Klima-Bündnis
Das "Klima-Bündnis der europäischen Städte mit indigenen Völkern der Regenwälder" wurde 1990 gegründet, um ein Zeichen für den Schutz des Klimas und die Erhaltung der Regenwälder zu setzen. Die etwa 1.800 im Bündnis zusammengeschlossenen europäischen Kommunen und Regionen (Stand: 2021) verpflichten sich, alle fünf Jahre die Pro-Kopf-CO2-Emissionen ihrer Stadt um je 30 Prozent zu senken, mit einer Halbierung, gemessen an 1990, bis spätestens 2030, auf die Nutzung von Tropenholz zu verzichten und die indigenen Völker der Regenwälder, vertreten durch den Dachverband COICA, politisch und materiell zu unterstützen. Dabei werden die Kommunen von der Geschäftsstelle des Bündnisses beraten und können sich bei regelmäßigen Veranstaltungen untereinander austauschen. Die Verbindung von klimapolitischen Zielsetzungen und praktischer Solidarität mit den indigenen Völkern durch Projekte vor Ort macht eine enge Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltungen und Nicht-Regierungsorganisationen notwendig, was die politische Verbindlichkeit der klimapolitischen Selbstverpflichtung erhöht. Auf Ebene der Europäischen Union betreibt das Klima-Bündnis Lobbyarbeit für die Umsetzung seiner Ziele.
Dokumente und Selbstverpflichtungen[Bearbeiten]
Frühere Dokumente[Bearbeiten]
Im Gründungsdokument, dem "Manifest europäischer Städte zum Bündnis mit den indigenen Völkern der Regenwälder" aus dem Jahr 1990,[1] verpflichten sich die europäischen Mitglieder, "durch Senkung des Energieverbrauchs und die Verringerung des motorisierten Verkehrs dazu beizutragen, dass die Belastung der Atmosphäre abnimmt und dadurch die Lebensbedingungen für zukünftige Generationen erhalten bleiben". Ziel sei es, "die Emissionen von CO2 bis zum Jahr 2010 zu halbieren und später schrittweise zu senken".
Im Jahr 2000 folgte die "Erklärung von Bozen".[2] Darin wird zunächst das Ziel der Halbierung der CO2-Emissionen bekräftigt; zusätzlich werden "kurz- und mittelfristige Ziele" als erforderlich bezeichnet. Die Mitglieder verpflichten sich, ihre "Spielräume zur Senkung der CO2-Emissionen in den vorhandenen Handlungsfeldern auszuschöpfen". Mittelfristig streben sie weitergehende Reduktionen der Klimagase an, als sie von den Industriestaaten (zu jenem Zeitpunkt) vereinbart waren. Als Handlungsfelder werden dabei benannt: Energie, Verkehr, Stadtentwicklung, Beschaffung, Entsorgung (Abfall und Entwässerung), Land- und Forstwirtschaft, Tourismus. Weiterhin sollen Privathaushalte sowie öffentliche und private Betriebe einbezogen und soziale Gruppen partizipativ beteiligt werden. Die Handlungsfelder sollen in Lokale Agenda 21-Prozesse integriert werden; auch der Erhalt der biologischen Vielfalt sowie neue Lebens- und Wirtschaftsweisen in Bezug auf Mobilität, Konsum und Lebensstil werden benannt. Zudem soll auf Stoffe verzichtet werden, die die Ozonschicht schädigen. Die Rechte indigener Völker, Dialogprozesse mit ihnen, ihre Projekte und Partnerschaften sollen unterstützt werden. Schließlich will das Bündnis auf Tropenholz aus Raubbau und Primärwäldern verzichten und den Schutz der Regenwälder unterstützen. Zusätzlich werden - unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Mitgliedskommunen - auch methodische Schritte benannt: kurz- und mittelfristige Zielsetzungen sowie Einzelziele, um Fortschritte überprüfen zu können, Aufstellung und Umsetzung von Aktionsprogrammen, Instrumente zur Erfolgskotrolle sowie Einflussnahme auf europäische und weltweite Gremien.
2016 wurden neue Minderungsziele vereinbart:
- Kontinuierliche CO2-Reduktion um 10 % alle 5 Jahre;
- Halbierung der CO2-Emissionen / Kopf bis 2030 (Basisjahr 1990);[3]
- Langfristiges Ziel von 2,5 t CO2-Emissionen/Einwohner/Jahr
2021: Erklärung von Wels[Bearbeiten]
2021 folgte schließlich die "Charta der Klima-Bündnis-Mitglieder" (Erklärung von Wels).[4] In der Einleitung stellt das Bündnis fest, dass es bei vielen kommunalen Zielsetzungen "eine große Lücke zwischen den politischen Bekundungen und der tatsächlichen Umsetzung von Maßnahmen" gibt. Zudem betten viele Kommunen ihre Klimaschutzstrategien in einen umfassenderen Ansatz einer nachhaltigen Entwicklung ein; daher gehe es nicht mehr nur um CO2-Reduktion, die Zielsetzungen müssten erweitert werden.
