Was bei einem Blackout geschieht (Literatur)

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Angaben zur Literatur:

Cover Blackout.png

Autor(en): Thomas Petermann, Harald Bradke, Arne Lüllmann, Maik Paetzsch, Ulrich Riehm

Was bei einem Blackout geschieht

Verlag: edition sigma
Ort: Baden-Baden
Erscheinungsjahr: 2. Auflage 2015
Seitenzahl: 259
Preis: 24,90 €
ISBN: 978-3-8360-8133-7


Vollständiger Titel[Bearbeiten]

Was bei einem Blackout geschieht. Folgen eines langandauernden und großräumigen Stromausfalls

Inhalt[Bearbeiten]

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Das System des Krisenmanagements in Deutschland
  • Folgen eines langandauernden und großräumigen Stromausfalls
  • Verletzbarkeit, Bewältigungsoptionen und Handlungsbedarf - Schlussfolgerungen
  • Literatur
  • Anhang

Rezension von Wolfgang Pohl[Bearbeiten]

Im Jahr 2011 befasste sich das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) im Auftrag des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages mit der Frage, welche Folgen ein langandauernder, großräumiger Stromausfall hätte. Die Ergebnisse sind alarmierend: "Betroffen wären alle Kritischen Infrastrukturen, und ein Kollaps der gesamten Gesellschaft wäre kaum zu verhindern."[1] Ein gesellschaftliches Risikobewusstsein sei jedoch nur in Ansätzen vorhanden.

Der Rahmen[Bearbeiten]

Die Studie, die mittlerweile in der zweiten Auflage vorliegt, stellt zunächst die Organisation des Katastrophenmanagements in Deutschland dar. Aus den unterschiedlichen Zuständigkeiten des Bundes (u.a. Zivilschutz), der Länder (Katastrophenschutz) und lokaler/kommunaler Behörden und Einrichtungen (praktische Umsetzung von Maßnahmen) entsteht eine "heterogene Akteurskonstellation mit unterschiedlichen Führungs- und Kommunikationsstrukturen". Die entsprechenden Bestimmungen verteilen sich auf eine Vielzahl von Gesetzen. Von zentraler Bedeutung sind dabei das Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz - ZSKG) und die Katastrophenschutzgesetze der Länder,[2] doch viele fachbezogene Befugnisse sind in eigenen Gesetzen geregelt. An der praktischen Bewältigung von Katastrophen sind viele weitere Akteure beteiligt: Hilfsorganisationen und Unterstützungskräfte und nicht zuletzt Unternehmen - die Autoren schätzen, dass 80% der kritischen Infrastrukturen in Deutschland in privater Hand sind. Die Koordinationsaufgaben sind immens, auf allen Ebenen müssen Krisenstäbe gebildet werden.

Für die Zukunft, so die Studie, wird das Eintreten eines länger andauernden großflächigen Stromausfalls vor allem deshalb wahrscheinlicher, weil die Gefahr von terroristischen Angriffen und von Extremwetterereignissen zunimmt. Daneben kommen als Ursachen natürlich auch technisches und menschliches Versagen in Frage. Die Schäden aufgrund eines länger andauernden flächendeckenden Stromausfalls können schnell -zig oder gar hunderte Milliarden Euro erreichen.

Folgen eines längeren Blackout[Bearbeiten]

Im einzelnen hätte ein solcher umfassender Stromausfall diese Folgen:

  • Telekommunikations- und Datendienste fallen teils sofort, teils nach Stunden oder wenigen Tagen aus. Ihre Funktion kann auch nicht schnell wiederhergestellt werden, weil dezentral Batterien geladen und Treibstofftanks aufgefüllt werden müssen. Dieser Ausfall beeinträchtigt auch Behörden und Einsatzkräfte. Notstromversorgte Funktechnik ist nur für die Hilfsorganisationen selbst, jedoch nicht für die breite Bevölkerung nutzbar. Die Bevölkerung ist für Informationen auf batteriebetriebene Radios angewiesen.
  • Elektrisch betriebene Verkehrsträger fallen sofort oder nach wenigen Stunden aus. Stillstehende und blockierte Bahnen und E-Autos können in dicht besiedelten Gebieten zu zusätzlichen Notlagen führen. Menschen bleiben in U- und S-Bahnen sowie Zügen stecken. Auch der Betrieb von Häfen kommt zum Erliegen. Kreuzungen mit Ampelanlagen, Tunnel und Schranken funktionieren nicht mehr; Staus und Unfälle sind die Folge, Rettungskräfte sind schnell überlastet. Da Tankstellen nicht mehr funktionieren, bleiben zunehmend auch Benzinfahrzeuge liegen. Das betrifft auch Rettungsfahrzeuge. All das führt vor allem in Großstädten und Ballungsräumen zu chaotischen Zuständen.
  • Hinzu kommen bald Engpässe bei der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln. Zunächst betrifft das verderbliche Waren. Lager und Transportmittel fallen aus. Auch Tiere in der Landwirtschaft können bald nicht mehr versorgt, Kühe nicht mehr gemolken werden.
  • Die Wasserinfrastruktur kann ohne Strom in kürzester Zeit nicht mehr betrieben werden mit katastrophalen Folgen vor allem beim Trinkwasser. Toilettenspülungen und Duschen funktionieren schon nach Stunden nicht mehr. In Abwasserkanälen können mangels Pumpleistung Überläufe und Verstopfungen entstehen. Dadurch und durch mangelnde Hygiene können sich Krankheiten ausbreiten.
  • Weil in der Industrie Kühlungen nicht mehr funktionieren, in Haushalten Heizung und Licht ausfällt und daher Kerzen und offene Feuer verwendet werden, wächst die Gefahr von Bränden, die vielleicht nicht mehr effektiv bekämpft werden könnnen.
  • Das Gesundheitswesen kann ohne Strom nur wenige Tage aufrechterhalten werden. Spätestens nach einer Woche bricht die medizinische und pharmazeutische Versorgung weitgehend zusammen. Dramatische werden die Auswirkungen bei Insulin, Dialysierflüssigkeit und Blutprodukten.
  • Eine besondere Herausforderung ist die Koordination der behördlichen Maßnahmen, die häufig nur in Kooperation mit weiteren Einrichtungen und Unternehmen funktionieren kann. Durch den Ausfall der Kommunikationsinfrastruktur kann schon bald kein vollständiges Lagebild mehr gewonnen werden, auch die Krisenkommunikation mit der Bevölkerung ist weitgehend unmöglich.
  • Zusätzliche Unsicherheit resultiert daraus, dass Menschen voraussichtlich sehr unterschiedlich auf eine derartige Situation reagieren werden. In Teilen der Bevölkerung kann eine wachsende Bereitschaft zu Kooperation und Hilfsbereitschaft, in anderen zu Rücksichtslosigkeit und Aggressivität erwartet werden.

Handlungsbedarfe[Bearbeiten]

Zu allen diesen Aspekten benennt die Studie die entsprechenden Informations- und Handlungsbedarfe, die hier ebenfalls nur auszugsweise widergegeben werden:

  • Die minimal erforderliche Kommunikationsinfrastruktur muss ermittelt und bereitgestellt werden; Konzepte zur Notstromversorgung sind zu überarbeiten.
  • Zum Wasser- und Abwassersektor fehlen Modelle, um die Folgen eines länger andauernden Stromausfalls sicher abschätzen zu können; hier ist Forschung notwendig. Bei Abwasserbehandlungsanlagen kann die Eigenproduktion von Strom z.B. durch Faulgasverstromung die Resilienz stärken. Auch Wasserwerke könnten energieautark aufgestellt werden.
  • Im Lebensmittelhandel wären regionale Zentrallager und ausgewählte Filialen mit einer robusten Notstromversorgung auszustatten, auch die Möglichkeit der Eigenstromversorgung wäre zu prüfen. Hilfsorganisationen müssen in der Lage sein, Notküchen und Behelfsunterkünfte bereitzustellen.
  • Krankenhäuser benötigen eigene Treibstofflager, um die Notstromversorgung auch länger betriebsfähig zu halten; auch hier kann eine Eigenstromversorgung z.B. durch Solaranlagen helfen. Notbrunnen speziell für die Krankenhäuser könnten ebenfalls eingerichtet werden. Die Voratshaltung von Medikamenten und Sanitätsmitteln in Großhandel, Apotheken und Krankenhäusern wäre zu verbessern.
  • Generell kann ein Konzept zum Aufbau von "Inselnetzen", die vom allgemeinen Stromnetz unabhängig funktionieren - besonders auf Basis von regenerativen Energien - im Katastrophenfall zumindest einige kritische Infrastrukturen stützen.
  • Defizite gibt es auch bei der Information der Bevölkerung über Vorsorgemaßnahmen und das Verhalten im Ernstfall; diese muss dringend verbessert werden.

All diese Maßnahmen können nur teilweise vor Ort veranlasst werden; in manchen Fällen wäre eine Gesetzesänderung notwendig, um eine verbesserte Vorsorge zur Pflicht zu machen.

Fazit[Bearbeiten]

Auch wenn ein langandauernder großflächiger Stromausfall weiterhin nicht sehr wahrscheinlich ist, so käme er, wenn er doch eintritt, einer nationalen Katastrophe gleich. Viele der empfohlenen Vorsorgemaßnahmen sind vor Ort umsetzbar, andere erfordern ein Handeln beim Bund und den Ländern. Hinzu kommt, dass die in der Studie angestellten Überlegungen auch zur Vorsorge gegen kleinere, lokale oder regionale Blackouts hilfreich sein können. Dass die Mehrzahl der Kommunen in Deutschland - mehr als ein Jahr nach der Ahrtalkatastrophe - weder über Notfallpläne noch über ausreichende Vorsorge und Reserven verfügt, ist schwer verständlich.

Weblink[Bearbeiten]

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Aus der Zusammenfassung in der 1. Auflage, S. 7
  2. Siehe dazu: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Katastrophenschutz in den Bundesländern. Struktur und Organisation