Finanzhilfen in der Corona-Krise (Bayern)
Dieser Artikel behandelt die Hilfen des Freistaates Bayern an die Kommunen zur Überwindung der Corona-bedingten Finanzkrise. Zu den Auswirkungen der Pandemie auf die Gemeindefinanzen und dem Konjunkturprogramm des Bundes im Jahr 2020 siehe den Artikel Corona und die Folgen – neue Finanzkrise und Bundeshilfen.
Die Grünen im bayerischen Landtag forderten Mitte April 2020 von der Landesregierung eine Sonderzuweisung an die Kommunen in Höhe von 1 Mrd. €.[1] Das Land plante jedoch zunächst keine zusätzlichen Hilfen und verwies auf den mit rund 10 Mrd. € ausgestatteten kommunalen Finanzausgleich. Dessen Auszahlungstermine wurden zeitlich vorgezogen, um den Kommunen Liquidität zur Verfügung zu stellen, zugleich wurden die Vorschriften für die kommunale Kreditaufnahme gelockert. Der Landkreistag erwartete Ende Mai 2020 starke Steuereinbußen - allein bei der Gewerbesteuer ein Minus von bis zu 25% - für die Kommunen. Für 2021 würden die Einnahmen aus dem kommunalen Finanzausgleich wegen der Steuerausfälle des Landes um ca. 700 Mio. € sinken. Er forderte eine Aufgabenkritik für die kommunalen Leistungen und ein Konjunkturpaket zur Stabilisierung der Wirtschaft.[2]
Finanzhilfen für 2020[Bearbeiten]
Im Juni 2020 stellte die Landesregierung den Kommunen Finanzhilfen in Aussicht, zu denen Ende Juli Einzelheiten bekannt gegeben wurden: Das Land Bayern sagte zu, das Konjunkturpaket des Bundes auf gut 4 Mrd. € zu verdoppeln. Allein zum Ausgleich weggebrochener Gewerbesteuern stehen damit 2,4 Mrd. € zur Verfügung, davon 1,3 Mrd. € aus Landesmitteln. Maßstab für die Verteilung dieser Mittel ist der Vergleich der Gewerbesteuereinnahmen der bayerischen Städte und Gemeinden vom 1. Januar bis 20. November 2020 mit dem Durchschnitt der Gewerbesteuereinnahmen der Jahre 2017 bis 2019. Weitere Bestandteile des Hilfspakets sind die Erstattung der nicht erhobenen Elternbeiträge für Kinderbetreuung (200 Mio. €) und die Verdoppelung der ÖPNV-Bundesmittel für Bus und Schiene (460 Mio. €). Zur Verbesserung der Liquidität wird auch die Auszahlung der letzten Rate der Schlüsselzuweisungen aus dem Finanzausgleich in Höhe von gut 1 Milliarde Euro um zwei Monate auf den 15. Oktober 2020 vorgezogen.[3]
Im September 2020 forderte die SPD-Fraktion im bayerischen Landtag zusätzliche Finanzhilfen, die pauschal auf 100 € je Einwohner/in festgesetzt werden und über die im Landtag beschlossenen und noch nicht ausgeschöpften Kreditermächtigungen finanziert werden sollten.[4]
Neue Prognosen im Herbst[Bearbeiten]
Nach Angaben des Statistischen Landesamtes gingen die Gewerbesteuereinnahmen der bayerischen Gemeinden im zweiten Quartal 2020 um mehr als ein Drittel von knapp 2,3 auf 1,5 Mrd. € zurück. Die kommunalen Steuereinnahmen insgesamt schrumpften von 5,3 auf 4,7 Mrd. €.[5] Der Einnahmerückgang stellt sich damit geringer dar als zunächst erwartet. Laut der Augsburger Allgemeinen vermuten kommunale Verwaltungen hier einen Sondereffekt: Firmen verzichteten darauf, im Jahr 2020 ihre Gewerbesteuer-Vorauszahlungen zu reduzieren, um sich die zuviel gezahlten Steuern im kommenden Jahr zurückzuholen. Da diese Erstattungen mit 6% verzinst werden, handelt es sich dabei in Niedrigzins-Zeiten um eine vergleichsweise lukrative Geldanlage.