Die oben genannten Reduktionsziele von 2016 werden bestätigt; dabei bezieht sich das Klima-Bündnis auf das zentrale Ziel des Pariser Abkommens, die globale Erderwärmung auf möglichst 1,5 °C, maximal aber 2 °C zu begrenzen. Zudem verweist das Klima-Bündnis darauf, dass inzwischen viele Kommunen den Klimanotstand ausgerufen haben, verbunden mit ambitionierten Klimaschutzzielen. Ebenso werden weitere, zuvor schon getroffene Selbstverpflichtungen bekräftigt:
- Verzicht auf die Verwendung von Tropenholz, insbesondere aus illegalem Holzeinschlag, in der öffentlichen Beschaffung;
- Maßnahmen zu ergreifen, die die biologische Vielfalt der Regenwälder erhalten und gleichzeitig die Rechte derjenigen garantieren, deren Lebensgrundlage von diesen Wäldern abhängt;
- Unterstützung der Rechte der indigenen Völker, als bestmögliche Verwalter der Regenwälder, in nationalen und internationalen Strategien und Vereinbarungen;
- Erleichterung des Dialogs zwischen indigenen Völkern, Regierungen, dem Privatsektor und internationalen Institutionen über eine ökologisch und sozial nachhaltige Nutzung der Tropenwälder.
Anschließend werden die bisherigen Verpflichtungen ergänzt. Das Klima-Bündnis hält es für dringend erforderlich, ab 2020 die CO2-Reduktionsrate von 10% auf 30% zu erhöhen, mit dem Ziel, bis 2050 eine Reduktion von mindestens 85% zu erreichen. Für die Kontrolle dieser Ziele hat das Klima-Bündnis Monitoring-Grundsätze aufgestellt.[5] Weiterhin werden einige Prinzipien genannt, die Grundlage des Handelns sein sollen:[6]
- Fairness
- Naturkonformität
- Lokalität/Regionalität
- Ressourcenschonung
- Vielfalt
Das Klima-Bündnis warnt vor der unreflektierten Verwendung von Begriffen wie "Klimaneutralität" oder "Netto-Null"; sie könnten "Instrumenten und Strategien den Weg ebnen (...), die allein auf großtechnischen Lösungen (technischen Senken) basieren." Stattdessen rät das Klima-Bündnis, eher Begriffe wie "Nullemissionen", "100% erneuerbar" oder 100% Potenzialausschöpfung" zu verwenden. Um beim Weg zur "Klimaneutralität" auch die Klimagerechtigkeit zu wahren, werden einige Empfehlungen genannt:[7]
- Eine 100% regenerative Kommune werden und lokale und regionale Potenziale nutzen in Zusammenarbeit mit lokalen Akteur*innen, insbesondere Bürger*innen, aber auch kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und anderen Kommunen in der Region;
- Fokus auf effektive Klimaschutzmaßnahmen. Natürliche Kohlenstoffsenken sind gegenüber Zertifikaten und Techniken zur Kohlenstoffspeicherung zu bevorzugen;
- Entwicklung einer Suffizienzstrategie, um unnötigen Verbrauch von Ressourcen und Gütern vor Ort zu reduzieren und idealerweise zu vermeiden;
- Verzicht auf Tropenholz und generell auf Holz, das aus Raubbau oder tropischen Primärwäldern stammt, sowie auf Palmöl und Soja aus Anbaugebieten in Regenwaldgebieten in der kommunalen Beschaffung;
- Unterstützung der Einführung eines europaweiten CO2-Preises;
- Bekämpfung der Energiearmut;
- Einbindung der Bürger*innen durch frühzeitige und transparente Einbeziehung in die Transformationsprozesse, eine intensive Kommunikation sowie die Bewusstseinsbildung für nachhaltige Entwicklung;
- Verantwortung für Klimagerechtigkeit und einen gerechten Transformationsprozess übernehmen; dies bedeutet sowohl die Beachtung der Menschenrechte als auch die Rechte der Natur bei der Formulierung und Umsetzung von Lösungsstrategien.
Das Klima-Bündnis erkennt an, dass Kommunen auf viele Faktoren keinen direkten Einfluss haben. Umso wichtiger seien starke Allianzen und globale Partnerschaften. Im letzten, ausführlichsten Kapitel der Charta werden konkrete Hinweise für die Umsetzung der Empfehlungen gegeben.
Die Abfolge der grundlegenden Dokumente und Selbstverpflichtungen zeigt, wie das Bündnis gewachsen ist - nicht nur zahlenmäßig, sondern auch in der Formulierung der Ziele und Strategien.
Fußnoten[Bearbeiten]
- ↑ Klima-Bündnis, Manifest europäischer Städte zum Bündnis mit den indigenen Völkern der Regenwälder, 1990 (pdf-Format, 1 Seite)
- ↑ Klima-Bündnis, Erklärung von Bozen, 2000 (pdf-Format, 6 Seiten)
- ↑ Damit wird eingestanden, dass das ursprünglich (1990) anvisierte Ziel einer Halbierung bis 2010 nicht erreicht wurde
- ↑ Klima-Bündnis: Erklärung von Wels: Charta der Klima-Bündnis-Mitglieder, 08.09.2021 (pdf-Format, 21 Seiten); ergänzend dazu gibt es ein Hintergrundpapier Häufig gestellte Fragen zur Charta der Klima-Bündnis-Mitglieder (pdf-Format, 2 Seiten)
- ↑ Climate Alliance: CO2 Accounting & Monitoring - A Long Standing Pillar of Climate Alliance’s Work, Positionspapier (2017, englisch, pdf-Format, 4 Seiten)
- ↑ Siehe ausführlich in der Charta, S. 8 f.
- ↑ Siehe auch hier die ausführliche Formulierung in der Charta, ab S. 10
Weitere Informationen[Bearbeiten]
- Homepage des Klima-Bündnis
- Interview mit Andreas Wolter (Grüne), Bürgermeister von Köln und Vorsitzender des Klima-Bündnis: Klimaschutz: Kommunen schaffen es nicht allein, WDR, 11.07.2019
- Mayer-Ries, Jörg (1999): Globalisierung lokaler Politik. Das «Klima-Bündnis» europäischer Städte mit den indigenen Völkern Amazoniens, Wiesbaden, ISBN 978-3824443789.