Staat und Politik
Angaben zur Literatur:
Autor(en): Rainer Rotermundt
Staat und Politik
Verlag: Westfälisches Dampfboot
Ort: Münster
Erscheinungsjahr: 2008
Seitenzahl: 202
Preis: 14,90 €
ISBN 978-3-89691-696-9
Rezension von Gerald Munier (Bielefeld, Januar 2009)[Bearbeiten]
Das in der verlagseigenen Reihe „Einstiege“ als Band 4 erschienene Buch bietet eingangs solide Ausführungen zu den Staatstheorien von der Antike bis zum Mittelalter und geht dann in die Neuzeit über zu Machiavelli, Hobbes, Locke, Rousseau, Robespierre bis hin zu Kant und Hegel. Der an der FH Düsseldorf lehrende Politikwissenschaftler Rotermundt ordnet jeder der genannten Geistesgrössen erhellende Zitate zu, so dass sich insbesondere das früh-bürgerliche Staatsdenken hervorragend erschließen lässt.
Umso enttäuschender die Ausführungen zur marxistischen Staatstheorie: Rotermundt scheint hier vor lauter Ehrfurcht vor Marx förmlich zu erstarren und ergeht sich in peinlichen Sätzen, wie, dass wer Marx aus einem tieferen Verständnis Hegels heraus lesen würde, „eine Welt entdecken“ (S. 109) könne. Solche Lobpreisungen – ohne den dafür notwendigen, argumentativen Hintergrund zu liefern – haben eigentlich in einer Einführungsschrift nichts verloren und sind auch keine wirkliche Empfehlung für eine „neue“ Marx-Lektüre.
Nach einer kritischen Abhandlung zur Staatstheorie der Arbeiterbewegung umreißt der Autor in einem umfassenden Kapitel den auch von den Nationalsozialisten geschätzten Denker Carl Schmitt. Wieso und warum sein Blick ausgerechnet auf diesen umstrittenen Politologen fällt, wird nicht ganz einsichtig, zumal es ja im 20. Jahrhundert noch allerhand andere Staatstheoretiker gegeben hat, die in dem Buch nicht erwähnt werden. Auch die merkwürdige Schlussinterpretation über die Perspektiven von Staat und Politik befremdet, etwa die Aussage, dass sich „Helmut Kohl kaum von August Bebel“ (S. 161) unterscheide in der Annahme, die Wirtschaft sei das Entscheidende für Staat und Gesellschaft. Natürlich ist die Wirtschaft immer entscheidend für Staat und Gesellschaft, in allen Epochen der bisherigen Menschheitsgeschichte – was denn sonst!? Aber die Wirtschaftsordnung, die August Bebel dabei im Auge hatte, hat nun wirklich nichts mit der neoliberalen Marktwirtschaft zu tun, für die der ehemalige CDU-Kanzler stand.