Thüringer Kommunalordnung: Mehr Transparenz und Beteiligung?

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In Thüringen wird derzeit (Juli 2020) über eine Änderung der Kommunalordnung debattiert. Anlass der Debatte war zunächst die Erfahrung, dass in der Corona-Krise Online-Sitzungen wie auch Eilentscheidungen von Bürgermeister/innen eine wichtige Rolle spielten. In der Debatte um eine Novellierung zeigen sich aber jetzt tiefe Meinungsverschiedenheiten zwischen den Fraktionen im Landtag zu Fragen von Mitsprache der Bürger*innen und Transparenz des kommunalen Handelns.

Gesetzentwurf: Mehr Beteiligung und Transparenz[Bearbeiten]

So sieht der Gesetzentwurf der rot-rot-grünen Koalition[1] für Gemeinden und Kreise Schritte zum Ausbau von Beteiligung und Transparenz vor, insbesondere:

  • Einwohnerfragestunde in öffentlichen Gemeinderatssitzungen
  • Öffentliche Auslegung von Satzungsentwürfen vor der Beschlussfassung
  • erweiterte Auskunftsrechte der Gemeinderatsmitglieder
  • erweiterte Akteneinsichtsrechte für den Gemeinderat
  • Jährliche Berichte der Bürgermeister*in bzw. der Landrät*in auch über Angelegenheiten, die in ihre alleinige Zuständigkeit fallen
  • Fraktionszuwendungen in Gemeinden ab 6.000 Einwohner*innen
  • außer dem Ausländerbeirat können auch andere Beiräte gebildet werden
  • Verbesserungen der Kinder- und Jugendbeteiligung (ohne Vorgaben zu den Verfahren)
  • verbesserte Beteiligung kleiner Fraktion an Ausschüssen (ggf. ohne Stimmrecht) und ein Recht größerer Fraktionen auf Zuziehung von Sachverständigen; generelle Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen
  • Möglichkeit der elektronischen oder schriftlichen Beschlussfassung, wenn die Hälfte der Gemeinderatsmitglieder dem Verfahren zustimmt und nach öffentlicher Bekanntgabe der Angelegenheit
  • Einschränkung des Eilentscheidungsrechts des*der Bürgermeister*in auf Fälle, in denen eine Gemeinderatssitzung weder als Dringlichkeitssitzung noch als Online-Termin möglich ist.

Weitere Änderungen beziehen sich auf das Haushaltsrecht und das Recht der kommunalen Unternehmen; so sind von der Gemeinde entsandte Aufsichtsratsmitglieder - sofern gesetzlich zulässig - an Beschlüsse der Gemeinde gebunden. Der kommunale Beteiligungsbericht kann von Einwohner*innen eingesehen werden, ebenso die Prüfung der Jahresabschlüsse und der Jahresrechnung.

CDU: Beteiligung bedeutet Bürokratie[Bearbeiten]

CDU und FDP haben Gegenentwürfe vorgelegt. Die CDU kritisiert dabei vor allem die Ausweitung der Bürger*innen-Beteiligung als Weg zu mehr Bürokratie. Der CDU-Fraktionvorsitzende Mario Voigt sagte dem MDR, die Koalitionsvorschläge seien ein "Paket zur Entmachtung der Bürgermeister". Die CDU möchte vor allem die Stellung von Bürgermeister*innen und Landrät*innen in Pandemiefällen stärken und ihre Entscheidungen rechtlich absichern.[2] Auch die FDP konzentriert sich in ihrem Entwurf auf die Möglichkeit, auch in Krisensituationen Entscheidungen ggf. im elektronischen oder schriftlichen Verfahren oder im Hauptausschuss zu fällen; zudem soll der Bürgermeister bzw. Landrat den Katastrophenfall im Einvernehmen mit dem zuständigen Ministerium feststellen dürfen.

Die Gesetzentwürfe wurden zunächst in den Innen- und Kommunalausschuss überwiesen und die kommunalen Spitzenverbände um schriftliche Stellungnahmen gebeten. Ob eine öffentliche Anhörung stattfindet, stand Ende Juli 2020 noch nicht fest.

Fußnoten[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]