Spielsucht
Spielsucht, auch bekannt als pathologisches Spielen oder Glücksspielabhängigkeit, ist eine Verhaltenssucht, bei der Betroffene ein zwanghaftes Verlangen verspüren, an Glücksspielen teilzunehmen, trotz negativer finanzieller, sozialer und persönlicher Konsequenzen. Spielsucht ist eine ernsthafte psychische Störung, die die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen kann und oft langwierige Behandlungsansätze erfordert. Glücksspiele umfassen unter anderem Spielautomaten, Kartenspiele, Sportwetten und Online-Casinos. Spielsucht ist in den meisten Ländern als Krankheit anerkannt und erfordert gezielte Präventionsmaßnahmen und Unterstützungssysteme, um Betroffene zu schützen und das Risiko zu minimieren.[1]
Symptome der Spielsucht[Bearbeiten]
Die Symptome der Spielsucht äußern sich auf verschiedenen Ebenen und betreffen das Verhalten, die Gedankenwelt sowie die emotionalen und sozialen Aspekte des Lebens der Betroffenen. Zu den Hauptsymptomen gehören[2]:
- Zwanghaftes Spielen: Der Betroffene verspürt ein intensives, oft nicht kontrollierbares Verlangen, an Glücksspielen teilzunehmen. Es fällt schwer, Pausen einzulegen oder das Spielen zu beenden.
- Gedankenfixierung: Gedanken an vergangene, zukünftige oder fantasierte Spielerfahrungen nehmen einen Großteil der Denkinhalte ein. Oft sind die Betroffenen überzeugt, durch Spielen finanziellen Gewinn erzielen zu können, selbst wenn dies durch vergangene Verluste widerlegt wurde.
- Vernachlässigung anderer Lebensbereiche: Familiäre, berufliche und soziale Verpflichtungen werden vernachlässigt. Beziehungen können leiden, und Betroffene ziehen sich zunehmend zurück.
- Emotionale Abhängigkeit: Spielsüchtige erleben oft einen "Kick" oder eine Euphorie beim Spielen, ähnlich wie bei Drogenkonsum. Bei Abwesenheit vom Spielen treten hingegen Gefühle von Unruhe, Reizbarkeit und Nervosität auf.
- Toleranzentwicklung und Entzugserscheinungen: Um den gewünschten emotionalen Effekt zu erzielen, nehmen Spielsüchtige oft größere Risiken in Kauf und setzen höhere Beträge. Der Versuch, das Spielen zu reduzieren oder zu beenden, führt häufig zu psychischen Entzugserscheinungen wie Depression, Unruhe und Gereiztheit.
Diagnose[Bearbeiten]
Die Diagnose von Spielsucht erfolgt durch eine umfassende Anamnese, bei der das Verhalten des Betroffenen sowie die Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche analysiert werden. Psychologen und Psychiater nutzen dafür international anerkannte Diagnosekriterien wie das Diagnostische und Statistische Manual Psychischer Störungen (DSM-5) oder die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-11).
Laut DSM-5 liegt eine Spielsucht vor, wenn mindestens vier der folgenden Kriterien über einen Zeitraum von zwölf Monaten erfüllt sind:
- Starkes Verlangen nach Glücksspiel.
- Verlustkontrolle beim Spielen (höhere Einsätze oder längere Dauer als beabsichtigt).
- Wiederholte ohne Erfolg gekrönte Versuche, das Spielen zu limitieren.
- Verheimlichung des Glücksspielverhaltens gegenüber anderen.
- Nutzung des Glücksspiels zur Flucht vor Problemen oder zur Bewältigung negativer Gefühle.
- Finanzierung des Spiels durch Lügen, Betrug oder Diebstahl.
Krankheitsverlauf[Bearbeiten]
Die Spielsucht entwickelt sich oft schleichend und verläuft in mehreren Phasen:
- Gewinnphase: Zunächst erlebt der Betroffene positive Erfahrungen und erste Gewinne, die ein Gefühl der Euphorie auslösen. Die Person entwickelt zunehmend Interesse am Glücksspiel.
- Verlustphase: In der Verlustphase beginnt der Betroffene, Verluste durch weiteres Spielen auszugleichen. Dabei werden immer höhere Summen gesetzt, und erste negative Folgen im sozialen Umfeld oder im Beruf zeigen sich.
- Krisenphase: Die Abhängigkeit verstärkt sich. Es kommt zu starken finanziellen und sozialen Problemen. Spielsüchtige können Schulden anhäufen, Beziehungen zerbrechen, und das Risiko für Straftaten steigt, um das Spielverhalten zu finanzieren.
- Verzweiflungsphase: In der letzten Phase verlieren viele Betroffene jegliche Hoffnung auf eine Verbesserung ihrer Situation. Es kommt häufig zu psychischen Problemen wie Depression und Suizidgedanken.
Behandlung[Bearbeiten]
Die Behandlung der Spielsucht besteht in der Regel aus einer Kombination aus Psychotherapie, Medikamenten und unterstützenden Maßnahmen.
- Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): Die KVT hat sich als besonders effektiv erwiesen, da sie darauf abzielt, die Denkmuster und Verhaltensweisen der Betroffenen zu ändern. Spielsüchtige lernen, ihre Risikofaktoren zu identifizieren und Strategien zu entwickeln, um das Verlangen nach Glücksspiel zu kontrollieren.
