Grüne Geldanlagen

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Beratung, grüne Geldanlagen, Schutz vor Internetkriminalität: Gute Vorbilder braucht die Bankenlandschaft

Dokumentationspflichten in der Anlageberatung, Grüne Geldanlage, Sicherheit beim Online-Banking – dies sind drei Themenfelder, die gegenwärtig stark im Fokus der öffentlichen Diskussion stehen. Oft sehen Banken und Sparkassen dabei nicht gut aus.

Ein Artikel von Klaus Müller

Weil sie an den Bedürfnissen ihrer Kunden vorbei beraten und die gesetzlich vorgeschriebenen Beratungsprotokolle nutzen, um diese Praxis juristisch abzusichern. Weil sie Nachhaltigkeit nur als verkaufsförderndes Label nutzen, statt die dahinter stehenden Konzepte ernst zu nehmen. Und weil sie Verbraucher im Umgang mit Internetkriminalität oft allein lassen. Dabei bieten alle drei Felder Chancen für die Zukunft – für alle Beteiligten. Gerade Kommunalpolitikerinnen und -politiker können daran mitwirken, das Kreditgewerbe in dieser Hinsicht in die richtige Richtung zu bewegen – etwa, indem sie über die Verwaltungsräte der Sparkassen ihren Einfluss geltend machen.

Beratungsdokumentation[Bearbeiten]

Kein Verkaufsgespräch über Wertpapiere in Banken ohne Beratungsprotokoll – diese gesetzliche Regelung gilt seit Beginn des Jahres 2010. Die Pflicht zur Dokumentation der Anlageberatung soll Privatkunden vor Falschberatung schützen. So werden Kunden durch das Protokoll in die Lage versetzt zu prüfen, ob ihre Angaben korrekt erfasst und wiedergegeben wurden. Auch in einer Auseinandersetzung zwischen Anlegern und Geldinstituten soll das Protokoll die Kunden unterstützen. Vor Gericht sollen sie sich darauf berufen können.

So weit, so lobenswert. Im Realitätstest hat sich allerdings gezeigt, dass die Beratungsprotokolle anfällig für Missbrauch sind. Viele Kreditinstitute nutzen sie nicht zur transparenten Dokumentation ihrer Anlageberatung, sondern zur juristischen Absicherung ihrer Berater. Das haben verschiedene Untersuchungen gezeigt, die seit der Einführung der Protokollpflicht veröffentlicht wurden.

Den Anfang machte ein Marktcheck der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen im Februar 2010. Die Finanzexperten der Verbraucherzentrale hatten in einer Stichprobe Musterprotokolle und Protokollvorlagen von 14 Privat- und Genossenschaftsbanken sowie Sparkassen untersucht. Ergebnis: Viele Protokollvorlagen waren verbraucherunfreundlich, einige erfüllten nicht einmal die gesetzlichen Mindestanforderungen.[1] Spätere Studien – zum Beispiel von der Stiftung Warentest[2] und vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv)[3] – bestätigten diese Befunde.

Sollten die Beratungsprotokolle weiter in dieser Form missbraucht werden, dann ist dies nicht nur ein Misserfolg für den Anlegerschutz in Deutschland, sondern auch eine vertane Chance für die Banken und Sparkassen. Denn deren Geschäftsmodell ist auf das Vertrauen der Verbraucher angewiesen. Dieses Vertrauen muss ständig neu erarbeitet werden. Schließlich sind die Verbraucher durch die kaum überwundene Finanzkrise sensibilisiert wie nie für das Thema „Qualität in der Anlageberatung“. Durch die Aufklärungsarbeit von Verbraucherzentralen und anderen Anlegerschützern sowie die Vielzahl der zur Verfügung stehenden Informationskanäle sind sie zudem besser informiert denn je.

Gerade die Sparkassen sollten die Dokumentationspflicht deshalb als Gelegenheit begreifen, durch den Aufbau langfristiger Beziehungen zu mündigen Kunden ihre Zukunft zu sichern. Und als Gelegenheit, sich durch Beratungsqualität vom Einerlei der Bankenlandschaft abzuheben.

Kommunalpolitiker können die Sparkassen dabei unterstützen, indem sie auf einen Wandel im Verhältnis der Institute zu ihren Kunden hinwirken. Indem sie darauf drängen, Qualität in der Beratung und deren Dokumentation ernst zu nehmen – durch ständige Weiterbildung der Mitarbeiter, durch Implementierung wirkungsvoller Mechanismen zur Qualitätssicherung im Umgang mit den Protokollen und durch Ausrichtung der Vertriebsvorgaben an langfristigen Zielen statt an kurzfristigen Rendite-Kennziffern.

