Open-Source-Saatgut

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Saatgut ist heutzutage weltweit meist durch Patente und Sortenschutzrechte geschützt. In der Praxis bedeutet das, dass nur Inhaber*innen einer Lizenz neues Saatgut erzeugen und ggf. durch Züchtung weiterentwickeln dürfen. Rund 60% der Sortenschutzrechte besitzen heutzutage weltweit nur drei multinationale Konzerne.[1] Damit handeln z.B. Landwirt*innen, die aus selbstgezogenem Obst oder Gemüse Saatgut gewinnen, meist illegal. Zudem wird dies meist dadurch verhindert, dass kommerziell erzeugte pflanzliche Nahrungsmittel als Hybride nicht vermehrungsfähig sind. Die Beschränkungen durch Sortenschutzrechte und durch hybride Pflanzen bewirken eine starke Einschränkung der Sortenvielfalt. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts sind ca. 90% der damaligen Sortenvielfalt bei Nutzpflanzen verloren gegangen. Teilweise werden Lizenzen auch dafür verwendet, Sorten aus dem Verkehr zu ziehen, um neu gezüchtete Sorten ohne Konkurrenz besser vermarkten zu können.[2]

Mit Open-Source-Saatgut wird versucht, dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen. Open-Source-Saatgut kann frei verwendet werden, auch zur Gewinnung neuen Saatgutes und zur Züchtung neuer Sorten. Einzige Bedingung: Alles, was durch Open-Source-Saatgut erzeugt wurde, muss wieder unter dieselbe Lizenz gestellt werden. Im Einzelnen gelten für Open-Source-Saatgut folgende Regeln:

  • Regel 1: Jede*r darf das Saatgut frei nutzen, es vermehren, weiterentwickeln, züchterisch bearbeiten und es im Rahmen bestehender Gesetze weitergeben.
  • Regel 2: Niemand darf das Saatgut und seine Weiterentwicklungen mit geistigen Eigentumsrechten wie Patenten belegen.
  • Regel 3: Jede*r Empfänger*in überträgt zukünftigen Nutzer*innen des Saatguts und seinen Weiterentwicklungen die gleichen Rechte und Pflichten.[3]
Logo der Open Source Seeds-Initiative

Die Idee für Open-Source-Saatgüter geht auf eine Veröffentlichung der Heinrich-Böll-Stiftung aus dem Jahr 2009 zurück[4] und führte 2017 zur ersten Züchtung einer Open-Source-Tomate unter dem Namen "Sunviva". Für die Klärung aller Fragen rund um die Lizenz wurde die Initiative "Open Source Seeds" gegründet.

Verwendung durch Kommunen[Bearbeiten]

Das Umweltamt der Stadt Dortmund hat im Rahmen des Projekts "Bildung für Nachhaltige Entwicklung" und in Zusammenarbeit mit der Dortmunder Solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi) „Kümper Heide“ das Saatgut der Open-Source-Tomate "Sunviva" in der Stadtgesellschaft verbreitet. Das Amt verfolgt damit die Ziele, zur Artenvielfalt beizutragen und die Abhängigkeit der lokalen Landwirtschaft von Konzernen und Lizenzen zu verringern. Zusammen mit dem Verein Kommunen für biologische Vielfalt hat das Umweltamt Dortmund anschließend in Dortmund produziertes Sunviva-Saatgut an 250 Kommunen verschickt, um sie zu ähnlichen Aktionen anzuregen.[5]

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Nach der Fusion von DuPont und Dow Chemical sowie von Bayer mit Monsanto und dem Kauf von Syngenta durch ChemChina; siehe Heinrich-Böll-Stiftung, Fragen und Antworten zu Open-Source-Saatgut.
  2. Siehe als prominentes Beispiel die Auseinandersetzung um die Kartoffelsorte Linda: Kartoffelvielfalt - Rettet Linda!
  3. Siehe detaillierter: Open Source Seeds, Die Open-Source Saatgut Lizenz; dort kann der Lizenzvertrag heruntergeladen werden, der bei der Weitergabe größerer Saatgutmengen beigefügt werden muss.
  4. Silke Helfrich, Rainer Kuhlen, Wolfgang Sachs, Christian Siefkes: Gemeingüter – Wohlstand durch Teilen, 2009 (pdf-Format, 52 Seiten, CC-Lizenz)
  5. Siehe dazu: Agenda-Büro Dortmund, 18. Zwischenbericht zur Lokalen Agenda (Jahre 2017 und 2018), pdf-Format, 76 Seiten, S. 24f. mit weiteren Links; Nordstadtblogger, Einsatz für Biodiversität und Klimaschutz: Dortmunder Umweltamt schickt Open-Source-Saatgut an 250 Kommunen, 31.01.2021 mit weiteren Links

Weblinks[Bearbeiten]