[6] Zugleich zeichnen sich Konflikte zwischen Kreisen und kreisangehörigen Gemeinden ab, da die Defizite bei den Kreisfinanzen zu Erhöhungen der Kreisumlage führen können. Die Versuche der Kommunen, ein hohes Niveau der Investitionen aufrechtzuerhalten, dürften mit Einsparungen u.a. beim Personal einhergehen.[7]
Laut Auskunft der bayerischen Staatsregierung vom 09.10.2020 belaufen sich die Steuer-Mindereinnahmen der bayerischen Kommunen im Jahr 2020 auf rund 3,15 Mrd. €, darunter wurden 2,18 Mrd. € durch die Gewerbesteuer verursacht. Durch die Bundes- und Landesprogramme werden 2,4 Mrd. € ausgeglichen. Für die Jahre 2021 und 2022 wurden Mindereinnahmen von 1,5 Mrd. € bzw. 1,8 Mrd. € erwartet. Für diese beiden Jahre waren zu dem Zeitpunkt noch keine Landes- oder Bundeshilfen beschlossen worden. Die Zahlen beruhen auf der Steuerschätzung vom Mai 2020 und berücksichtigen nicht alle Mindereinnahmen (z.B. des ÖPNV oder der Kitas) und ebenso wenig zusätzliche Ausgaben aufgrund der Corona-Krise. In den Kommunen setzt seitdem eine Diskussion über Sparmaßnahmen ein. Die Landeshauptstadt München erwartet aufgrund der Corona-Einbußen ein Ansteigen ihrer Verschuldung bis 2020 auf 5,7 Mrd. €.[8]
Finanzausgleich 2021 und 2022 stabilisiert[Bearbeiten]
Am 31.10.2020 trafen sich mehrere Landesminister mit Vertretern der vier kommunalen Spitzenverbände (Städtetag, Bezirkstag, Landkreistag und Gemeindetag) zu Verhandlungen über den kommunalen Finanzausgleich 2021. Als Ergebnis wurde festgehalten, dass dieser - trotz der Einnahmeausfälle des Landes - auf dem Niveau von 2020, nämlich 10,3 Mrd. € festgeschrieben wird.
Land wie Kommunen forderten auch vom Bund weitere Finanzhilfen für die Kommunen im Jahr 2021, der Landkreistag insbesondere einen "Rettungsschirm" zum Ausgleich der auch 2021 fehlenden Gewerbesteuereinnahmen.[9] Auch der Bayerische Städtetag erwartete eine "lange finanzielle Durststrecke in den nächsten Jahren" für die Kommunen und forderte, den Ausgleich der Ausfälle bei der Gewerbesteuer über das Jahr 2020 hinaus fortzuführen.[10] Im Mai 2021 bezifferte der Bayerische Städtetag die voraussichtlichen Verluste der Kommunen allein bei der Gewerbesteuer auf 1,68 Mrd. €, das entspreche einem Rückgang um 21%. Die Kommunen benötigten eine Kompensation von Bund und Land, weil sie sonst bei den Investitionen sparen müssten.[11] Im Juni 2021 forderte auch der Präsident des Bayerischen Gemeindetags, Uwe Brandl (CSU), einen "Rettungsschirm" von Bund und Land. Neben der Stabilisierung des Finanzausgleichs müssten auch in den Jahren 2021 und 2022 die Gewerbesteuerausfälle ausgeglichen werden. Die Grünen im Landtag forderten, zumindest zur Hälfte solle das Land die kommunalen Gewerbesteuerausfälle für 2021 kompensieren.[12]
