Kommunalwahlen in Thüringen 2024

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Die Kommunalwahl in Thüringen am 26.05.2024 war mit Spannung erwartet worden, auch in der Hoffnung, aus ihr Trends für andere Bundesländer und für die Bundespolitik ableiten zu können. Tatsächlich bestätigten sich bekannte Entwicklungen, doch lohnt eine Betrachtung im Einzelnen.

Die Ergebnisse als Tabelle[Bearbeiten]

Ergebnisse der Kommunalwahlen 2024 in Thüringen
(Kreistagswahlen und Stadtratswahlen der kreisfreien Städte)
[1]
Wahlvorschlag 2024 2019 Änderung
CDU 27,2 27,3 -0,1
AfD 25,8 17,7 +8,1
LINKE 9,1 14,0 -4,9
SPD 11,6 13,4 -1,8
GRÜNE 4,1 7,5 -3,4
FDP 2,6 4,8 -2,2
Sonstige 19,5 15,4 +4,1
Wahlbeteiligung 62,6 60,3 +2,3

Die "großen" Parteien[Bearbeiten]

Für die (teils ehemals) "großen" Parteien setzen sich im Wesentlichen bekannte Trends fort. Die CDU konnte ihr Ergebnis der vergangenen Wahl stabilisieren, trotz deutlicher Zugewinne der AfD, die jetzt landesweit über 25% liegt und damit den zweiten Platz belegt. SPD und Linke verlieren weiter, letztere deutlich - von 14% 2019 fiel sie auf gut 9%.

Zusammen sammelten diese vier Parteien landesweit fast drei Viertel aller abgegebenen Stimmen ein. Dass dabei CDU und AfD gewonnen, SPD und Linke verloren haben, zeigt eine wachsende Zustimmung zu konservativer bis rechter Politik.

Grüne und FDP[Bearbeiten]

Gleichermaßen enttäuscht können Grüne und FDP auf diese Wahl blicken. Die Grünen, die bei der vorausgegangenen Wahl noch über das beste Ergebnis ihrer Geschichte gejubelt hatten, fielen diesmal noch unter ihr Abschneiden von 2014 zurück. Auch die FDP verlor fast die Hälfte ihrer Stimmen von 2019; ein Wiedereinzug in den nächsten Landtag (der am 1. September gewählt wird) erscheint so gut wie ausgeschlossen.

"Sonstige"[Bearbeiten]

Bemerkenswert das erneute Anwachsen "Sonstiger", die in den Kreistagen und kreisfreien Städten jetzt fast 20% aller Sitze erhielten: Hinter diesem Sammelbegriff verbergen sich überwiegend lokale Wählergruppen unterschiedlicher politischer Ausrichtung. Ihr Erfolg zeigt, dass die Bindungswirkung von Parteien insgesamt nachlässt. In nicht wenigen kleineren Orten gibt es nur eine solche Gruppe und keine Kandidat:innen irgendwelcher Parteien, so dass diese die Stadträte allein besetzen. Auch die "Freien Wähler" werden zu den "Sonstigen" gezählt, im Kreis Hildburghausen wurden sie mit 24,6% stärkste Kraft.

BSW[Bearbeiten]

Zu den "Sonstigen" gehört auch das "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW), das eine eigene Betrachtung wert ist. Das BSW, noch in Gründung befindlich, konnte nur in wenigen Gemeinden Kandidat:innen aufstellen, erreichte dort jedoch aus dem Stand teils zweistellige Ergebnisse; u.a. im Kreis Gotha 12,4%, im Wartburgkreis 10,4%, in Kreis und Stadt Sonneberg 7,6 bzw. 6,3%. Auch einen Ortschaftsbürgermeister (im Kreis Nordhausen) stellt zukünftig das BSW, ohne Stichwahl.[2] Ob diese neue Kraft eher der AfD oder eher der Linken Wähler:innen abspenstig gemacht hat, wird eine interessante Frage für die Wahlforschung sein.

Die Wahlbeteiligung[Bearbeiten]

... ist mit fast 63% noch einmal gestiegen: mehr als bei Kommunalwahlen in den vergangenen Jahren typischerweise zu erwarten und ein Zeichen für großes Interesse auch an der Lokalpolitik in Thüringen.

Personenwahlen[Bearbeiten]

Zeitgleich mit den Kreistagen und Gemeinderäten wurde auch (Ober-)Bürgermeister:innen und Landrät:innen gewählt. In vielen Gemeinden war eine Stichwahl erforderlich, die am 9. Juni - parallel zur Europawahl - stattfand. 9 der 13 Kandidat:innen der AfD schafften es in die jeweilige Stichwahl geschafft; nur in Jena, einer grünen Hochburg (15,2%), stand mit Kathleen Lützkendorf eine Bündnisgrüne in der Stichwahl um das Oberbürgermeisterinamt. In der Stichwahl konnte sich jedoch kein:e AfD-Bewerber:in durchsetzen.[3] In Jena unterlag Kathleen Lützkendorf mit 38,4% der Stimmen dem Amtsinhaber Thomas Nitzsche (FDP), der 61,6% holte.[4] In der Landeshauptstadt Erfurt wurde Andreas Bausewein (SPD), der das Amt des Oberbürgermeisters 18 Jahre lang innehatte, in der Stichwahl von seinem Gegenkandidaten Andreas Horn (CDU), der rund 64% der Stimmen erhielt, abgelöst. Bausewein will sein Stadtratsmandat nicht annehmen und sich aus der aktiven Kommunalpolitik zurückziehen.[5]

Reaktionen[Bearbeiten]

Die Grünen in Thüringen bewerten das Wahlergebnis als "Rückschlag": Die Ergebnisse seien "kein Grund zur Entwarnung, sondern deutlicher Rechtsrutsch". Die engagierte und gute Arbeit in den Kreistagen und Gemeinderäten in den vergangenen Jahren sei leider nicht honoriert worden.[6]

Das Ergebnis der AfD wird trotz ihrer Zugewinne meist erleichtert kommentiert: Der "Durchmarsch" sei nicht gelungen, die AfD ist landesweit nicht - wie von vielen befürchtet - stärkste Kraft geworden. Das kann teilweise an der Stärke der CDU, teilweise auch an der Neugründung des BSW liegen.[7]

Fußnoten[Bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten]