Kommunalwahl in Niedersachsen 2011

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„Wir machen das klar.“ – lautete der Slogan der dynamischen und selbstbewussten Kampagne der niedersächsischen Grünen für die Kommunalwahl am 11. September 2011. Am Wahlabend war dann „alles klar“: Landesweit votierten 14,3% der WählerInnen für Grüne in den Räten der kreisfreien Städte und Kreistage. Damit erreichte der Landesverband sein bestes Ergebnis seit seinem Bestehen – ein grandioser Erfolg!

Eine Wahlanalyse von Helmut Delle[Bearbeiten]

Ein Plus von 6,5 Prozentpunkten im Vergleich zu 2006 vorherzusagen hatten sich selbst kühne Optimisten nicht getraut. Noch erfreulicher war die Verdopplung der Wählerstimmen in den kreisangehörigen Gemeinden von 5,7 auf 11,4%.

Verdopplung der Mandate[Bearbeiten]

Die Erfolgsmeldungen rissen auch am Tag nach der Wahl und nach Sichtung der Einzelergebnisse nicht ab. Zuwächse überall, nicht nur in den Städten, sondern auch in der Fläche. Und als die Gesamtzahl der Mandate erkennbar wurde, war dies eine kleine Sensation: In den kommenden fünf Jahren werden in den kommunalen Vertretungen Niedersachsens rund 2.000 Mandate von LokalpolitikerInnen besetzt sein, die sich über grüne Vorschläge zur Wahl gestellt haben:

  • In den Kreistagen und Räten der kreisfreien Städte werden das 322 sein,
  • in den kreisangehörigen Gemeinden 1.278 und
  • in den Bezirks- und Ortsräten fast 400 (die exakte Zahl wird erst Anfang November ermittelt sein).

Alle grünen Bürgermeister wiedergewählt[Bearbeiten]

Erfolge auch bei den gleichzeitig durchgeführten 97 Direktwahlen der hauptamtlichen Bürgermeister und Landräte. Ins Rennen gegangen waren insgesamt 15 grüne BewerberInnen, darunter die drei amtierenden grünen Bürgermeister Niedersachsens,

Alle drei wurden mit deutlich über 60% der abgegebenen Wählerstimmen beauftragt, weitere acht Jahre an der Spitze ihrer Stadt bzw. Gemeinde zu wirken. Drei sehr eindeutige Belege für erfolgreiche hauptamtliche kommunale Führungsqualität.

Trotz teilweise überraschend guter Ergebnisse konnte sich keineR der anderen grünen KandidatInnen durchsetzen. Erstmals wurden in Niedersachsen die Direktwahlen in nur einem Wahlgang entschieden. Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte die Stichwahl unter den beiden Erstplatzierten des ersten Wahlgangs kurzerhand abgeschafft und sich für dieses demokratiefeindliche Vorgehen massive Kritik nicht nur aus dem Oppositionslager eingehandelt.

Und die anderen?[Bearbeiten]

Aber nicht nur dafür – die WählerInnen bescherten den beiden Partnern der schwarz-gelben Regierungskoalition herbe Verluste. Die CDU bleibt stärkste kommunale Kraft, sank aber von 41,3 auf 37%. Die FDP halbierte sich von 6,7 auf nur noch 3,4% Wählerzustimmung und ist damit in vielen Kommunen in die politische Bedeutungslosigkeit abgesackt.

Verluste aber auch bei der SPD, deren Ergebnis von 36,6 auf 34,9% zurück ging. Mit 2,4% blieb die Linkspartei kommunal bei einem schwachen Ergebnis, und mehr denn je ist es alles andere als ausgemacht, dass sie 2013 den Wiedereinzug in den Landtag schafft.

Piraten entern auf[Bearbeiten]

Das Abschneiden der Piratenpartei war für viele überraschend. Sie ist aus dem Stand heraus in 18 Lokalparlamente der Kreise und kreisfreien Städten sowie in die Räte von 24 kreisangehörigen Gemeinden eingezogen. Auf den zweiten Blick wurde deutlich: Fast überall, wo sie angetreten ist, hat sie auch ein Mandat bekommen. Sowohl programmatisch mit Themen wie Transparenz und BürgerInnenbeteiligung als auch mit ihrem kreativen und undogmatischen Auftreten machte sie den Grünen Konkurrenz und hat auch von ihnen Stimmen gezogen.

Trendumkehr bei der Wahlbeteiligung?[Bearbeiten]

Das bleibt weiterhin abzuwarten, zumindest wurde bei dieser Kommunalwahl der langjährige Negativtrend gestoppt. Gegenüber 2006 stieg die Wahlbeteiligung auf 53%, was ein Plus von 0,5 Prozentpunkten bedeutet. Gleichwohl bleibt es eine existenzielle Aufgabe für alle demokratischen Parteien, mehr Menschen für das Wählen zu begeistern. Das kann nur gelingen, wenn auch die hauptamtlichen Spitzen wieder zum selben Termin zur Wahl stehen, es wieder Stichwahlen gibt und die BürgerInnen nicht nur alle fünf Jahre mitbestimmen können, sondern auch darüber hinaus in die Politik vor Ort eingebunden werden.

