Open Space

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Die Open-Space-Technology (OST) ist ursprünglich ein Zufallsprodukt. Der amerikanische Organisationsberater Harrison Owen bemerkte, dass bei Konferenzen vor allem die Kaffeepausen die effektivsten Teile waren.

Einleitung[Bearbeiten]

Owen konzipierte daraufhin eine Konferenz, die anhand offener Kaffeerunden strukturiert wurde. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können selbst die Inhalte, Richtung und Verlauf der Konferenz bestimmen und arbeiten selbstständig an allen Themen, die sie interessieren. Vorgegeben sind nur der Veranstaltungsort, ein zeitlicher Rahmen[1] und das Leitthema[2]. Welchen Ablauf die Veranstaltung hat und welche Themen genau bearbeitet werden, entscheiden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor Ort selbst.


Einsatzfelder[Bearbeiten]

Der Vorteil der Methode ist, dass der Aufwand gering ist und sehr große und heterogene Gruppen miteinander arbeiten können, ohne dass viele Prozessbegleiter eingesetzt werden müssen. Open Space funktioniert allerdings nur dann, wenn niemand die Antwort kennt und erst in der Auseinandersetzung mit dem Thema die Lösung gefunden wird. Die Methode wird nicht funktionieren, wenn die Antworten oder enge Spielräume bereits feststehen und der Prozess kontrolliert werden muss[3]. „Open Space ist immer dann die Methode der Wahl, wenn ein Thema auf den Nägeln brennt, niemand eine Antwort kennt oder zu kennen glaubt und wenn niemand den Verlauf oder die Ergebnisse oder beides kontrollieren will. Wenn Kontrolle einsetzt, hört Open Space auf zu funktionieren“[4]. Die Methode eignet sich auch nicht, um vordefinierte Ziele oder Strategieentwürfe Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern „schmackhaft“ zu machen oder um gezielt Informationen zu vermitteln. Geplante Vorträge, Präsentationen, Beiträge oder Diskussionen finden zum Leitthema nicht statt[5]. Open Space ist auch keine geeignete Form, um Richtungsentscheidungen herbeizuführen, sondern eine Methode, um Entscheidungen auf eine bessere Grundlage zu stellen[6]. Open Space nützt deshalb dem Auftraggeber, weil er Ergebnisse erhält, mit denen er so nicht gerechnet hätte[7]. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz werden zu Hauptakteuren, kommunizieren, lernen und arbeiten miteinander. Dadurch wird vorübergehend eine lernende Organisation initiiert. Damit dies funktioniert, ist die freiwillige Teilnahme an der Konferenz unabdingbar[8]. Da aber nicht nur die „aktiven“ Bürgerinnen und Bürger kommen sollen, sollten Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden, weil eine heterogene Gruppe Situationen meist besser bewältigen kann[9]. Je nach Situation muss dann überlegt werden, welche Zielgruppen eingeladen werden[10].

Grundelemente[Bearbeiten]

Abbildung 12: Grundelemente der Open-Space-Dynamik

Owens Methode liegen folgende vier Grundelemente der Dynamik zugrunde (vgl. Abbildung 12).

Der Kreis[Bearbeiten]

Der Kreis symbolisiert ein Element menschlicher Zusammenkunft, in dem Personen gleichberechtigt sind und miteinander kommunizieren. Der Kreis unterstützt die Gemeinschaftsbildung im Gegensatz zur geometrischen Form der Linie, bei der Menschen auf eine Autorität schauen.

Der Atem[Bearbeiten]

Der wechselnde Atem, das Ein- und Ausatmen symbolisiert den Austausch der Anreize, wie beispielsweise angebotene Workshops, Gespräche oder Impulse. Das Einatmen kann auch als Zusammenkommen der Gruppe in den Kreis gesehen werden und das Ausatmen als das Auflösen des Kreises.

Das Anschlagbrett[Bearbeiten]

Auf dem Anschlagbrett werden Zeitpläne, Raumpläne, angebotene Workshopthemen, Protokolle und Nachrichten befestigt. Somit erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Überblick über das Geschehen.

Der Marktplatz[Bearbeiten]

Der Marktplatz ist der Rahmen, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Interessen austauschen und u.a. über Räumlichkeiten der Workshops entscheiden.