Grüne und ethische Geldanlage[Bearbeiten]

Das gilt insbesondere auch im Umgang mit einem Boom-Thema der vergangenen Jahre: der grünen beziehungsweise ethischen Geldanlage. Gerade wenn Verbraucher nachhaltig anlegen wollen, sollten sie auch nachhaltig gut beraten werden. Eine Selbstverständlichkeit ist das leider nicht – auf dem Markt für nachhaltige Geldanlage wimmelt es von fragwürdigen und unseriösen Produkten. Das beginnt bei Investmentfonds, die sich an schwer bis gar nicht nachvollziehbaren ökologischen Kriterien orientieren, und endet bei hoch riskanten geschlossenen Beteiligungen, die durch ihre immense Kostenbelastung „sicherstellen“, dass viele von dieser Anlage profitieren können – nur der Anleger nicht. In einem derartigen Umfeld ist gute, also qualifizierte und anlegergerechte Beratung unabdingbar – und zugleich besonders schwierig zu liefern. Das hat mehrere Gründe:

  • Es gibt zu wenige gute Produkte.
  • Die Produkte sind oft kompliziert und für Berater wie Anleger nicht ohne Weiteres zu verstehen.
  • Viele Produkte sind nur für wenige Anleger geeignet.

Um mit dem ersten Punkt zu beginnen: Nachhaltige Geldanlageprodukte ergänzen die drei klassischen Ziele der Geldanlage – Rendite, Verfügbarkeit und Sicherheit – um ein weiteres Ziel. Dies wird in der Literatur als „Mittelverwendung“ bezeichnet.[4] Kapital soll so eingesetzt werden, dass es einen möglichst großen Nutzen im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft oder der Umwelt bringt.

Für Anleger und Berater stellt das eine große Herausforderung dar: Einerseits können sie auf eine geringere Zahl von Produkten zurückgreifen als in der konventionellen Geldanlage, andererseits müssen diese Produkte strengeren Kriterien genügen. Schließlich sollte ein Investmentfonds nicht deshalb teurer sein, weil seine Anlagestrategie sich an ökologischen Kriterien orientiert. Für Verbraucher ist es deshalb wichtig, dass sie sich darauf verlassen können, in der Anlageberatung tatsächlich das beste für sie passende Produkte empfohlen zu bekommen. Das heißt für Berater: Sie dürfen sich keinesfalls auf Produkte des eigenen Hauses oder verbundener Unternehmen beschränken. Vielmehr müssen sie auch Konkurrenzprodukte, etwa günstige Indexfonds im Auge behalten – und empfehlen, wenn es im Interesse des Kunden ist.

Um dies zu leisten, muss der Berater aber, und damit sind wir bei Punkt 2, auch verstehen, wie nachhaltige Geldanlageprodukte funktionieren. Er muss die Funktionsweise der infrage kommenden Produkte kennen, ihre Rendite-Erwartung, ihr Risikoprofil, ihre Kostenbelastung – und natürlich muss er auch verstehen, inwiefern ein Produkt tatsächlich nachhaltigen Kriterien genügt. Damit nicht genug: Er muss all dies auch seinen Kunden vermitteln können. Wer zu nachhaltigen Anlageprodukten beraten will, benötigt daher eine entsprechende Zusatzqualifikation.

Ein weiteres Problem in der Beratung zu nachhaltiger Geldanlage ist, dass viele zur Verfügung stehende Produkte für die meisten Anleger nicht geeignet sind. Das gilt in den meisten Fällen für grün getarnte Graumarktprodukte, also geschlossene Beteiligungen, Genussrechte und ähnliche Anlagemöglichkeiten. Diese sind oft so riskant und mit so hohen Kosten belastet, dass ein Kreditinstitut, das die Interessen seiner Kunden ernst nimmt, derartige Produkte nur nach genauer Prüfung oder überhaupt nicht vertreiben sollte.

Doch selbst seriöse Investmentfonds passen zu vielen Anlegern nicht. Wer risikolos anlegen will, kann eben keinen Aktienfonds kaufen – und sei er noch so nachhaltig ausgerichtet. Dann bleibt unter Umständen nur ein nachhaltiges Tagesgeld- oder Festgeldangebot übrig. Und der Berater muss diesen Kunden möglicherweise zu einer anderen Bank schicken, wenn er anlegergerecht beraten will.

Aus dieser Problemlage ergeben sich Ansatzpunkte für Kommunalpolitiker, die bei der örtlichen Sparkasse eine auf nachhaltige Geldanlage ausgerichtete Strategie forcieren möchten. Anzusetzen ist dafür zum einen an der zur Verfügung stehenden Produktpalette. Die Sparkasse sollte gute eigene Produkte im Angebot haben, ihren Beratern aber zugleich den Weg frei machen für den Blick über den Tellerrand. Sie sollte sich strikte Beschränkungen beim Vertrieb zweifelhafter Produkte auferlegen. Und sie sollte ihre Berater ausreichend qualifizieren und ständig fortbilden, damit diese den hohen Anforderungen an die Beratungsqualität in diesem speziellen Bereich gerecht werden können.

