Internetbasierte Kraftfahrzeugzulassung

Aus KommunalWiki

Die internetbasierte Kraftfahrzeugzulassung (i-Kfz) stellt Dienstleistungen rund um die Zulassung von Kraftfahrzeugen - wie Neuzulassung, Abmeldung, Ummeldung etc. - online bereit. Geplant seit 2006, eingeführt in Stufen seit 2015, ist i-Kfz bis heute nicht flächendeckend verfügbar. Die Gründe dafür sind vielfältig: Streit zwischen Bund, Ländern und Kommunen, halbherzige Schritte der Digitalisierung, Änderungen der Standards und fehlende Ressourcen sind nur einige Faktoren.

"Ein typisch deutsches Digitaldesaster"[Bearbeiten]

Für das Technikportal heise ist die i-Kfz ein Beispiel dafür, "warum die Digitalisierung in Deutschland so schleppend verläuft: "An der digitalen Autozulassung arbeiten Politik und Verwaltung seit über 15 Jahren. Bund, Länder und Kommunen haben sich zerstritten und zusammengerauft, Termine versprochen und verschoben, Sicherheitsanforderungen entschärft und wieder verschärft. Nun existiert der Onlinedienst zwar, aber kaum jemand kennt ihn. Und wer ihn kennt, nutzt ihn noch lange nicht." Die i-Kfz sei ein "typisch deutsches Digitaldesaster".[1] 2019 eingeführt, wurde der Dienst 2021 von 0,6% der Antragstellenden genutzt; erst als wegen der Corona-Pandemie Zulassungsstellen zeitweilig geschlossen waren, stieg diese Quote an.

Beschlossen wurde die Einführung einer internetbasierten Kfz-Zulassung bereits 2006 im "Aktionsplan Deutschland-Online"; ein Jahr später kündigte das federführende Bundesland Hamburg die Einführung für 2013 an. 2009 wurde dann für das Folgejahr eine erste Stufe in Aussicht gestellt: Anträge könnten dann online gestellt werden, der weitere Prozess sollte aber wie gehabt auf Papier vor sich gehen. Für die Nutzer:innen wäre das eher nachteilig gewesen: Wer zum Amt geht, kann die Dokumente und die Plaketten gleich mitnehmen, wer online beantragt, muss auf die Behördenpost warten. Für heise ist dies "symptomatisch für E-Government in Deutschland". Auch das 2017 erlassene Onlinezugangsgesetz sah verpflichtend nur online-Formulare vor, nicht jedoch digitale Prozesse.

Tatsächlich wurde aber auch dieser erste Schritt zunächst verschoben, dann auch noch halb zurückgenommen: Erst 2015 war ein Service online, und zwar der für das Außerbetriebsetzen von Fahrzeugen. Und das Projekt stieß auf Gegenwehr der Kommunen. Da ein zentraler Onlinedienst vorgesehen war, von dem aus die Antragsdaten an die zuständigen Kommunen (das sind meist die Kreise oder kreisfreien Städte) weitergeleitet werden, sei für die Nutzer:innen nicht transparent, mit wem sie es eigentlich zu tun haben; dies widerspreche dem vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten "Grundsatz der Verantwortungsklarheit". Weitere Befürchtungen kamen hinzu. Daher wurde das zentrale Portal, statt die zweite Stufe (Wiederzulassung) zu zünden, 2017 wieder abgeschaltet. Stattdessen sollten rund 400 Kommunen Software beschaffen, Mitarbeiter:innen einstellen und schulen und/oder Dienstleister beauftragen, mit immer derselben Aufgabe. Das klappte nur in wenigen Kommunen zum Stichtag. Dasselbe mit der dritten Stufe (Neuzulassung, Umschreibung und Adressänderung), die 2019 auch nur in wenigen Kommunen startklar war. Der Städtetag machte dafür auch die vom Bund im laufenden Verfahren geänderten Sicherheitsanforderungen verantwortlich.

