*innen vor Ort, mit Fraktionen und Gruppen in der Nachbarkommune. Sich Zeit nehmen, einen Workshop besuchen oder selbst einen organisieren, sich ganz auf die anstehenden Fragen konzentrieren schafft einen guten Rahmen für eine Strategieentwicklung. Mehr Tipps zu Austausch und Fortbildung gibt es am Schluss dieses Textes.

Analyse[Bearbeiten]

Am Anfang einer Strategieentwicklung steht immer die Analyse. Drei Leitfragen können hierzu hilfreich sein:

  1. Wie agieren die Rechtspopulist:innen vor Ort? Welche Themen setzen sie, welche Anträge stellen sie, welche Ziele verfolgen sie? Aus welchen Personen setzt sich ihre Gruppe zusammen, welchen Rückhalt haben sie in der Gesellschaft?
Für die Analyse der lokalen Rechtspopulist:innen bieten sich folgende Schlüsselfragen an:
  • Wer sind die Abgeordneten, wie viele sind es? Haben sie Fraktionsstatus?
  • Wo stehen sie inhaltlich (marktradikal, national-konservativ, völkisch-nationalistisch)?
  • Wie ist ihre Kommunikation im Parlament? (sachlich oder offen ideologisch und feindselig)
  • Wie arbeiten sie im Rat? (aktiv und sachkundig / unbeteiligt, abwesend / Selbstdarstellung, Provokation)
  • Wie sind sie in der Kommune vernetzt? (Bürgerinitiativen, Demos, Vereine, frühere Mitgliedschaften)
  • Wie verhalten sie sich außerhalb des Kommunalparlaments? (Auftreten in Veranstaltungen, auf Kundgebungen, Social Media)
  • Gibt es zivilgesellschaftliche Initiativen, die mit ihnen sympathisieren oder zusammenarbeiten?
  1. Wie ist die eigene Situation? Welche personellen und sonstigen Ressourcen haben wir? Welchen Rückhalt haben wir in der Gesellschaft, wo können wir Verbündete finden? Was sind unsere Schwächen, an denen wir arbeiten sollten?
Frage 2 kann folgendes Raster hilfreich sein:
C: Chancen D: Risiken
A: Stärken B: Schwächen

 

Bearbeitet wird dieses Raster von links unten nach rechts oben. „Stärken“ bezeichnet alles, was uns hilft: Persönliche Fähigkeiten, Ressourcen, Kontakte, Unterstützung. „Schwächen“ sind die Aspekte, in denen diese Fähigkeiten und Ressourcen nicht optimal sind. „Chancen“ meint das, was wir optimalerweise erreichen können, wenn unsere Stärken zum Tragen kommen; „Risiken“ das, was passieren kann, wenn sich eher unsere Schwächen auswirken.
  1. Wie ist die Gesamtsituation in der Kommunalpolitik und in der Kommune? Welche Kräfte spielen eine Rolle, welche Ziele und Perspektiven verfolgen sie? Welche Haltungen und Einstellungen finden wir in der Bevölkerung? Aus dieser Fragestellung folgt, wo mögliche Bündnispartner*innen zu finden sind und welche Erfolgsaussichten mit den jeweils vorgeschlagenen Vorgehensweisen verbunden sind.

Eigene Ziele definieren[Bearbeiten]

Mögliche Ziele können sein:

Die demokratische Zivilgesellschaft stärken. Dies erfordert nicht zwingend die direkte Auseinandersetzung mit Rechtspopulist*innen, im Mittelpunkt steht die Weiterentwicklung des eigenen Profils, die Öffentlichkeitsarbeit und das Knüpfen von Netzwerken und Bündnissen.

Eigene Wähler*innen mobilisieren und binden. Auch hier stehen eigene Initiativen im Rat, die Öffentlichkeitsarbeit und ein klares eigenes Profil im Zentrum.

Wähler*innen der Rechtspopulist*innen überzeugen. Dies erfordert u.U., an öffentlichen Diskussionen mit ihnen teilzunehmen und dort die eigene Position und die Kritik an deren Positionen deutlich zu machen.