Im Ergebnis erhielten die Kommunen für das Jahr 2021 aus dem kreditfinanzierten Sonderfonds Corona-Pandemie Hilfen in Höhe von 753 Mio. €. Ein Abschlag wurde im Dezember 2021, die ermittelten Restzahlungen im März 2022 ausgezahlt. Weiterhin stellte das Land Mittel aus dem regulären Haushalt bereit, insbesondere sollen die pandemiebedingten Mindereinnahmen des ÖPNV zu 100% ausgeglichen werden.[13] Für das Jahr 2022 wurde der kommunale Finanzausgleich auf 10,5 Mrd. € erhöht, weiterhin stellte das Land einmalige Investitionszuschüsse in Höhe von 400 Mio. € bereit.[14] Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die bayerischen Kommunen in ihrer Gesamtheit 2021 Steuereinnahmen in Höhe von 23,09 Mr.d € verzeichneten, das sind 18,9% mehr als 2020 und auch 12,4% mehr als 2019. Es gebe immer noch Gemeinden, so der bayerische Finanzminister Füracker, die 2021 noch erhebliche Gewerbesteuermindereinnahmen hatten; die vom Freistaat zugesagten Mittel würde deshalb vollständig benötigt.[15]
Fußnoten[Bearbeiten]
- ↑ Süddeutsche Zeitung: Grüne wollen für Kommunen eine Milliarde wegen Steuerverlust, 17.04.2020; Donaukurier: Lockdown zwingt Kommunen zum Sparen, 03.05.2020
- ↑ Süddeutsche Zeitung: Corona: Landkreise stellen sich auf schmale Kassen ein, 27.05.2020
- ↑ Der Neue Kämmerer, Auch Bayern schnürt ein Coronapaket, 24.07.2020
- ↑ Donaukurier: SPD fordert Milliarden-Unterstützung für Bayerns Kommunen, 17.09.2020
- ↑ Süddeutsche Zeitung, Steuereinnahmen der Kommunen in Bayern brechen ein, 10.09.2020
- ↑ Augsburger Allgemeine: Freistaat verspricht Kommunen weitere Corona-Hilfen, 12.09.2020
- ↑ Merkur: „Finanzielles Teufelsrad“: Aber Kommunen wollen trotz Krise investieren, 07.10.2020
- ↑ Bayerischer Landtag, Schriftliche Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 31.07.2020 und Antwort der Landesregierung vom 09.10.2020: Kommunale Steuermindereinnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, Drucksache 18/9583; Donaukurier, Corona beutelt die Kommunen, 22.11.2020
- ↑ idowa, Finanzausgleich auf Pump? Kommunen ringen um Milliarden, 31.10.2020; Donaukurier, Trotz Corona Kommunaler Finanzausgleich auf Rekordhöhe, 31.10.2020; BR24: Kommunaler Finanzausgleich in Bayern weiter auf Rekordhöhe, 31.10.2020
- ↑ Bayerischer Städtetag: Pannermayr: „Kommunen stehen vor einer langen finanziellen Durststrecke“, Pressemitteilung vom 12.11.2020 (pdf-Format, 2 Seiten)
- ↑ Onetz: Städtetag: Kommunen vor deutlichem Gewerbesteuerausfall, 05.05.2021
- ↑ Zeit, Bayerns Kommunen fordern Rettungsschirm für 2021 und 2022, 07.06.2021; BR24, Corona-Krise: Bayerns Kommunen fordern weiteren Rettungsschirm, 07.06.2021
- ↑ Der Neue Kämmerer, Corona-Länderhilfen für die Kommunen 2021, 07.12.2021
- ↑ Der Neue Kämmerer, Corona-Hilfen für die Kommunen 2022, 20.12.2021
- ↑ Zeit, Bayerns Kommunen nehmen 2021 mehr Steuern ein als vor Corona, 14.03.2022
Siehe auch[Bearbeiten]
- zur Finanzlage bayerischer Kommunen mit Beispielen: Süddeutsche Zeitung, Corona-Krise leert die Kassen der Kommunen, 13.11.2020; BR24, Corona-Krise zwingt bayerische Kommunen zum Sparen, 30.11.2020
- Kulturrat: Aktuelle Hilfsmaßnahmen des Landes Bayern und anderer Akteur für den Kulturbereich