Phishing und Sicherheit beim Online-Banking[Bearbeiten]

Verunsichert und hoch sensibel sind Verbraucher nicht nur, wenn es um das Thema Geldanlage geht. Auch – berechtigte – Ängste rund um die Sicherheit des Online-Bankings tauchen immer wieder auf. Eine große Gefahr bildeten in den vergangenen Jahren Phishing-Attacken. So wurden nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) im Jahr 2009 64 Prozent mehr Phishing-Fälle gemeldet als im Jahr zuvor. Für das Jahr 2010 rechnete das BKA zuletzt mit einer Steigerung um nochmals 71 Prozent.[5] Hinzu kommen immer neue, ausgefeilte Varianten der Internetkriminalität, etwa eine neue Schadsoftware, die sich auf Smartphones installiert, die zuvor als relativ sicher geltenden Mobil-TANs mitliest und Angreifer damit in die Lage versetzt, Online-Überweisungen zu manipulieren.[6]

Nicht nur dieses Beispiel zeigt, dass auch fortgeschrittene Technik nie völlige Sicherheit vor Online-Kriminalität bieten kann. Die Verbraucherzentrale NRW setzt daher auf Aufklärung der Verbraucher und hat Ende des Jahres 2010 das Phishing-Radar gestartet, bei dem die interaktiven Möglichkeiten des Internets zur schnellen Information über Phishing-Attacken genutzt werden. Verbraucher können per E-Mail und in einem Forum verdächtige E-Mails melden. Experten der Verbraucherzentrale warnen dann die Öffentlichkeit und veranlassen die Abschaltung krimineller Websites.

Der Erfolg des Phishing-Radars – in nicht einmal drei Monaten haben Verbraucher bereits über 2.000 verdächtige E-Mails gemeldet – zeigt, wie groß der Aufklärungsbedarf ist. Auch Kreditinstitute sollten sich diese Erkenntnis zu eigen machen. Sie sollten nicht nur stetig ihre Sicherheitsmaßnahmen verbessern, etwa durch den Einsatz moderner Systeme zur Online-Authentifizierung. Sie sollten auch daran arbeiten, die Verbraucher zeitnah über Bedrohungen zu informieren. Zumindest aber sollten sie auf Anfragen verunsicherter oder geschädigter Verbraucher professionell und schnell reagieren. Uns erreichen leider immer wieder Schilderungen Betroffener, die zeigen, dass dies oft nicht der Fall ist.

Hier bietet sich ein weiterer Ansatzpunkt für die Kommunalpolitik: Die Internetkriminalität wirksam einzudämmen ist enorm schwierig. Banken und Sparkassen zu einem verbraucherfreundlichen Umgang mit dieser Bedrohung anzuhalten, kann dagegen ein lohnendes Unterfangen sein – für alle Seiten.

Fazit: kein einfacher Weg – aber ein chancenreicher[Bearbeiten]

Die oben angerissenen Themenfelder sind nur drei Beispiele für Probleme, deren verbraucherfreundliche Lösung langfristig im Sinne aller Beteiligten sein muss. Das liegt vor allem daran, dass all diese Probleme um das Thema Vertrauen kreisen. Und Vertrauen ist das wichtigste Kapital von Kreditinstituten – das gilt insbesondere für die Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die mehr als andere von der Nähe zu ihren Kunden leben. Deshalb lohnt es sich, wenn Kommunalpolitiker sich für die oben skizzierten Ziele einsetzen, auch wenn möglicherweise viel Überzeugungsarbeit notwendig ist, um die Verantwortlichen von deren Nutzen für Verbraucher und Anbieter zu überzeugen.

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. http://www.vz-nrw.de/link669481A.html
  2. Finanztest, Ausgabe 8/2010. S. 25
  3. https://www.vzbv.de/go/presse/1419/index.html
  4. Rotthaus, Stephan (2009), Erfolgreich investieren in grüne Geldanlagen. Ökologisch - ethisch - nachhaltig. S. 45
  5. Pressemitteilung des BKA, 2010
  6. BSI, mTAN_04032011.html Pressemitteilung vom 04.03.2011

Weiterführende Links und Literaturhinweise[Bearbeiten]

  • Das Finanzportal der Verbraucherzentrale NRW mit Hintergrundinformationen zu Verbraucherschutz in der Finanzdienstleistungsbranche
  • Fricke, Arno (2010): Grüne Geldanlage. Verantwortungsvoll investieren – von der Stiftung Warentest herausgegebenes Buch zum Thema
  • Phishingradar der Verbraucherzentrale NRW mit vielen Informationen rund um Phishing

Über den Autor[Bearbeiten]

Klaus Müller (Grüne) war von 1998 bis 2000 Bundestagsabgeordneter, 2000 bis 2005 Umwelt- und Landwirtschaftsminister in Schleswig-Holstein und 2005 bis 2006 Mitglied des schleswig-holsteinischen Landtags. Er leitet seit 2006 die Verbraucherzentrale NRW und ist Vorsitzender des Verwaltungsrates der Verbraucherzentrale Bundesverband und Mitglied im Kuratorium der Stiftung Warentest.

Quelle: AKP 3/11, S. 42-44.