Erfolge im Rat erzielen. Dazu sind meist Absprachen mit anderen Ratsmitgliedern und Fraktionen notwendig. | Demokratie stärken. Langfristig kann dem Rechtspopulismus und dem Rechtsextremismus der geistige Nährboden wohl nur entzogen werden, wenn positive Erfahrungen mit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Pluralismus die Einstellungen in der Gesellschaft bestimmen. Die Voraussetzungen dafür, wo immer es möglich ist, zu stärken, ist eines der wichtigsten Ziele grüner Politik. Das hängt jedoch von Voraussetzungen ab, die nicht immer gegeben sind – dazu mehr am Ende dieses Textes.

Neutralitätspflicht?[Bearbeiten]

Viele Akteur*innen, z.B. kommunale Verwaltungen oder manche Träger*innen der politischen Bildung, sind zur parteipolitischen Neutralität verpflichtet. Dies wurde von Gerichten immer wieder bestätigt, auch wenn der genaue Inhalt dieser Neutralitätspflicht rechtlich bisher nicht ausformuliert wurde. Wichtig ist aber, sich klarzumachen: Parteipolitische Neutralität bedeutet nicht Werteneutralität. Auch zur Parteineutralität verpflichtete Einrichtungen können und sollen sich aktiv und öffentlich zu Demokratie, Menschenrechten, Meinungsvielfalt und Nichtdiskriminierung bekennen.

 
„Brandmauer“: Grüne treten meist entschieden dafür ein, eine Zusammenarbeit mit rechtspopulistischen Kräften generell auszuschließen. Dazu gehört, keine gemeinsamen Anträge zu stellen, nicht gemeinsam mit ihnen abzustimmen und ihre Vertreter:innen nicht in Ämter zu wählen, außerdem – wo es vermeidbar ist – nicht gemeinsam mit ihnen in Veranstaltungen aufzutreten. Diese Haltung wird oft als „Brandmauer“ bezeichnet – ein Ausdruck, der vor allem mit der CDU in Verbindung gebracht wird, die sich damit von der AfD abgrenzen will, sich aber in Kommunen nicht immer daran hält.[1] Sie kann vor allem dann erfolgreich sein, wenn sich alle demokratischen Kräfte darauf verständigen und die entsprechenden Absprachen auch einhalten. Zwingend geboten ist diese Praxis gegenüber offen rechtsextremen Kräften, deren Handeln häufig auch strafrechtlich relevant ist. Schwieriger wird es, wenn die Gegenseite eine gewisse Stärke z.B. in der Kommunalvertretung hat oder gar stärkste Kraft ist; außerdem dann, wenn sich unter den demokratischen Parteien kein entsprechender Konsens herstellen lässt. Dabei sollte deutlich werden, dass die Rechten sich durch ihr Verhalten und ihre Ziele selbst aus dem demokratischen Diskurs ausgrenzen, um Erzählungen von „Zensur“ und „Parteienkartell“ keinen Raum zu geben. Eine solche Strategie muss gut durchdacht und kommuniziert werden. Kommunalpolitiker*innen sollten daneben Gelegenheiten suchen, die programmatischen Unterschiede deutlich zu machen und um gesellschaftliche Unterstützung für die eigenen Ziele zu werben.

  • Weiterführende Literatur zur „Brandmauer“ findet sich unten unter „Materialien“.

Eigene Inhalte stark machen: Eine Strategie, die eine direkte Konfrontation eher vermeidet, stellt die eigenen Inhalte und Ziele in den Vordergrund, um so politisch erkennbar zu werden und um Zustimmung aus der Gesellschaft zu werben. Dabei gilt es, Werte wie Demokratie, Menschenrechte, soziale Teilhabe zu vertreten und in konkreten politischen Vorschlägen sichtbar zu machen. Je stärker solche Werte in der Gesellschaft verankert sind, umso schwerer haben es die Rechtspopulist*innen und Rechtsradikalen. Um dies zu erreichen, sollten solche Werte nicht nur vertreten, sondern wo immer möglich gelebt und erfahren werden; beispielsweise in Projekten der Bürger*innen-Beteiligung, durch Mitbestimmung in Betrieben und Bildungseinrichtungen, durch aktive Einbeziehung und Stärkung von Benachteiligten.

Kritik und Abgrenzung: Abgrenzung ist nicht dasselbe wie Ausgrenzung. Ziel ist vielmehr, die eigenen Positionen stark zu machen und sie so zu erklären, dass die Bürger*innen die dahinterliegenden Werte verstehen. Damit können die Unterschiede zum politischen Gegner deutlich werden.

