Wirtschaft ohne Markt

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Angaben zur Literatur:


Autor(en): Heinrich Harbach

Wirtschaft ohne Markt

Verlag: Karl Dietz Verlag
Ort: Berlin
Erscheinungsjahr: 2011
Seitenzahl: 222
Preis: 14,90 €
ISBN 978-3-320-02243-3


Vollständiger Titel[Bearbeiten]

Wirtschaft ohne Markt – Transformationsbedingungen für ein neues System der gesellschaftlichen Arbeit

Aus dem Inhalt[Bearbeiten]

  • Vorbemerkung des Verlages
  • Einführung
  • Sozialismus – mit oder ohne Warenproduktion?
  • Wertbildung und gesellschaftliche Reproduktion – was ist Wert und wie wird er gemessen?
  • Der Wert als gesellschaftliche Qualität und seine quantitative Darstellung in der Wertgröße
  • Das gesellschaftlich allgemeine Äquivalent als allgemeine Gesellschaftsform
  • Die allgemeine Ware als Maß der Werte
  • Der Wert als Messinstrument der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit
  • Wertbildung im Realsozialismus und der sozialistische Reproduktionsprozess
  • Die Warenproduktion als historisch spezifisches gesellschaftliches System der Arbeit
  • Die Auflösung der Wertformen als Conditio sine qua non jeder Transformation und jeder alternativen Ökonomie
  • Gesellschaftliche Superposition als autonom verschränkte Struktur eines Übergangssystems
  • Exkurs I: Die Äquivalenzökonomie – ein Irrläufer ins Quantitative
  • Exkurs II: Lösungsversuche zum Zusammenhang von Warenproduktion und Sozialismus
  • Vom absoluten über den relativen zum transparenten Wert – Fritz Behrens‘ Suche nach dem Licht der Erleuchtung im Gespensterleib der Ware
  • Der Lösungsansatz von Anatoli K. Pokrytan – Sozialismus als Übergangsgesellschaft mit der Koordination zweier antagonistischer Formen der gesellschaftlichen Arbeit
  • Die Lösungsversuche westlicher Sozialisten mit Hilfe der (Ideologie)-Kritik an der realsozialistischen Warenproduktion

Rezension von Gerald Munier (Bielefeld)[Bearbeiten]

Der Autor, der sich aus beruflichen Gründen hinter einem Pseudonym verbirgt, möchte eine Wirtschaftspolitik erreichen, die jedwedes entfremdete Dasein überwindet. Dies kann aus seiner Sicht nur eine Wirtschaft ohne Markt sein. Da bei Bestehen eines Marktes immer ein Vermittlungsmedium wie das Geld (und dessen Vermehrung) Ausgangspunkt für die Wertschöpfung bleibt, dominiert in Marktordnungen zwangsläufig der Tauschwert – statt des Gebrauchswertes der wirtschaftlichen Erzeugnisse.

Die als Sozialismus deklarierte Alternative einer Gesellschaft ohne Markt und Warencharakter der Produkte ist bisher in der Praxis und auch in der Theorie immer gescheitert. Dies legt der Autor anhand von zahlreichen Aussagen zum sowjetischen Modell der Wertbildung sowie zu den theoretischen Ansätzen einer Äquivalenzökonomie dar. Der Band beeindruckt durchaus durch die Fülle von polit-ökonomischen Schriften, die der Harbach in seine Überlegungen einbezogen hat. Von Karl Marx bis zu Charles Bettelheim und den diversen Autorenkollektiven der DDR und Sowjetunion sind alle wichtigen Werke zur Ökonomie der Transformationsperiode ausgewertet worden.

Dennoch wirken die Ausführungen merkwürdig konfus. Nach den historischen Erfahrungen mit dem Scheitern einer geldlosen Wirtschaft, wie während des Kriegskommunismus in der Sowjetunion, wäre eigentlich zu erwarten, dass Vorstellungen über eine Wirtschaftsordnung ganz ohne Markt wesentlich konkreter geraten. Dies geschieht nicht. So gestaltet sich die Schrift zu einem zähen Wiederkäuen des altbekannter Für und Wider von Warenproduktion im Sozialismus. Wirklich erhellend ist das nicht. Es stellt sich ja nach den Erfahrungen mit dem Realsozialismus überhaupt die Frage, ob die Alternative zum Kapitalismus nicht ein wirtschaftlicher Mix sein müsste, in dem marktwirtschaftliche Elemente dort, wo sie produktiv sind, durchaus dauerhaft erhalten bleiben.

Kommentar von Werner Richter[Bearbeiten]

Die Rezension von Gerald Munier ist recht oberflächlich. Sie unterstellt, daß die Gesellschaften like DDR bzw. UdSSR marktlose gewesen wären und daß H.H. sie so analysiert hätte. Der Rezensent hat nicht verstanden, daß H.H. den "Realsozialismus" gerade nicht als Wirtschaften ohne Markt sieht, sondern als besondere Formen der Warenwirtschaft begreift. Er stellt heraus, daß die juristische Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln eben nicht zu einer wirklichen Umgestaltung der Produktionsverhältnisse führte. Seine logischerweise dann unverstandenen Abhandlungen zum Wert haben den Zweck, die Wertverhältnisse als Grundwiderspruch aller Warenproduktion, ob als kapitalistisch oder sozialistisch bezeichnet, zur Disposition zu stellen. Nur deren Auflösung kann eine widerspruchsfreie Gesellschaft auf Basis der Bedürfnisse anstelle des Verwertungszwanges hervorbringen, das ist die Aussage von H.H.

Es ist deshalb auch nicht richtig, von bisher nur gescheiterten Nichtwarenproduktionsgesellschaften zu sprechen, es gab bisher noch keine. Allerdings gibt es inzwischen schüchterne regionale Ansätze zur Gesellschaft ohne Markt, allerdings, neben der Vielzahl von Commons in der Welt, vorrangig nur durch Krisen erzwungene z.B. in Rojava, in griechischen Städten und Gemeinden, das CIC in Barcelona. Was dort ökonomisch geschieht, dürfte erste Erfahrungen bringen, wobei das temporäre Scheitern immer möglich ist.

H.H. hat Thesen in den Raum gestellt, die die grundlegenden Fragen zur Analyse der aktuellen und historischen Produktionsverhältnisse nach Marxscher Methode - nicht marxistischer, da gibt es gewaltige prinzipielle Unterschiede - aufwerfen. Die Diskussion dazu ist schon geraume Zeit im Gange, der Rezensent möge sich an Arbeiten von Christian Siefkes, Stefan Meretz, der Website TheorieKultur, Masch Hamburg (Aufhebung des Kapitalismus) u.a. zum Thema informieren. Auch der Besuch der Website zum rezensierten Buch ist empfehlenswert.

Der Autor hat nichts anderes getan, als zu sagen: Schaut Euch Euer theoretisches Gebäude mal in Ruhe an und werft die alten "Erkenntnisse" auf den Müll. Versteht zunächst, welche theoretischen Instrumente uns Marx hinterlassen hat. Es ist viel mehr, als es die berühmten Marxisten nach Marx und die noch oberflächlicheren Leninisten uns weisgemacht haben. Das wäre ein Anfang.

Werner Richter

Weblink[Bearbeiten]

Hinweis: Das Buch scheint bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung und beim Dietz-Verlag vergriffen zu sein, ist aber in einigen Buchhandlungen noch erhältlich, beispielsweise hier.