Finanzhilfen in der Corona-Krise (Niedersachsen)

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Dieser Artikel behandelt die Hilfen des Landes Niedersachsen an die Kommunen zur Überwindung der Corona-bedingten Finanzkrise. Zu den Auswirkungen der Pandemie auf die Gemeindefinanzen und dem Konjunkturprogramm des Bundes im Jahr 2020 siehe den Artikel Corona und die Folgen – neue Finanzkrise und Bundeshilfen.

In Niedersachsen schlugen die Grünen im Landtag im April 2020 einen kommunalen Schutzschirm mit einem Volumen von 3 Mrd. € vor, den das Land durch einen Kredit finanzieren soll, der über 50 Jahre abgezahlt wird.[1] Mitte Mai schätzte der Präsident des Städtetags, Ulrich Mädge, die kommunalen Steuerverluste auf ca. 1,5 Mrd. € und forderte Soforthilfen für die Kommunen.[2]

Rettungsschirm 2020[Bearbeiten]

Ende Juni 2020 brachte die Landesregierung einen 2. Nachtragshaushalt mit einem Volumen von 8,4 Mrd. € in den Landtag ein, in dem auch ein "Rettungsschirm" im Umfang von 1,1 Mrd. € für die Kommunen enthalten war; die Mittel sollen 2020 vollständig ausgezahlt werden. Der Rettungsschirm ist damit wesentlich kleiner als das Kommunalpaket des Bundes, aus dem die niedersächsischen Kommunen ca. 2,3 Mrd. € erhalten. Die Gewerbesteuerverluste werden vom Land mit ca. 400 Mio. € ausgeglichen (im Bundesprogramm mit demselben Betrag). 600 Mio. € dienen zur Absicherung des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA), weitere 100 Mio. € sollen Corona-bedingte Mehraufwendungen auffangen, u.a. für Digitalisierungsaufwendungen im Schulbereich. Allerdings ist die Verstärkung des KFA nur teilweise als Zuschuss zu verstehen, 350 Mio. € sollen später zurückgezahlt werden, jedoch erst, sobald und soweit das KFA-Volumen über dem des Jahres 2020 liegt.[3]

Fazit für das erste Pandemiejahr[Bearbeiten]

Im Herbst 2020 bezifferte das Statistische Landesamt das Defizit der kommunalen Haushalte in der ersten Jahreshälfte mit ca. 1,5 Mrd. €.[4] Der Landesrechnungshof sieht in seinem Kommunalbericht 2020 Covid 19 als "Belastungstest" für die kommunalen Haushalte weit über 2020 hinaus.[5] Das Landesamt für Statistik stellte im Juni 2021 fest, dass die Verschuldung der niedersächsischen Kommunen im Jahr 2022 um 6% auf 12,7 Mrd. € angestiegen ist. Davon entfielen 11,4 Mrd. € auf längerfristige Investitionskredite und Wertpapierschulden, 1,3 Mrd. € auf Liquiditätskredite. Die Unterschiede sind groß; so sind 11 (kleinere ländliche) Kommunen komplett schuldenfrei.[6]

Aussichten ab 2021[Bearbeiten]

Für das Jahr 2021 gibt es keine Unterstützungszusagen des Landes für coronabedingte Mehrbelastungen der Kommunen. Die Kommunen beklagten u.a., dass es für den Ausfall von Kita-Gebühren aufgrund der Schließungen keinen Ausgleich vom Land gibt. Bis Ende April können sich diese nach Berechnungen des Niedersächsischen Städtetages auf bis zu 50 Mio. € summieren. Angesichts dessen forderte der Städtetag für das Jahr 2021 einen "Rettungsschirm 2.0". Er will außerdem seine Mitglieder im Hinblick auf die Gewerbesteuerausfälle zu einem "Kassensturz" auffordern. Die Lage der Kommunalhaushalte sei prekär.[7] Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) unterstützt diese Forderungen. Die Landeshauptstadt rechnet für 2021 mit Mindereinnahmen von 100 bis 150 Mio. €.[8]

