Registergestützte Volkszählung

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Die registergestützte Volkszählung unterscheidet sich von der traditionellen Volkszählung dadurch, dass sie sich im Wesentlichen auf vorhandene Datenbestände konzentriert und weitgehend auf eine Befragung der BürgerInnen verzichtet. Ermöglicht wird dies dadurch, dass in den Ländern das Meldewesen inzwischen vollständig automatisiert ist. Juristische Grundlage ist das am 3.August 2001 in Kraft getretene „Gesetz zur Erprobung eines registergestützten Zensus“.

Kernstück ist die Nutzung vorhandener Verwaltungsregister, insbesondere der gemeindlichen Melderegister und der Bundesanstalt für Arbeit. Da es in Deutschland keine flächendeckenden Gebäude- und Wohnungsregister gibt, werden Hauseigentümer postalisch befragt.

Testphase[Bearbeiten]

Dieser registergestützte Zensus ist statistisches Neuland. Deshalb fanden Testuntersuchungen zum Abgleich mit vorhandenen Daten statt, der Stichtag war der 5. Dezember 2001. Sie fanden wie eine „klassische“ Volkszählung in Form von mündlichen und schriftlichen Befragungen statt. Für die Befragten bestand Auskunftspflicht.

Der sogenannte „Zensustest“ umfasste drei Module:

  • Untersuchung des Einwohnermelderegisters auf Personen, die in mehr als einem Melderegister mit alleinigem Wohnsitz oder Hauptwohnsitz gemeldet sind (Mehrfachfallprüfung)
  • Untersuchung der Einwohnermelderegister auf Karteileichen und Fehlbestände (Registertest)
  • Erprobung unterschiedlicher Verfahren eines registergestützten Zensus (Verfahrenstest).

Um die Aussagekraft der Melderegister festzustellen, wurden in 555 von rund 14.500 zufällig ausgewählten Gemeinden die BewohnerInnen ausgewählter Gebäude von Interviewern zu ihrer Person befragt und mit den vorhandenen Daten abgeglichen. Etwa 0,6% der Bevölkerung – 450.000 Personen – haben Auskunft über Namen, Geburtsdatum, Familienstand, Geschlecht und Wohnungsstatus gegeben. Diese Abfragen sollen beim registergestützten Zensus künftig entfallen. Von diesen 555 Gemeinden wurden wiederum 222 Gemeinden ausgewählt, in denen die Eigentümer von 16.000 Gebäuden per Post zu ihren Gebäuden und Wohnungen befragt wurden

Die so gewonnenen Daten wurden im Jahr 2002 mit vorhandenen Datensätzen abgeglichen. Die in der Erhebung gewonnenen Daten dienen nur der Überprüfung des künftigen Verfahrens. Die Erhebungsunterlagen sind deshalb zum „frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens Mitte 2003 zu vernichten“, letzte Daten müssen spätestens zum 31. März 2007 gelöscht worden sein.

Ergebnisse[Bearbeiten]

  • Gemessen an den Ergebnissen der Haushaltebefragung enthielten die unbereinigten Melderegister zum Stichtag bundesweit einen Anteil von 4,1% Karteileichen bzw. 1,7% Fehlbeständen. Die Länderwerte für die Karteileichenrate schwanken dabei zwischen 2,6% und 8,1%. Mit zunehmender Gemeindegröße steigen sowohl Karteileichenanteile wie die Unterfassung.
  • Darüber hinaus weisen die Melderegister deutlich weniger als 1% Mehrfachfälle auf. Offensichtlich funktionieren die Verfahren im Meldewesen, insbesondere das für die Mehrfachfallprüfung zentrale Verfahren der Rückmeldung. Probleme liegen vor allem im Meldeverhalten der Bürger, das heißt im Unterlassen von An-, Ab- und Ummeldungen.

Die statistischen Ämter des Bundes und Länder sehen als zentrales Ergebnis des Zensustest, dass ein registergestützter Zensus grundsätzlich möglich ist und sich die vorgesehenen statistischen Methoden und Verfahren als geeignet erwiesen haben. Allerdings habe sich auch gezeigt, dass die im Zensustest angewandten Methoden der statistischen Bereinigung nicht ausreichend waren.

Aufgabe der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder war es nach einer endgültigen politischen Entscheidung, das beschlossene Zensusmodell zur Anwendungsreife zu entwickeln. Der erste registergestützte Zensus in Deutschland fand im Rahmen der Zählungsrunde der Europäischen Union 2011 statt (siehe: Zensus 2011).

Kosten[Bearbeiten]

Die geschätzten Kosten des Zensustestes beliefen sich auf 49 Mio. DM bei Bund, Ländern, Gemeinden und der Bundesanstalt für Arbeit. Insgesamt, so schätzen die Statistischen Landesämter, wird sich der Aufwand der neuen Methode gegenüber einer herkömmlichen Volkszählung um mindestens 75% verringern.

Kritik von mehreren Seiten[Bearbeiten]

Der grundsätzliche Konflikt zwischen insbesondere staatlichen Einrichtungen, die möglichst viel Daten erheben wollen, und Datenschützern bleibt auch bei der registergestützten Volkszählung bestehen, wie ein Beispiel verdeutlichen soll: Vor dem Stichtag der Testphase betonte der Deutsche Städtetag den Bedarf der Kommunen an möglichst genauen Einwohnerdaten: „Denn das Meldeverhalten unserer Bürgerinnen und Bürger ist heute vielfach nicht so, wie es sein müsste, um zu durchwegs befriedigenden Ergebnissen zu kommen. Einige melden sich nicht korrekt an (das sind insbesondere Personen, die eine große Mobilität aufweisen, vorzugsweise junge Erwachsene, Studenten), andere melden sich nicht ab (insbesondere Ausländer, die Deutschland verlassen und aus ausländerrechtlichen Gründen von einer Abmeldung absehen bzw. diese einfach vergessen).“ Hier setzt genau die Kritik auf Seiten der Datenschützer an: „Gerade durch die Befragung der Wohnungseigentümer laufen nicht nur diejenigen Gefahr, die nicht dort wohnen, wo sie gemeldet sind, sonder auch sogenannte Illegale, in die Mühlräder der Registrierung und den daraus resultierenden Folgen zu kommen.“

Siehe auch[Bearbeiten]