Migrationshintergrund
Für statistische, aber auch einige andere Zwecke (z.B. Integrations- und Antidiskriminierungspolitik) werden Menschen mit und ohne Migrationshintergrund unterschieden. Die Definition dieses Begriffs hat sich in den vergangenen Jahrzehnten mehrmals geändert. Da für verschiedene Zwecke unterschiedliche Definitionen verwendet werden, sind nicht alle Erhebungen direkt miteinander vergleichbar.
Aktuelle Definitionen[Bearbeiten]
Das jüngste Integrationsmonitoring der Länder[1] verwendet die Definition, die auch dem Zensus 2011 zugrunde lag. Danach haben in Deutschland lebende Personen einen Migrationshintergrund, wenn sie
- Ausländer/innen sind oder
- im Ausland geboren und nach dem 31.12.1955 nach Deutschland zugewandert sind oder
- einen im Ausland geborenen und nach dem 31.12.1955 nach Deutschland zugewanderten Elternteil haben.
Ist von Migrationshintergrund "im engeren Sinne" die Rede, so sind nur die beiden ersten Kriterien gemeint; werden die Eltern (drittes Kriterium) einbezogen, so wird von Migrationshintergrund "im weiteren Sinne" gesprochen.
Im Mikrozensus wird hingegen neuerdings eine andere Definition verwendet: Danach hat eine Person einen Migrationshintergrund, „wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt“.[2]
Frühere Definitionen[Bearbeiten]
Bis 2005 wurde in der amtlichen Statistik nur nach Staatsangehörigkeit abgegrenzt, d.h. zwischen "Deutschen" und "Ausländer/innen" unterschieden. Dabei fiel die Einwanderungsgeschichte z.B. von Spätaussiedler/innen, Eingebürgerten oder von als Deutsche geborenen Kindern von Zugewanderten unter den Tisch. Mit dem Mikrozensus 2005 führte das Statistische Bundesamt erstmals den Begriff "Migrationshintergrund" ein und verstand darunter „alle nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Zugewanderten sowie alle in Deutschland geborenen Ausländer und alle in Deutschland als Deutsche Geborenen mit zumindest einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil“. Seitdem hat das Statistische Bundesland, wie beschrieben, die von ihm verwendete Definition zweimal geändert. Der Begriff "Migrationshintergrund" wird auch von der OECD verwendet, jedoch mit einer eigenen Definition; die UN spricht hingegen von „foreign born“ (im Ausland geboren).
Kritik[Bearbeiten]
Der Begriff "Migrationshintergrund" wird häufig kritisch gesehen. Er sagt nicht per se etwas über Integrationsbedarf oder Teilhabechancen aus; dies sind oft stärker von soziokulturellen Faktoren abhängig wie z.B. Bildung und Ausbildung, Beruf, sozialer Status etc. Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist in sich sehr heterogen. Die Kategorie "Migrationshintergrund" wird oft als „defizitär und stigmatisierend verwendet und wahrgenommen, da sie eine Nichtzugehörigkeit andeutet und möglicherweise einen Integrationsbedarf signalisiert, der in vielen Fällen gar nicht gegeben ist“.[3] Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen verwendet stattdessen den Begriff „Einwanderungsgeschichte“.
Einige Daten[Bearbeiten]
Nach dem 6. Bericht des Integrationsmonitoring der Länder 2021 hatten 2019 in Deutschland 20,9 Mio. Menschen einen Migrationshintergrund, das ist etwas mehr als ein Viertel der Bevölkerung. Dies unterscheidet sich stark nach Bundesländern: In Bremen, Hessen und Hamburg liegt der Anteil über 33%, in den ostdeutschen Flächenländern unter 10%.[4]
Fußnoten[Bearbeiten]
- ↑ Länderoffene Arbeitsgruppe „Indikatorenentwicklung und Monitoring“ der Konferenz der für Integration zuständigen Ministerinnen und Minister/Senatorinnen und Senatoren der Länder (IntMK): Sechster Bericht zum Integrationsmonitoring der Länder - Bericht 2021, Berichtsjahre 2017–2019 und Bund-Länder-Integrationsbarometer 2020 (pdf-Format, 179 Seiten, 7 MB), siehe ab S. 11
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Ergebnisse des Mikrozensus 2019. Fachserie 1, Reihe 2.2. Wiesbaden 2020
- ↑ Hessisches Ministerium für Soziales und Integration: Der Hessische Integrationsmonitor. Daten und Fakten zu Migration, Integration und Teilhabe in Hessen – Fortschreibung 2020. Wiesbaden 2020, S. 26
- ↑ Dazu und zu weiteren Daten siehe das Integrationsmonitoring der Länder, erste Fußnote