Beispiel: Das Thema „Gewalt gegen Frauen“ wird auch von Populist*innen auf die Tagesordnung gebracht, jedoch meist, um Migrant*innen und Geflüchtete rassistisch an den Pranger zu stellen. Wenn es z.B. um die Unterstützung von Frauenhäusern geht, die Frauen vor jedweder Gewalt schützen – schließlich spielt sich die meiste Gewalt gegen Frauen in Familien und Partnerschaften ab –, sind Rechtspopulist*innen nicht mehr dabei, ebenso wenig bei anderen Maßnahmen, die Chancen und Teilhabe von Frauen im Alltag stärken. Nicht Frauenrechte, sondern Diskriminierung und Rassismus sind die treibenden Motive der Rechten. Immer gilt es, aufzuzeigen, welche Ziele und Werte hinter den eigenen politischen Vorschlägen und denen der AfD stehen.

Beispiel: Immer wieder einmal fordern Populist*innen „Direkte Demokratie“ und Volksabstimmungen zur Entscheidung politischer Fragen. Hier ist zu unterscheiden: Geht es nur darum, durch eine Abstimmung eine gesellschaftliche Diskussion zu beenden oder gar abzuwürgen, oder geht ein demokratischer Prozess voraus, in dem alle – auch die weniger lauten – Betroffenen gehört werden, in den auch Expertise eingespeist wird, um zu einer Entscheidung zu kommen, die auf umfassenden Kenntnissen beruht und die möglichst viele mittragen können? Demokratie heißt nicht Diktatur der Mehrheit, sondern Suche nach Konsens oder Kompromiss und Schutz von Minderheiten.

Zur Abgrenzung gehört auch, sich die Wortwahl der Rechten nicht zu eigen zu machen. Beispiel: Wer von einer „Flüchtlingswelle“ spricht, suggeriert eine nicht beherrschbare Katastrophe. Stattdessen sollte von Menschen gesprochen werden, die aus Not zu uns kommen.

Die Beispiel zeigen: Die Auseinandersetzung mit Rechtspopulist*innen erfordert oft, die eigenen Vorstellungen zu klären und zu schärfen, und zwar so, dass auch Außenstehende verstehen, worum es geht. Das kann anstrengend sein, doch liegt darin auch eine große Chance für die eigene Profilbildung.

Eine Strategie sollte sich nicht auf die Arbeit in der Gemeindevertretung beschränken. Ebenso wichtig ist die Öffentlichkeit außerhalb des Rates, insbesondere die demokratische Zivilgesellschaft. Auch hier gilt: Die Auseinandersetzung mit rechtspopulistischen Positionen darf nicht fehlen, im Vordergrund sollte aber stehen, die eigenen Ziele und Inhalte stark zu machen. Außerparlamentarisch geht es vor allem darum, die Unentschlossenen anzusprechen und zu überzeugen, die noch kein geschlossenes rechtes Weltbild angenommen haben.

Umsetzung der Strategie[Bearbeiten]

Die erfolgreiche Umsetzung einer Strategie umfasst verschiedene Elemente. Dazu gehört:

