Globale Commons
Die Begrenztheit der natürlichen Ressourcen unserer Erde ist eine wesentliche Ursache für die zunehmende Bedeutung der Commons. Viele halten die Idee der Gemeingüter für eine Art "nachhaltiges Ressourcenmanagement". Das ist nicht ganz falsch, ist aber nicht genung. Denn, wie hier schon ausführlich behandelt: Commons bedeuten vor allem eine soziale Beziehung im Verhältnis zu Ressourcen. Wenn wir von Commons sprechen, geht es nicht in erster Linie um Ressourcen, sondern es geht um Menschen, es geht um uns.
Wenn wir das mitdenken, dann können wir beginnen zu überlegen, ob wir - alle Menschen dieser Erde gemeinsam - in der Lage sind, mit natürlichen Ressourcen so umzugehen, dass genug für alle da ist und dass wir auch unseren Nachkommen noch genug übrig lassen. Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist die "Knappheit". Es wird ja heute davon ausgegangen, dass grundsätzlich alles knapp ist. Natürliche Ressourcen sowieso, aber auch Arbeitsplätze, Zeit oder Wissen. Und darum muss man möglichst alles zu Waren machen und über den Marktmechanismus verteilen. Denn der Markt gilt als bestes Instrument zur gerechten Verteilung knapper Güter. Dass das nicht funktioniert, das haben die letzten Jahrzehnte zur Genüge bewiesen. In der Commons-Diskussion sagen wir aber: Knappheit ist nicht naturgegeben. Ob etwas knapp wird, hängt davon ab, wie wir es organisieren. Die Privilegierung des Privateigentums ist eine wesentliche Ursache für die Herstellung von Knappheit.
Die Frage ist dann, wie können wir uns so organisieren, dass die Dinge die wir haben, für alle ausreichen, ja dass es vielleicht sogar möglich ist, in dem einen oder anderen Bereich Überfluss herzustellen, also, dass wir mehr haben als wir brauchen und ein "Gutes Leben" für alle möglich wird.
Wenn wir das nun auf die globalen Commons beziehen, dann sprechen wir von Dingen wie der Atmosphäre, also von Klimaschutz und Reduktion des CO2-Ausstoßes, vom Ausstieg aus der fossilen Energie. Wir sprechen aber auch von Dingen wie Wasser, fruchtbarem Ackerboden, Schutz der Biodiversität, Erzen und Mineralien, usw. Und es ist klar, dass nicht alle Menschen dieser Welt gemeinsam Regeln aushandeln können. Es ist auch klar, dass es für Menschen in Deutschland etwas anderes bedeutet, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, als für Menschen in Ecuador.
Eine wichtige Erkenntnis ist, dass wir auch globale Commons nur auf lokaler und regionaler Ebene erhalten können, wie hier im Commonsblog berichtet. Das bedeutet, es kann nicht eine Regel für alle geben, sondern Menschen müssen Möglichkeiten finden, die jeweils ihren lokalen Gegebenheiten und ihrer Kultur angepasst sind. Und diese vielen kleinen Einheiten müssen sich dann auf einer höheren Ebene wieder abstimmen. "Polycentric Governance" nennen das die CommonsforscherInnen, also nicht ein Zentrum, von dem aus alles entschieden wird, sondern viele Zentren, in denen Gesellschaft von unten nach oben gestaltet wird. Leider gibt es darüber bisher nur englische Texte, z.B. hier oder hier.
Was heißt das nun in der Praxis? Ich versuche es mal am Beispiel des Ausstiegs aus der fossilen Energie:
Es müsste ein globales Abkommen zwischen Staaten geben, wie es etwa der WBGU-Ansatz ist. Also, jeder Mensch bekommt praktisch seinen Anteil an erlaubtem CO2-Ausstoß zugeteilt, Entwicklungsländer können ihre Anteile auch verkaufen, um Geld für Investionen in erneuerbare Energien zu bekommen (natürlich nicht über die Börse, so wie jetzt die Emissionszertifikate). Dann müssen Menschen in der ganzen Welt überlegen, wie sie das in ihren Regionen umsetzen können. Da gibt es nun zwei Vorschläge, wie das in unterschiedlichen Regionen ausschauen könnte.
Aus Ecuador kommt die Yasuni ITT Initiative: Ein großers Erdöllager unter einem Regenwald soll unangetastet bleiben, um die Artenvielfalt und den Wohnraum für die indigene Bevölkerung zu erhalten und damit gleichzeitig die CO2-Emissionen zu beschränken. Dafür soll Ecuador eine finanzielle Entschädigung für den Einnahmenentgang erhalten und verpflichtet sich, dafür in erneuerbare Energien zu investieren.
Als Gegenstück in den Industrieländern kann das Modell der Transition-Towns dienen, wo Menschen gemeinsam Lebensformen entwickeln, die sie von fossiler Energie unabhängig machen. Und es gibt noch viele weitere ähnliche Initiativen, vor allem in ländlichen Regionen. Hier z.B. in der Steiermark in Österreich, ähnliche Beispiele in Deutschland gibt es sicher auch.
Hier sehen wir, wie einzelne sehr unterschiedliche, regionale Lösungen zu einem gemeinsamen globalen Ziel beitragen können und trotzdem von den Menschen selbst gestaltet werden. Das geht nur, wenn Regierungen solche Projekte unterstützen und die von den BürgerInnen selbst erarbeiteten Regeln auch anerkennen. Aktuelles Beispiel für Klimapolitik von unten in Deutschland: die Plattform "Klima der Gerechtigkeit"
--Brigitte Kratzwald 10:46, 10. Feb. 2011 (CET)