- Medikamentöse Behandlung: In bestimmten Fällen können Medikamente wie Antidepressiva oder Mittel gegen Impulskontrollstörungen eingesetzt werden, um die Symptome zu lindern und das Verlangen zu reduzieren.
- Selbsthilfegruppen: Die Teilnahme an Selbsthilfegruppen wie Anonyme Spieler kann eine wichtige Unterstützung darstellen. Der Austausch mit anderen Betroffenen fördert das Verständnis und die Akzeptanz der Krankheit.
- Stationäre Therapie: Bei schweren Fällen kann eine stationäre Therapie notwendig sein, um den Betroffenen in einer kontrollierten Umgebung zu unterstützen.
Verbreitung und Risikogruppen[Bearbeiten]
Spielsucht ist ein globales Phänomen, das Menschen aus verschiedenen sozialen Schichten und Altersgruppen betrifft. Statistiken zeigen, dass die Prävalenz der Spielsucht in Ländern mit legalisierten Glücksspielangeboten höher ist. Bestimmte Risikogruppen, wie junge Erwachsene, Personen mit psychischen Vorbelastungen oder Personen mit geringem Einkommen, sind besonders anfällig für Spielsucht.
Vorkehrungsmaßnahmen von Casinos[Bearbeiten]
Viele Casinos und Anbieter von Online-Glücksspielen sind gesetzlich verpflichtet, Vorkehrungen zu treffen, um Spielsucht zu verhindern und ihre Gäste zu schützen. Zu diesen Maßnahmen gehören:
- Spielerlimits: Die Möglichkeit, Einsatz- oder Zeitlimits festzulegen, hilft, das Risiko zu kontrollieren. Viele Anbieter erlauben den Spielern, Limits für sich selbst festzulegen.[3]
- Selbstausschluss: Spieler können sich selbst von der Teilnahme am Glücksspiel ausschließen lassen. Die Casinos dürfen dann diesen Personen keinen Zugang mehr gewähren.
- Warnhinweise und Informationen: Casinos sind oft verpflichtet, Informationen über Spielsucht und Präventionsmaßnahmen bereitzustellen. Diese Maßnahmen sollen das Bewusstsein schärfen und bei ersten Anzeichen von Spielsucht Hilfe anbieten.
- Überwachung und Datenanalyse: Durch Analyse des Spielverhaltens kann problematisches Spielverhalten frühzeitig erkannt werden. Casinos nutzen entsprechende Systeme, um Anomalien und potenziell süchtiges Verhalten zu identifizieren.
Präventivmaßnahmen von Kommunen[Bearbeiten]
Kommunen spielen eine zentrale Rolle in der Prävention von Spielsucht. Verschiedene Maßnahmen und Programme helfen, das Bewusstsein in der Bevölkerung zu schärfen und Präventionsarbeit zu leisten:
- Aufklärungskampagnen: Durch Informationskampagnen (wie z.B. Webseiten) können Kommunen auf die Risiken von Glücksspiel und Spielsucht hinweisen. Sie bieten Informationsmaterialien an Schulen, in öffentlichen Einrichtungen und online an.[4]
- Beratungsangebote: Viele Kommunen stellen Beratungsstellen und Hotlines zur Verfügung, an die sich Betroffene oder Angehörige wenden können, um Hilfe zu erhalten.
- Regulierung der Glücksspielstandorte: Kommunen können durch eine gezielte Regulierung der Standorte und Öffnungszeiten von Spielhallen und Casinos die Verfügbarkeit des Glücksspiels begrenzen.
- Förderung von Selbsthilfegruppen: Kommunen unterstützen oft Selbsthilfegruppen und fördern Programme, die Betroffene in der Bewältigung ihrer Sucht begleiten.[5]
Fußnoten[Bearbeiten]
- ↑ Bundesgesundheitsministerium: Glücksspielsucht Definition, 07.11.2024
- ↑ Bundesgesundheitsministerium: Symptome bei der Glücksspielsucht, 07.11.2024
- ↑ netbet.com: Casino Einzahlungslimit selbst festlegen, 07.11.2024
- ↑ Regierungspräsidium Hessen: Spielsuchtprävention Darmstadt, 07.11.2024
- ↑ Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern: Selbsthilfegruppen in Bayern, 07.11.2024
Literatur, Links[Bearbeiten]
- Lucia Schmidt: Glücksspielsucht: Aufkommen der Problemdefinition und anhaltende Kontroversen (mit Link zum Download im pdf-Format, 27 Seiten, 508 kB) In: Soziale Probleme, Band 23, 2012, Heft 1, S. 40–66.
- Jörg Petry: Dysfunktionaler und pathologischer PC- und Internet-Gebrauch, Hogrefe, Göttingen / Bern / Stockholm / Wien / Paris / Oxford / Prag u. a. 2009, ISBN 978-3-8017-2102-2.
- Franz W. Peren, Reiner Clement: Wettbewerb als Determinante des Spieler- und Konsumentenschutzes. Mögliche Sozialverluste infolge einer Wettbewerbsverzerrung auf dem deutschen Glücks- und Gewinnspielmarkt, Mur Verlag, München, 2014, ISBN 978-3-939438-25-0.