Wiesbadener Erklärung zur Stadt von morgen

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Aus Anlass der zweitägigen Konferenz „shifting realities – Die Transformation der Stadt nachhaltig gestalten“ am 22.07.2022 in Wiesbaden übergab die Präsidentin der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen (AKH) Brigitte Holz die „Wiesbadener Erklärung zur Stadt von morgen: gerecht, grün und produktiv“ an den Hessischen Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Bündnis 90 / Grüne). Ausgangspunkt ist die Frage, wie die vom Land Hessen angestrebte Klimaneutralität bis 2045 erreicht werden kann, und die Erkenntnis, dass dabei Städte und Kommunen eine Schlüsselrolle einnehmen. Aufgrund des fortschreitenden Klimawandels, aber auch anderer Krisen wie dem Krieg in der Ukraine sehen die Autor*innen besonderen Handlungsdruck. Die Autor*innen sehen die wichtigste Leitlinie dafür in der Neuen Leipzig Charta von 2020 und ihren Handlungsdimensionen, nämlich der gerechten, grünen und produktiven Stadt.

Ein Schlüssel hierfür, so die Wiesbadener Erklärung, liegt im sektorenübergreifenden Denken und Handeln mit dem Ziel einer integrierenden Betrachtung von Siedlungs-, Freiraum- und Verkehrsentwicklung. Hierfür braucht es Beteiligung und Koproduktion. Die Autor*innen fordern auf Landesebene ein "Zukunftsbündnis Kooperative Stadt" unter Leitung des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen. Anschließend werden zu einzelnen Aspekten die Herausforderungen benannt und Lösungsansätze vorgeschlagen.

Unter der Überschrift "Die gerechte Stadt" plädiert die Erklärung für

  • eine integrierte Planung der Siedlungs-, Freiraum- und Verkehrsentwicklung.
  • die Förderung einer kommunalen Bodenvorratspolitik durch landesgestützte Bodenfonds.
  • eine vorausschauende, interkommunal abgestimmte Entwicklung von Wohn- und Gewerbeflächen.
  • eine transparente Abwägung von Interessen.
  • eine quartiersbezogene energetische Bilanzierung.
  • ausreichend öffentlich zugängliche Freiräume und Bildungseinrichtungen in den Quartieren.
  • einen Paradigmenwechsel weg von der autogerechten Stadt hin zur mobilitätsgerechten Region.
  • mehr Suffizienz in der Planung z.B. durch Stärkung von Sharing-Konzepten.
  • eine langfristige, verlässliche Bereitstellung attraktiver Fördermittel.
  • ein eigenständiges Förderprogramm für gemeinnützige Rechtsformen im Wohnungsbau.
  • die Vergabe von landeseigenen Liegenschaften nach Konzeptverfahren mit Vorbildfunktion.

Im zweiten Teil "Die grüne Stadt" werden folgende Lösungsansätze genannt:

  • ein differenziertes Bewusstsein für Klimaschutz und Klimaanpassung in der Stadtgesellschaft.
  • verbindliche Standards nachhaltiger Stadtentwicklung in den Kommunen.
  • typologisch ausgerichtete Pilotprojekte zur Verdeutlichung und Diskussion neuer Standards.
  • die Sicherung bestehender Grünräume, ihre Erweiterung und Vernetzung.
  • ein Sichtbarmachen der Potenziale und Qualitäten klimaresilienter Stadtentwicklung.
  • die Umsetzung räumlich, zeitlich und sektoral integrierter Konzepte.
  • einen höheren Stellenwert des Klimaschutzes vergleichbar dem Artenschutz im BauGB.
  • eine neue Ausrichtung der Förderstruktur und der Fördervoraussetzungen mit Selbstverpflichtung zur Qualitätssicherung.

Der dritte Abschnitt "Die produktive Stadt" schlägt vor:

  • ein umfassenderes (Planungs-)Verständnis der Chancen, der vielfältigen Ausdrucksformen und erforderlichen Raumtypologien einer produktiven Stadt.
  • eine „Sowohl-als-auch“-Strategie, die die Weiterentwicklung und den Umbau vorhandener Produktions- und Dienstleistungsstandorte genauso fokussiert wie die Planung neuer Standorte im Nutzungsmix.
  • mehr Mut für Zwischennutzungen und Experimente, Raum für Koproduktion und Partizipation.
  • Konzeptverfahren, die innovative Wohn- und Arbeitsformen verfolgen.
  • die Vorbildfunktion des Landes bei der Entwicklung landeseigener Liegenschaften.
  • eine programmatische Ausrichtung und Erweiterung der (Städtebau- und Innenstadt-)Förderung auf Standorte der Produktion im Sinne von Innovationsquartieren.
  • eine Fortschreibung der gesetzlichen Rahmenbedingungen (BauNVO, TA-Lärm u.a.), um den Umbau bestehender Strukturen zu einer produktiven Stadt der Zukunft zu ermöglichen.

Weblinks[Bearbeiten]