Bundestrend und Atomfrage[Bearbeiten]

Bei aller Euphorie: Das Ergebnis kann nur zum Teil auf die engagierte und großteils auch erfolgreiche kommunalpolitische Arbeit vor Ort zurückgeführt werden. Im Jahr von Fukushima hatte der starke Bundestrend einen erheblichen Anteil am grünen Wahlerfolg.

Wer nach der Zustimmung zum Atomkonsens den Niedergang des grünen Projektes prophezeit hat, wurde eines Besseren belehrt. Eindeutiger Beleg hierfür ist Lüchow-Dannenberg, wo mit 19,7% eines der besten Ergebnisse landesweit erzielt wurde – ein Plus von 7,3! Die WählerInnen haben nach dem schwarz-gelben Irrweg mit den Laufzeitverlängerungen und dem Zurückrudern in Folge der atomaren Katastrophe erkannt, dass der Atomkonsens in Deutschland ohne starke Grüne nicht funktioniert hätte.

Was daraus folgt[Bearbeiten]

Beginn der neuen Wahlperiode ist am 1. November. Welche Bündnisse, Koalitionen oder Gruppen es dann geben wird, ist noch nicht abzusehen. Erste Gespräche wurden bereits wenige Tage nach der Wahl aufgenommen, inzwischen laufen vielerorts die Verhandlungen. In den meisten Gemeinden, Städten und Kreisen werden die erstarkten grünen Fraktionen von SPD und CDU gleichermaßen umworben. Ohne die Verhandlungsergebnisse vorweg nehmen zu wollen: gegenüber der jetzt endenden Wahlperiode wird die Zahl der Kommunen, in denen es vertraglich fixierte Bündnisse zwischen Grünen und anderen Ratsfraktionen gibt, erheblich zunehmen. Es wird also – wie eines der Kommunalwahlplakate voraussagte – viel mehr grüne Zweigstellen in den niedersächsischen Gemeinden und Kreisen geben.

Mit Blick auf 2013 macht das Hoffnung darauf, dann bei der Landtagswahl mit starken Grünen einen Regierungswechsel in Niedersachsen herbeiführen zu können.

Erfolg macht Arbeit[Bearbeiten]

Während nach dem 11. September 2011 überall die Wahlkampfteams ihre Plakate wieder einsammeln und vielerorts Vorstände und Frischgewählte gleich in Koalitionsverhandlungen einsteigen, bleibt auch in der grünen Landesgeschäftsstelle mit ihrem Kommunalreferat keine Verschnaufpause. Fast 50% der Kommunalos der nächsten Runde ziehen erstmals in die örtlichen Parlamente ein. Sie alle haben bereits vom Landesverband das AKP-Buch „Kommunal Politik machen“ als Starthilfe geschenkt bekommen. Ihr Beratungs- und Hilfestellungsbedarf strapaziert die Telefonleitungen zum Kommunalreferat ebenso wie die Mailpostfächer.

Die ersten von der Stiftung Leben und Umwelt angebotenen Seminare der Reihe „Fit für die Kommunalpolitik“ waren innerhalb weniger Tage ausgebucht, inzwischen sind allein von dem ersten Einstiegsseminar elf weitere Zusatzveranstaltungen terminiert. Und damit ist die lange Warteliste noch nicht abgearbeitet!

Erste Hilfe leistet der Landesverband auch auf Sonderseiten im Wurzelwerk. Frühzeitig gab es hier umfangreiches Material für die wichtigen Weichenstellungen zu Beginn einer Wahlperiode: Checklisten und Musterverträge für die Koalitionsverhandlungen, Beispiele für Fraktionsgeschäftsordnungen, Infos über Mandats- und Fraktionsfinanzen, Muster für Arbeitsplatzbeschreibungen und Stellenausschreibungen und, und, und.

Zur Konstituierung der neuen Räte und Kreistage in den ersten Novemberwochen liegt noch viel Arbeit vor den neuen MandatsträgerInnen, da schafft jede Hilfe Entlastung und Sicherheit. Das zumindest bescheinigen die zahlreichen Dankeschön-Mails, die beim Kommunalreferat eingehen – auch etwas, was es bislang so nicht gab.

Weblink[Bearbeiten]

Quelle[Bearbeiten]

Delle, Helmut: „Kommunalwahl in Niedersachsen – Mehr grüne Zweigstellen!“ in Alternative Kommunalpolitik, Ausgabe 6/2011, S. 24f.