Globale Umweltpolitik und Internationalisierung des Staates
Angaben zur Literatur:
Autor(en): Ulrich Brand
Globale Umweltpolitik und Internationalisierung des Staates
Verlag: Westfälisches Dampfboot
Ort: Münster
Erscheinungsjahr: 2010
Seitenzahl: 236
Preis: 24,90 €
ISBN 978-3-89691-768-3
Vollständiger Titel[Bearbeiten]
Globale Umweltpolitik und Internationalisierung des Staates – Biodiversitätspolitik aus strategisch-relationaler Perspektive
Aus dem Inhalt[Bearbeiten]
- Ulrich Brand: Internationale Umweltpolitik aus strategisch-relationaler Perspektive erforschen. Zur Problemstellung der Studie
- Daniela Just/Nicole Kornherr/Romana Litzka/Lukas Oppermann: Odyssee des internationalen ABS-Regimes. Eine Analyse struktureller Probleme und asymmetrischer Kräfteverhältnisse
- Stephan Strasser/Jakob Redl: Verhandlungen und Positionsfindungen im Rahmen der CBD aus strategisch-relationaler Perspektive. Das Beispiel der Europäischen Union
- Moritz Voges/Petra Biberhofer: Neue Macht des Südens? Die Politisierung internationaler Biodiversitätspolitik durch die Like-Minded Group of Megadiverse Countries
- Matthias Galan/Alexandra König/Lida Moldovan: Strategisch-relationales Handeln im erweiterten internationalisierten Staat. Zivilgesellschaftliche Akteure und die Konvention über biologische Vielfalt
- Alice Vadrot/Christine Heumesser/Matthias Ritzberger: Wissenschaft als Instrument und Akteur. Die Diskussionen um ein Science-Policy Interface
Rezension von Dieter Emig (Karlsruhe)[Bearbeiten]
Seit 19 Jahren, seit der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992, wird in mittlerweile 10 internationalen Konferenzen über Biodiversität verhandelt. Grob skizziert: Die Länder des Nordens wollen die biologischen Ressourcen der Länder des Südens nutzen und ökonomisieren. Die Länder des Südens wehren sich gegen Ausbeutung, wollen die Ressourcen selbst nutzen oder für überlassene Nutzung entsprechenden Ausgleich haben. Bei den Verhandlungen ziehen die Länder des Nordens alle Register, um ihre faktische Hegemonie in Verhandlungsergebnisse umzusetzen.
In der Terminologie der Autor/innen geht es in diesem Forschungsprojekt der Universität Wien darum "nachzuzeichnen, wie sich Machtstrukturen in den Diskurs über Biodiversität einschreiben". Man kann schon ahnen, es geht nicht nur um das Thema Biodiversität, es geht auch um Theorie. Doch dazu später. Erstmal konkret, wie die Länder des Nordens in den Verhandlungen ihre Hegemonie durchzusetzen versuchen. Einmal über die verordnete Verhandlungssprache Englisch. Die wird von den Ländern des Südens unterschiedlich gut beherrscht. Zudem über zahlen- und kompetenzmäßig überlegene Delegationen. Da wird mal in nächtlichen Verhandlungen unter Zeitdruck eine Handvoll Delegierte der Länder des Südens von einem Heer von Nord-Delegierten bis zur Erschöpfung totverhandelt. Letztes Beispiel ist die Ressource Wissen und Wissenschaft. Die nördlichen Industrieländer setzen ihr überlegenes wissenschaftliches Potential rigoros dazu ein, den Ländern des Südens „objektiv wissenschaftlich“ nachzuweisen, dass ein möglichst ungehinderter, „freier“ Zugang zu ihren Bio-Ressourcen im allgemeinen Interesse läge. Soweit und in einigem mehr ist dieser Forschungsbericht sehr erhellend.
Wichtig aber auch. Dieses Werk ist ein Versuch, die neo-marxistische Staatstheorie weiter zu entwickeln – mittels der „strategisch-relationalen Perspektive“. Ähnlich fremdklingend, ja schier hermetisch im Sprachduktus präsentiert sich dieser u. a. Foucault und Gramsci einbeziehende Theorieansatz. Bedauerlich, weil im Ergebnis durchaus ernst zu nehmen.
Fazit: Wer sich für neo-marxistische Weiterentwicklungen und das Objekt-Thema Biodiversität interessiert, ist mit diesem Buch sehr gut aufgehoben. Wer sich nur für das eine (Historie der internationalen Biodiversitätsdiskussion) oder die Weiterentwicklung neo-marxistischer Staatstheorie interessiert, darf gern öfter mal überblättern – durchaus ein bewährter Bestandteil von Lesekompetenz.