  • Die Argumentationsmuster der Rechtspopulist*innen kennen- und verstehen lernen. Vielerorts versuchen diese, für möglichst viele Probleme (z.B. Wohnungsnot, Gewaltkriminalität, Altersarmut) Migrant*innen verantwortlich zu machen. Suggeriert wird, dass eine stärker begrenzte oder ganz unterbundene Einwanderung diese Probleme von selbst lösen würde. Dass wir beispielsweise für die Gewinnung von Arbeitskräften Einwanderung und gute Integration dringend brauchen, fällt unter den Tisch. Zur Argumentationsstrategie gehört, den rechten Narrativen eigene, faktenbasierte Erzählungen entgegenzusetzen.
Beispiel: Rechtspopulist*innen inszenieren sich gern als Opfer des „Parteienkartells“ und des „Justizsystems“ und suggerieren Zensur („Das wird man wohl noch sagen dürfen“). Dagegen ist klarzustellen: Widerspruch ist keine Zensur, sondern Teil der demokratischen Debatte. Politische Äußerungen der Rechtspopulist*innen werden in Deutschland, solange sie nicht gegen Gesetze verstoßen (z.B. Holocaust-Leugnung, Aufruf zur Gewalt oder Beleidigungen), weder mit Gefängnis noch mit Presseverboten bestraft. Die Justiz ist an die Gesetze gebunden und von der Regierung unabhängig, und gelegentlich gewinnt ja z.B. auch die AfD mal einen Prozess.
  • Argumentationstrainings üben inhaltlich und strategisch den Umgang mit rechten und diskriminierenden Parolen. Angemessenes Reagieren in verschiedenen Situationen wird praktisch und mit professionellen Trainerinnen geübt. Die Trainings schaffen Selbstsicherheit in Debatten mit Rechtspopulist*innen. Solche Trainings bietet beispielsweise GreenCampus, die Weiterbildungseinrichtung der Heinrich-Böll-Stiftung, an (Link hier). (hier weitere Kontakte)
  • Fake-News entlarven. Dazu ist gelegentlich Expertise (die notfalls eingeholt werden muss) oder Recherche notwendig. Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass viele Rechtspopulist*innen ihre Sichtweise aus Quellen beziehen, in denen Hass, Hetze und Falschmeldungen dominieren. Zu vielen Behauptungen gibt es Faktenchecks, die oft mit diesem Stichwort im Netz aufzufinden sind.
  • Absprachen mit den anderen demokratischen Parteien: Die demokratischen Kräfte können sich gemeinsam auf den Umgang mit Rechten im Rat einigen. Die Vereinbarung sollte inhaltlich klar sein und sich an formelle Regeln halten. Solche Vereinbarungen sollten schriftlich festgehalten werden, sie können öffentlich gemacht und öffentlich begründet werden. Notfalls werden sie auch nur mit einzelnen Fraktionen getroffen. Auf den Vorwurf von rechts, man habe es mit einem „Parteienkartell“ zu tun, sollten die demokratischen Gruppen vorbereitet sein und klarstellen, dass sich die Rechten durch undemokratisches und menschenverachtendes Agieren selbst aus dem demokratischen Diskurs ausgrenzen.
  • Teil einer solchen Absprache (oder zumindest der eigenen Strategie) sollte auch die Festlegung sein, eine Zusammenarbeit mit rechtspopulistischen Kräften generell auszuschließen (s.o.). Das umfasst nicht nur gemeinsame Anträge, sondern auch gemeinsames Abstimmen oder die Wahl ihrer Vertreter*innen in Ämter.
  • Resilienz entwickeln: Wer Rechten öffentlich widerspricht, ist nicht selten Angriffen und Bedrohungen, manchmal auch offener Gewalt ausgesetzt. Dagegen hilft, sich auf mögliche Situationen vorzubereiten, das eigene Netzwerk zu stärken und – möglichst schon bevor der Fall eintritt – Hilfsangebote zu kennen.
  • Veranstaltungen vorausschauend planen: Wo Rechtspopulist*innen aktiv sind, sind bei öffentlichen Veranstaltungen Störungen und Angriffe nicht auszuschließen. Ein Sicherheitskonzept, das klare Regeln für den Ablauf und ggf. die Handhabung des Hausrechts umfasst, gehört zur Veranstaltungsplanung. Die Teilnahme an Veranstaltungen, zu denen auch Rechtspopulist*innen geladen sind, sollte zumindest an Bedingungen geknüpft sein: Neutrale Moderation, klare Regeln für den Ablauf. An Veranstaltungen, die die Rechten selbst inszenieren und moderieren, sollten Demokrat*innen nicht teilnehmen; ebenso wenig an Diskussionen mit offen Rechtsextremen.
  • Diskussionskultur im Rat thematisieren: Wo Rechtspopulist*innen in die Gemeindevertretung einziehen, fallen sie nicht selten durch eine unangenehme Diskussionskultur auf. Lautstärke, Pöbeleien, Dazwischenreden und Angriffe, die auf die Person statt auf den Inhalt zielen, nehmen zu und machen die Sitzungen für alle Beteiligten unangenehmer. Statt dies auf gleichem Niveau zu kontern empfiehlt sich der Vorschlag, dass der Rat Regeln für den Umgang miteinander aufstellt und die Sitzungsleitung auf ihre Einhaltung verpflichtet wird.
    • Tipp: Die Körber-Stiftung hat im ihrem Projekt „Mehr Respekt bitte!“ Vorschläge für solche Regeln zusammengestellt; auf Wunsch begleitet sie auch Prozesse in Kommunen, um ein Regelwerk und Vereinbarungen zu dessen Durchsetzung zu entwickeln.