Werden die Grundelemente beherzigt, dann bietet Open-Space einen offenen Raum für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und lässt sie viel mehr mitwirken als alle anderen Verfahren[11].


Grundsätze[Bearbeiten]

Ablauf Open Space

Dabei gelten folgende Grundsätze[12]:

Wer immer in die Workshopgruppe kommt, es sind die richtigen Leute. Dabei ist es nicht entscheidend, wie lange die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in einer Gruppe mitarbeiten. Jeder darf die Gruppe wechseln, wann er möchte. Dadurch können alle ihrer Kreativität freien Raum lassen. Alle Personen werden mit ihrem Wissen einen Beitrag leisten können.

Was immer geschieht, es ist das Einzige, was geschehen kann. Offenheit für das, was passiert ist entscheidend, weil die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nur so selbstbestimmt arbeiten können. Wer beispielsweise eine Pause braucht, nimmt sie sich und kommt wieder, wenn er weiterarbeiten möchte.

Es fängt an, wenn die Zeit reif ist. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer entscheiden, wann sie bereit sind, bestimmte Dinge zu tun und zu beginnen. Die Gruppe hat die Verantwortung über ihr eigenes Zeitmanagement.

Vorbei ist vorbei. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beenden die Arbeit, wenn es ihnen richtig erscheint.

Gesetz der zwei Füße. Jeder der denkt, dass er nichts mehr lernen oder beitragen kann, sucht sich eine neue Gruppe. Dadurch wird individuelles Lernen gefördert und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können sich an ihren Interessen orientieren. Unproduktive Situationen werden zudem vermieden und Vielredner oder Besserwisser bleiben alleine. Außerdem können Konflikte umgangen oder bearbeitet werden, wenn die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dies möchten.

In der Regel dauern Open-Space-Konferenzen drei Tage und täglich finden etwa vier Runden Workshoparbeit (Dauer jeweils ca. 1,5 Stunden) statt[13]. Die nebenstehende Abbildung bietet eine Übersicht über den typischen Ablauf einer Open-Space-Konferenz.

Vorbereitungsphase[Bearbeiten]

Das Leitthema[14] muss festgelegt und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingeladen werden. Übliche Planungsteams oder langwierige Vorbereitungssitzungen müssen nicht durchgeführt werden, nur Tagungsort und Arbeitsmaterial muss organisiert werden. Den Rest übernehmen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer[15].

Es können zudem durch Einsatz vernetzter PCs auch mehrere Konferenzen gleichzeitig und an unterschiedlichen Orten stattfinden. Der Ideen-Austausch findet dann z. B. via E-Mail statt[16]. Somit können Teilnehmerinnen und Teilnehmer sogar über ihren PC von zuhause aus teilnehmen[17].

Durchführungsphase[Bearbeiten]

Zuerst wird das Thema den Teilnehmerinnen und Teilnehmer ganz kurz vorgestellt, damit spätestens jetzt allen klar ist, ob sie in der „richtigen“ Veranstaltung sind. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten genau wissen, „wo die Reise hingehen soll“. Deshalb müssen Erwartungen an dieser Stelle geklärt werden[18]. Dann beginnen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und werden zu Planern, Moderatoren und dokumentieren selbst den gesamten Prozess. Die Prozessbegleiter tun nichts weiter, als für den Rahmen zu sorgen und bei Problemen zu helfen. Das ist zwar ungewohnt, aber der zentrale Baustein der Methode[19]. „Raum und Zeit zu schaffen und zu sichern bedeutet, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Kompetenzen zur Bewältigung der Situation zu erkennen und weiterzuentwickeln“[20].

Abschlussphase[Bearbeiten]

Open Space ist in seiner strengen Definition als Prozess der Selbstorganisation bereits beendet[21]. Gegen Ende der Konferenz können alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer gebeten werden, ein kurzes Feedback zu geben und ggf. bestimmte Ergebnisse zu gewichten (z. B. über Klebepunkte)[22]. Was die Auftraggeber mit diesen Ergebnissen tun, ist jedoch völlig offen. Meist tendieren Open-Space-Konferenzen dazu, neue Projekte anzustoßen[23]. Wenn konkrete Projekte daraufhin realisiert werden, dann ist es für den weiteren Prozessverlauf hilfreich, dies offensiv zu kommunizieren[24].

