Nahmobilität
Nahmobilität kann nach Monheim[1] in dreierlei Weise definiert werden:
- als Mobilität über kurze Distanzen oder kurze Zeiten
- als Mobilität in den kleinen Netzen (Quartier, Wohnumfeld, Arbeitsumfeld oder Einkaufsumfeld)
- als Mobilität ohne Motoren, also vor allem Fuß- und Fahrradverkehr incl. Rollschuh, Roller- oder Inlinerverkehr.
Die letztere Definition verwendet ebenfalls die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e. V.[2]. Auch Morkisz / Wulfhorst verstehen unter Nahmobilität "eine quartiersbezogene Mobilitätsform mit nicht-motorisierten Verkehrsmitteln"[3]. In diesem Verständnis ist Nahmobilität Teil des Umweltverbundes.
Nahmobilität spielt im Konzept einer umwelt- und klimafreundlichen Mobilität eine zentrale Rolle. "Nahmobilität ist flächensparsam und kostengünstig, schafft Begegnung und fördert Urbanität, ist gesund und die einzige originär CO2-neutrale und damit per se klimafreundliche Mobilitätsform" [4]. Ähnlich die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV): "Nahmobilität steigert sowohl den individuellen Nutzen (Kosten, Gesundheitsvorsorge,...) wie den kollektiven Nutzen (Energie, Klima, Qualität/Attraktivität des Stadtbildes,...). Sie dient damit der Lebensqualität schlechthin und steigert die Attraktivität der städtischen Räume." (FGSV: Hinweise zur Nahmobilität)
Handlungsansätze zur praktischen Umsetzung[Bearbeiten]
Nahmobilität erfordert laut Morkisz/Wulfhorst eine "aktive Angebotspolitik" in den Bereichen
- Verkehrsangebot: attraktive Wegenetze für den nicht-motorisierten Verkehr, insbesondere: Gehwegbreiten von 2,5 m entsprechend den Richtlinien der FGSV; Aufteilung des Straßenraums im Verhältnis 3:4:3 für Kfz-Verkehr und urbane Randnutzungen; hoher Vernetzungsgrad (Konnektivität) des Wegenetzes (durch Querverbindungen, Passagen, Vernetzung über Parzellen hinweg); Barrierefreiheit, attraktive Straßenraumgestaltung, Querungsmöglichkeiten u. a.
- Nutzungsstruktur: städtebauliche Dichte, funktionale Mischung.
- Städtebauliche Qualität: Aufenthaltsqualität, Qualität des Straßenraums als "Erlebnisraum". Wesentliche Faktoren hierfür sind Lage und Nutzungsvielfalt, soziale Sicherheit, Lärm- und Abgasbelastung, Orientierung, Beleuchtung und Bepflanzung.
Letztlich geht es aber auch um die direkte Auseinandersetzung mit Gewohnheiten: "Die Stärkung der Nahmobilität ist häufig ein Kampf gegen die prägende Kraft des PKW im täglichen Routinehandeln seiner Besitzer."[5]
Nach AGFS[6] umfasst ein Programm zur Förderung der Nahmobilität:
- Stadt und Straße als Lebensraum begreifen: baulich-räumliche Nutzungsmischung; kompakte bauliche Strukturen; Funktionsmischung Wohnen - Arbeiten - Freizeit; Erreichbarkeit, Wahlfreiheit und Chancengleichheit für alle VerkehrsteilnehmerInnen; kurze, vernetzte Wege. Straßen sind neben der Verkehrsfunktion Raum für Aufenthalt, Treffen, Kommunikation und Spiel (vgl. hierzu auch Shared Space).
- Komfortnetze für FußgängerInnen und RadfahrerInnen schaffen: ausreichend breite Gehwege mit Ruhezonen; Querungsstellen schaffen und sichern; Gehwege von parkenden Autos freihalten; kombinierte Geh- und Radwege vermeiden.
- barrierefreie Stadt; mehr Mobilitätschancen für Kinder und SieniorInnen.
- Re-Privatisierung des Autoparkens: Parkraum für Autos möglichst von dem öffentlichen Straßenraum weg verlagern.
- Verkehrssicherheit als dauerhafte Qualitätsaufgabe: Verkehrsraumgestaltung mit dem Ziel der Verlangsamung und Vereinfachung; Verkehrsüberwachung, Verkehrsaufklärung sowie Monitoring und Ursachenforschung zum Unfallgeschehen.
- Kooperative Verkehrsplanung und Kommunikation
- ein ganzheitliches Konzept, das Städtebau, Verkehr, Partizipation und Kooperation, Kommunikation und Wirtschaftsförderung miteinander verbindet.
Fußnoten[Bearbeiten]
- ↑ Heiner Monheim: Nahmobilität - Chance für mehr Lebens- und Bewegungsqualität und effizienten Verkehr, aus: mobilogisch!, Heft 4/2009
- ↑ Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e. V.: Nahmobilität im Lebensraum Stadt
- ↑ Sabine Morkisz, Gebhard Wulfhorst: Nahmobilität durch aktive Angebotspolitik, in: PLANERIN, Fachzeitschrift für Stadt-, Regional- und Landesplanung, Heft 4/10, S. 9 ff.
- ↑ Morkisz / Wulfhorst
- ↑ Uta Bauer, Susann Liepe, Joachim Scheiner: Nahmobilität beim Einkauf, in: PLANERIN, Fachzeitschrift für Stadt-, Regional- und Landesplanung, Heft 4/10, S. 17 ff.
- ↑ AGFS, Nahmobilität im Lebensraum Stadt, S. 34 ff.
Literatur[Bearbeiten]
- Sabine Morkisz, Gebhard Wulfhorst: Nahmobilität durch aktive Angebotspolitik, in: PLANERIN, Fachzeitschrift für Stadt-, Regional- und Landesplanung, Heft 4/10, S. 9 ff.
- Uta Bauer, Susann Liepe, Joachim Scheiner: Nahmobilität beim Einkauf, in: PLANERIN, Fachzeitschrift für Stadt-, Regional- und Landesplanung, Heft 4/10, S. 17 ff.
Weblinks[Bearbeiten]
- Heiner Monheim: Nahmobilität - Chance für mehr Lebens- und Bewegungsqualität und effizienten Verkehr, aus: mobilogisch!, Heft 4/2009
- Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e. V.: Nahmobilität im Lebensraum Stadt (Broschüre, pdf-Format, 53 Seiten)
- dies.: Nahmobilität konkret – was unsere Städte bewegt (Broschüre, pdf-Format, 41 Seiten)
- Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung: Sicherung von Nahversorgung und Nahmobilität: Zusammenhänge zwischen Lebensmittelversorgung und Mobilitätsverhalten (is-trends, ausgabe 2/07, pdf-Format, 8 Seiten)