Kommune als Ort erlebter Demokratie[Bearbeiten]

Wie oben angedeutet, beziehen Rechte ihre gesellschaftliche Zustimmung vor allem aus der Erfahrung von Enttäuschung. Die kann sich auf individuelle Misserfolge beziehen, doch in aller Regel spielen auch Politik und Verwaltung eine wesentliche Rolle. Solange die Kommunen über unzureichende Ressourcen und Kompetenzen verfügen und daher so manche Erwartungen der Bürger*innen an soziale Angebote, Teilhabe und Mitwirkung nicht erfüllen können, sind ihre Möglichkeiten begrenzt, der Politikverdrossenheit entgegenzutreten. Um mehr Zustimmung zu demokratischen Spielregeln und Verfahren zu erreichen, ist es – neben anderen Faktoren – wichtig, dass die Kommunen in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben angemessen zu erfüllen und Transparenz und Beteiligung zu ermöglichen.

Wer hilft bei der Strategieentwicklung?[Bearbeiten]

Um die eigene Strategie im Umgang mit Rechtspopulist*innen auszuformen, ist oft externe Hilfe nützlich. Beispielsweise kann eine Anfrage beim jeweiligen Landesbildungswerk der Heinrich-Böll-Stiftung oder bei der grün-nahen kommunalpolitischen Vereinigung des eigenen Bundeslandes zu einem passenden Bildungsangebot führen oder zumindest den Kontakt zu einer Person herstellen, die den Prozess moderieren kann. Auch die mobilen Beratungsteams helfen bei der Strategieentwicklung. Nützlich können auch die Materialien und Adressen im letzten Abschnitt sein.

Fußnoten[Bearbeiten]

Materialien und Links[Bearbeiten]

Folgende Materialien liegen diesem Text zugrunde:

  • Stiftung Weiterdenken (Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen): Linksgrün-versifft?, Handreichung zum Umgang mit rechtspopulistischen Parteien und Wählerbündnissen auf kommunaler Ebene, 2018, pdf-Format, 40 Seiten
  • Bundesverband Mobile Beratung: „Wir holen uns unser Land und unser Volk zurück“ – zum Umgang mit rechtspopulistischen Parteien, 2019, pdf-Format, 40 Seiten

Beide Publikationen sind einige Jahre alt und nicht in jeder Hinsicht aktuell, z.B. berücksichtigen sie nicht Konstellationen, in denen die AfD die stärkste Fraktion stellt. Vereinzelt sind auch die dort genannten Quellen und Kontakte veraltet. Für die Entwicklung einer eigenen Strategie sind sie jedoch weiterhin sehr nützlich.

Weitere Materialien und Kontaktadressen:

  • Tobias Fritsch: Keine Toleranz der Intoleranz. Rechtspopulismus in den Räten, Kapitel 19 in: Herrmann / Burgdorf / Munier (Hrsg.), Kommunal Politik machen. Grundlagen, Hilfen, Tipps für die Praxis, Bielefeld 2020
  • Steven Hummel, Anika Taschke (Rosa-Luxemburg-Stiftung): Hält die Brandmauer? Studie zu Kooperationen mit der extremen Rechten in ostdeutschen Kommunen, März 2024, Download im pdf-Format, 37 Seiten
  • Wolfgang Schroeder, Daniel Ziblatt, Florian Bochert (Wissenschaftszentrum Berlin): Brandmauer – is still alive! Empirische Ergebnisse zur Unterstützung der AfD in den ostdeutschen Kommunen durch etablierte Parteien (2019-2024), September 2024, Download im pdf-Format, 27 Seiten
  • GreenCampus ist die Weiterbildungsakademie der Heinrich-Böll-Stiftung und ihrer Landesstiftungen. Dort werden Fortbildungen für Gruppen - auch als Bestellseminare - und Einzelpersonen angeboten, u.a. Argumentationstrainings.
  • Gegenargument ist ein Netzwerk von Trainer*innen, die gemeinsam Seminare und Trainings für die Auseinandersetzung mit rechten und rassistischen Positionen entwickelt haben; auch Webinare, Konzeptentwicklung und Beratung zu einer ganzen Reihe von hieran anknüpfende Themen werden angeboten.
  • Mobile Beratungsteams beraten regional seit über 20 Jahren zum Umgang mit Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Antifeminismus und Verschwörungserzählungen.