Vor- und Nachteile einer Open-Space-Veranstaltung[Bearbeiten]

Positiv[Bearbeiten]

Die Open-Space-Veranstaltung erfüllt als Startworkshop ihre Rolle als tragendes Element des weiteren Prozesses, weil die Selbststeuerungsmechanismen der Methode alle Konfliktquellen und Unwägbarkeiten offenbaren und Integrationswirkungen beobachtbar sind[25]. Prinzipiell ist Open Space aber nicht nur als Startworkshop (Kick off) möglich, sondern kann auch periodisch eingesetzt werden, um z. B. neue Entwicklungen berücksichtigen zu können[26]. Die Möglichkeit, selbst Themen einzubringen, motiviert die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und lässt sie und den Auftraggeber neue Optionen erkennen[27]. Oft entsteht dadurch eine sehr große Anzahl guter Ergebnisse, die in ihrer Summe sehr interessant für überregionale Medien sind[28]. Open Space eignet sich sogar für Jugendliche. Sie nutzen in der Regel den Freiraum nicht negativ aus und handeln verantwortungsbewusst[29].

Negativ[Bearbeiten]

Es besteht die Gefahr, dass die Methode überschätzt wird und ungeeignete Anliegen mit ihr bearbeitet werden. Themen, die eher allgemein und philosophisch angetragen werden, lassen sich zudem nicht einfach in Handlungen umsetzen[30]. Nachdem die ersten Themen realisiert werden, fehlt manchmal die Energie, die restlichen umzusetzen. Ohne Folgeveranstaltungen verpufft dann die Wirkung[31]. Deshalb rechtfertigt sich der Aufwand für Open Space nur, wenn die Ergebnisse in eine langfristige Strategie eingebunden werden[32].


Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Petri, Katrina (2003): Open Space - Raum für Bürgerengagement und Kaffeepausen. in: Ley, Astrid/ Weitz, Ludwig (Hrsg.) (2003): Praxis Bürgerbeteiligung. Ein Methodenhandbuch. Bonn, S. 183–191.
  2. Maleh, Carole (2001): Open space: effektiv arbeiten mit großen Gruppen: ein Handbuch für Anwender, Entscheider und Berater, 2., aktualisierte Aufl. Weinheim. S. 10
  3. Owen, Harrison (2001): Open Space Technology. Ein Leitfaden für die Praxis. Stuttgart. S. 28ff
  4. Petersen, Hans-Christian (2000): Open Space in Aktion. Kommunikation ohne Grenzen. Die neue Konferenzmethode für Klein- und Großgruppen. Ein ungewöhnlicher Weg zu besseren Ergebnissen. Paderborn. S. 38
  5. Maleh, Carole (Hg.) (2002a): Open Space: Eine Konferenz der besonderen Art. Einführung. In: Maleh, Carole (Hg.) (Hrsg.) (2002a): Open Space in der Praxis. Erfahrungsberichte: Highlights und Möglichkeiten. Weinheim/Basel, S. 18
  6. Müller, Traute (2002): Ver.di: Die ÖTV vor der Entscheidung. In: Maleh, Carole (Hg.) (Hrsg.) (2002): Open Space in der Praxis. Erfahrungsberichte: Highlights und Möglichkeiten. Weinheim/Basel, S. 33
  7. Petersen, Hans-Christian (2000): Open Space in Aktion. Kommunikation ohne Grenzen. Die neue Konferenzmethode für Klein- und Großgruppen. Ein ungewöhnlicher Weg zu besseren Ergebnissen. Paderborn. S. 36f.
  8. vgl. Petri 2003: S. 183
  9. Stiefel, Michael (2002): Berliner Bürger entwickeln Handlungsvorschläge für ihr Quartier. In: Maleh, Carole (Hg.) (Hrsg.) (2002): Open Space in der Praxis. Erfahrungsberichte: Highlights und Möglichkeiten. Weinheim/Basel, S. 72ff.
  10. Maleh, Carole (Hg.) (2002c): Schlussfolgerungen aus den Open-Space-Beispielen. In: Maleh, Carole (Hrsg.) (2002c): Open Space in der Praxis. Erfahrungsberichte: Highlights und Möglichkeiten. Weinheim/Basel, S. 170
  11. vgl. Petersen 2000: S. 36
  12. vgl. Maleh 2001: 74 ff., vgl. Owen 2001: 89
  13. vgl. Petri 2003: 183
  14. Das Planungsthema muss für die Teilnehmer relevant sein. Auftraggeber und Prozessbegleiter müssen sich bei der Fragestellung im Klaren sein, wohin sie wollen (vgl. Petri 2003: 183).
  15. vgl. Petersen 2000: 37
  16. vgl. Owen 2001: 66
  17. vgl. GmbH 2007: 7
  18. vgl. Owen 2001: 100f.
  19. vgl. Petersen 2000: 71
  20. Maleh 2001: 181
  21. vgl. Petri 2002: 5
  22. vgl. Maleh 2001: 87
  23. vgl. zur Bonsen 2002: 159ff.
  24. Höfliger, Ralph A. (2002): Wandel der Unternehmenskultur und Identität durch großflächigen Veränderungsprozess. In: Maleh, Carole (Hg.) (Hrsg.) (2002): Open Space in der Praxis. Erfahrungsberichte: Highlights und Möglichkeiten. Weinheim/Basel, S. 96
  25. 135
  26. vgl. Maleh 2001: 35
  27. Bösterling, Burkhard/Brünjes, Iris (2002): Open Space. Ein erster Prozessschritt in der Verwaltungsreform. In: Maleh, Carole (Hg.) (Hrsg.) (2002): Open Space in der Praxis. Erfahrungsberichte: Highlights und Möglichkeiten. Weinheim/Basel, S. 157; Frommann, Reinhard (2002): Abschied und Neuanfang. Gekündigte Mitarbeiter des DRK-Berlin im Open Space. In: Maleh, Carole (Hg.) (Hrsg.) (2002): Open Space in der Praxis. Erfahrungsberichte: Highlights und Möglichkeiten. Weinheim/Basel, S. 75; Gerber, Marianne (2002): Institution 2010. Herausforderungen an Alters- und Pflegeheime. In: Maleh, Carole (Hg.) (Hrsg.) (2002): Open Space in der Praxis. Erfahrungsberichte: Highlights und Möglichkeiten. Weinheim/Basel, S. 112
  28. Wimmer, Eva (2002): Vom Schattendasein ins Rampenlicht. In: Maleh, Carole (Hg.) (Hrsg.) (2002): Open Space in der Praxis. Erfahrungsberichte: Highlights und Möglichkeiten. Weinheim/Basel, S. 125
  29. Neuhaus, Helena (2002): Jung und engagiert. Open Space in der Mittelschule. In: Maleh, Carole (Hrsg.) (2002): Open Space in der Praxis. Erfahrungsberichte: Highlights und Möglichkeiten. Weinheim/Basel, S. 149
  30. Fischer, Florian/Kolenaty, Erich (2002): Open Space in Open Air. Abschlussveranstaltung des Sommer- Open-Air-Forums „Brücken für den Frieden“ im Volksgarten Wien. In: Maleh, Carole (Hrsg.) (2002): Open Space in der Praxis. Erfahrungsberichte: Highlights und Möglichkeiten. Weinheim/Basel, S. 47
  31. Maleh, Carole (Hg.) (2002a): Open Space: Eine Konferenz der besonderen Art. Einführung. In: Maleh, Carole (Hg.) (Hrsg.) (2002a): Open Space in der Praxis. Erfahrungsberichte: Highlights und Möglichkeiten. Weinheim/Basel, S. 57
  32. vgl. Wimmer 2002


Quelle[Bearbeiten]

  • Sarcinelli, Ulrich/ König, Mathias/ König, Wolfgang: Bürgerbeteiligung im Rahmen der Kommunal- und Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz. Gutachten zur Bürgerbeteiligung in der Freiwilligkeitsphase. Leitfaden für kommunale Gebietskörperschaften. Universität Koblenz-Landau, Campus Landau Institut für Sozialwissenschaften, Abt. Politikwissenschaft, Juli 2010

Siehe auch[Bearbeiten]