Aus Sicht des heise-Autors lähmt jedoch nicht zuletzt die Dezentralisierung die i-Kfz wie auch hunderte weitere Digitalprojekte. Viele Online-Anwendungen würden hundert- oder gar tausendfach angeschafft, auch wenn - rein technisch gesehen - Länderdienste oder ein zentrales Bundesportal ausreichen würden. Eine große Hürde für die Nutzung ist zudem das umständliche Verfahren. So mussten sich Nutzer:innen über den E-Personalausweis authentifizieren. Viele haben damit keine Erfahrung, haben diese Funktion nicht freigeschaltet oder kennen ihre PIN nicht. Aus einer Fallstudie der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Gewerkschaft ver.di von 2022 geht hervor, dass 65% der Besucher:innen des i-Kfz-Portals mit der Authentifizierung mittels E-Perso begannen, jedoch nur 5% diesen Schritt abschlossen. 1,6% meisterten dann auch noch die Online-Zahlung, 1% schickte den Antrag ab. Nach diesen Erkenntnissen beschloss ein Teil der Bundesländer, auf die Authentifizierung per E-Perso zu verzichten, was natürlich die Sicherheitsrisiken erhöht.[2]

Ein Schritt vor, zwei Schritte zurück[Bearbeiten]

Zum Jahresende 2023 erreichte das Desaster ein nächstes Level. Mit dem 1. September war die 4. Stufe von i-Kfz geschaltet worden, die sog. "vereinfachte digitale Kfz-Zulassung", die mit einer Senkung der Gebühren verbunden war. Doch Mitte Dezember 2023 meldete die Presse, das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) würde voraussichtlich für rund zwei Drittel - nach späteren Informationen nur ein Drittel - der kommunalen Zulassungsstellen den Zugang zu i-Kfz sperren. Grund sei, dass diese die mit der 4. Stufe ebenfalls eingeführten erhöhten Sicherheitsanforderungen[3] nicht erfüllten; möglicherweise hatte der Cyberangriff auf die Südwestfalen-IT Ende Oktober 2023 für das Problem sensibilisiert. Die Sperre sollte mit Beginn des Jahres 2024 wirksam werden. Kommunen, die auf dem Weg waren, die Sicherheit zu verbessern, konnten diese Frist mit einem "Zwischennachweis" bis April 2024 verlängern. Schon zuvor hatte sich gezeigt, dass viele Kommunen die technischen Voraussetzungen für die Nutzung von i-Kfz noch nicht umgesetzt hatten und daher an i-Kfz zunächst nicht teilnehmen konnten.[4] Damit setzt sich die (fast) unendliche Geschichte der Einführung einer internetbasierten Kfz-Anmeldung fort.

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. heise: Typisch deutsches Digitaldesaster: Die Online-Autozulassung i-Kfz, 20.04.2023
  2. Jörg Bogumil, Sabine Kuhlmann, Moritz Heuberger, Justine Marienfeldt (hrsg. Friedrich-Ebert-Stiftung und ver.di): Bürgernahe Verwaltung digital? i-Kfz und digitaler Kombiantrag / Elternleistungen im Praxistext. 2 Fallstudien, 2022, pdf-Format, 44 Seiten
  3. Die Sicherheitsanforderungen wurden am 31.08.2023 im Bundesanzeiger veröffentlich: Kraftfahrt-Bundesamt, Bekanntmachung "Internetbasierte Fahrzeugzulassung (i-Kfz) – Mindestsicherheitsanforderungen an die internetbasierte Fahrzeugzulassung“, Version 1.5 vom 17. Juli 2023 (Download im pdf-Format, 55 Seiten)
  4. Zuerst berichtet die Automobilwoche: Digitale Zulassung geht wieder offline, 15.12.2023; Text steht hinter einer Bezahlschranke. Siehe auch heise, Sicherheitsmängel: Zwei Drittel der digitalen Kfz-Zulassungsstellen gesperrt, 16.12.2023; Golem, Digitale KFZ-Zulassung wird größtenteils gestoppt, 16.12.2023; Merkur, Rückschritt bei der Digitalisierung: Kfz-Zulassung vielerorts nicht mehr online möglich, 23.12.2023; heise: Autozulassung nur noch persönlich: KBA sperrt Anfang Januar viele iKfz-Portale, 30.12.2023

Weblinks[Bearbeiten]

Logo des i-Kfz-Service-Portals