Beleidigt und bedroht

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Angaben zur Literatur:

Cover Beleidigt und Bedroht.jpg

Autor(en): Selina Alin, Dr. Sebastian Bukow, Jana Faus und Stefanie John

Hrsg: Heinrich-Böll-Stiftung
Beleidigt und bedroht

Verlag: Eigenverlag
Ort: Berlin
Erscheinungsjahr: 2021
Seitenzahl: 64
Preis: kostenlos
ISBN 978-3-86928-228-2

Bezug: Download oder Bestellung hier

Vollständiger Titel[Bearbeiten]

Beleidigt und bedroht. Arbeitsbedingungen und Gewalterfahrungen von Ratsmitgliedern in Deutschland

Inhalt[Bearbeiten]

  1. Einleitung
  2. Studiendesign und Methodik
  3. Analytischer Rahmen: Gewaltdimensionen im politischen Alltag
  4. Arbeitsbedingungen und besondere Herausforderungen des politischen Ehrenamts
  5. Gewalterfahrungen
  6. Diskussion über wahrgenommene Ursachen von Gewalt
  7. Persönlicher Umgang mit und angewandte Strategien gegen Gewalterfahrungen
  8. Ausblick: Lösungsansätze für den Umgang mit Gewalt gegen Kommunalpolitikerinnen und -politiker
  9. Literatur

Rezension von Wolfgang Pohl[Bearbeiten]

Viele Mandatsträger*innen auf der kommunalen Ebene machen Erfahrungen mit Beleidigungen und Bedrohungen, sei es in sozialen Netzwerken, in der Öffentlichkeit oder auch bis in die Privatsphäre hinein. Häufig geht es dabei um verbale Attacken, nicht selten aber auch um konkrete Bedrohungen und tätliche Angriffe, von denen gelegentlich auch das persönliche Umfeld betroffen ist (siehe hierzu den Artikel Hass-Angriffe auf Kommunalpolitiker/innen).

Um einen systematischen Überblick über Formen und Häufigkeit der Bedrohungen zu erhalten, haben die Autor*innen der Studie 288 Kommunalpolitiker*innen kontaktiert und letztlich mit 50 von ihnen ausführliche telefonische Interviews geführt. Dabei wurde darauf geachtet, dass große, mittlere und kleine Gemeinden aus Ost- und Westdeutschland vertreten sind. Gefragt wurde nach Gewalterfahrungen, wobei als Gewaltdimensionen Beleidigung, Bedrohung, tätlicher Übergriff und soziale Ausgrenzung unterschieden wurden.

42% der ursprünglich Kontaktierten konnten von Gewalterfahrungen berichten. Unter diesen haben nahezu alle Beleidigungen erlebt, knapp die Hälfte konkrete Bedrohungen, die oft die Privatsphäre und die Familie erreichen. Ein Drittel war von tätlichen Übergriffen betroffen. Frauen erleben darüber hinaus auch sexualisierte verbale Gewalt und Angriffe, die sich gegen sie als Frau richten.

Die Studie berichtet jedoch nicht nur über gemachte Erfahrungen, sondern fragt nach den Ursachen der zunehmenden Gewalt. Diese können in allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklungen (Polarisierung) liegen, in konkreten im Rat behandelten Themen oder in der Parteizugehörigkeit der Mandatsträger*in und entsprechenden Feindbildern. Ausführlich wird der jeweilige persönliche Umgang mit Gewalterfahrungen reflektiert, wobei individuelle, institutionelle, öffentlichkeitsorientierte und justizielle Ansätze unterschieden werden.

Im Schlusskapitel werden Lösungsansätze für den Umgang mit Gewalt diskutiert. Diese konkret beschriebenen Ansätze können angehenden und aktiven Mandatsträger*innen helfen, eine eigene Strategie zu entwickeln; teilweise müssen sie aber institutionell umgesetzt werden, wenn es um die Debattenkultur, Empowerment, Beratung und Training geht. Gefordert wird schließlich auch eine konsequente strafrechtliche Verfolgung von Gewalt gegen Kommunalpolitiker*innen und eine bundesweite Online-Plattform sowie eine Aufklärungskampagne über das kommunale Ehrenamt.

Die Studie arbeitet ein aktuelles Problem systematisch auf. Neben der klar strukturierten Analyse geht sie vor allem dadurch über andere Auseinandersetzungen mit dem Thema hinaus, dass sie sowohl individuelle wie auch politische Handlungsmöglichkeiten benennt und Vorschläge für einen besseren Umgang mit dem Problem der Gewalt gegen Mandatsträger*innen macht. Denn die Gefahr ist real, dass sich Engagierte aus der aktiven Politik zurückziehen und es immer schwerer wird, neue Interessierte für ein lokalpolitisches Engagement zu begeistern.

Siehe auch[Bearbeiten]