Die Debatte um den Doppelhaushalt 2022/23 des Landes zeigt, dass die große Koalition in Niedersachsen nach den Belastungen der Pandemie auf Sparen setzt. Für die Landesregierung steht fest, dass die Konsolidierung der Landesfinanzen an den Ausgaben für die Kommunen "nicht vorbeigehen" kann, und verweist auf ihr Hilfsprogramm im ersten Jahr der Pandemie, das "seine Wirkung über das Jahr 2020 hinaus" entfaltet habe.[9] Die Landesregierung beziffert den Betrag, den die Kommunen über den Ausgleich ihrer Mindereinnahmen 2020 hinaus erhalten haben und der damit für 2021 verwendet werden kann, auf 593 Mio. €. Zudem verweist sie auf weitere aus dem niedersächsischen Covid-19-Sondervermögen finanzierte Maßnahmen, die den Kommunen zugute kommen, beispielsweise zur Wiederbelebung der Innenstädte, zur Sicherung von gewerblicher Struktur sowie zur Förderung der Mobilität und Infrastruktur.[10] Die Fraktion der Grünen kritisiert dies und fordert die Landesregierung auf, "Geld in die Hand zu nehmen und gemeinsam mit den Kommunen die überfälligen Zukunftsinvestitionen zu tätigen." Beispielsweise benötigten den Krankenhäuser jährliche Investitionen von 420 Mio. €, eingeplant seien jedoch nur 150 Mio. €. Dies würde den Druck auf die Kommunen, Krankenhäuser zu privatisieren, erhöhen.[11] Auch für 2022 sieht das Land keine Notwendigkeit für weitere Hilfen für die Kommunen, da sich deren Finanzen positiv entwickelt hätten.[12]

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. ntv: Grüne schlagen Milliarden-Schutzschirm für Kommunen vor, 21.04.2020
  2. Welt, Steuereinnahmen: Städtetag fordert Soforthilfe für Kommunen, 14.05.2020
  3. Niedersächsische Staatskanzlei: Landesregierung bringt 2. Nachtragshaushalt auf den Weg: 8,4 Milliarden Euro sichern Niedersachsens Zukunft nach der Corona-Krise, Pressemitteilung vom 23.06.2020; NDR: Corona-Krise: Land legt 8,4 Milliarden Euro nach, 23.06.2020; life PR: Land und Kommunen: Einigkeit bei Rettungsschirm für Kommunen!, 23.06.2020, mit verschiedenen Stellungnahmen
  4. Welt, Halbjahr: Kommunen haben Defizit von 1,5 Milliarden Euro, 14.09.2020
  5. Landesrechnungshof Niedersachsen: Kommunalbericht 2020: Covid-19-Pandemie wird zum Belastungstest für kommende Haushaltsjahre, Pressemitteilung vom 19.11.2020 mit Link auf den Kommunalbericht im Volltext; siehe auch NDR: Landesrechnungshof: Corona belastet Kommunen über Jahre, 19.11.2020
  6. Süddeutsche Zeitung, Schulden der Kommunen 2020 spürbar gestiegen, 17.6.2021
  7. Zeit, Kommunen: Millionenausfälle wegen geschlossener Kitas, 25.02.2021; siehe auch: Süddeutsche Zeitung, Kommunen befürchten in der Corona-Krise massive Defizite, 02.06.2021
  8. Zeit, Onay: Städte brauchen Finanzhilfen von Bund und Ländern, 14.06.2021
  9. Land Niedersachsen, Finanzminister Hilbers bringt den Entwurf des Doppelhaushalts 2022/23 in den Landtag ein, Pressemitteilung, ca. 15.09.2021 (ohne Datumsangabe)
  10. Der Neue Kämmerer, Corona-Länderhilfen für die Kommunen 2021, 07.12.2021
  11. Bündnis 90 / Die Grünen im Landtag Niedersachsen: Kommunen stärken statt kaputtsparen – Land darf Kommunen bei Zukunftsinvestitionen nicht allein lassen, Pressmitteilung vom 09.09.2021; Stern: Grüne fordern mehr Geld für Kommunen in Niedersachsen, 09.09.2021
  12. Der Neue Kämmerer, Corona-Hilfen für die Kommunen 2022, 20.12.2021

Siehe auch[Bearbeiten]