Kommunale Partnerschaften und Netzwerke

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Angaben zur Literatur:

CoverPartnerschaftenNetzwerke.jpg

Autor(en): Albert Statz, Charlotte Wohlfarth

Kommunale Partnerschaften und Netzwerke

Verlag: Heinrich-Böll-Stiftung
Ort: Berlin
Erscheinungsjahr: 2010
Seitenzahl: 137
Preis: kostenlos
ISBN 978-3-86928-028-8

Bezug: als pdf-Datei Download (gedruckte Fassung vergriffen).


Ein Beitrag zu einer transnationalen Politik der Nachhaltigkeit[Bearbeiten]

Städtepartnerschaften und transnationale Netzwerke von Kommunen haben sich zu einem integralen Bestandteil kommunalpolitischen Engagements entwickelt. Sichtbar werden sie in der Öffentlichkeit oft nur, wenn Bürgermeister reisen oder Gäste empfangen, wenn Schulpartnerschaften die Ergebnisse ihrer Zusammenarbeit in der Öffentlichkeit präsentieren oder bei einer Ausstellungseröffnung darauf verwiesen wird, dass eine Städtepartnerschaft dafür den Anlass darstellt und den Rahmen bietet. Doch das Bild vom „Kommunaltourismus“ trügt, das die Wahrnehmung vielfach noch prägt.

Mehr als Bürgermeistertourismus[Bearbeiten]

Schon früh wurde dem das Verständnis einer „kommunalen Außenpolitik“ entgegengestellt. Von Anfang an hatten die transnationalen Beziehungen zwischen den Menschen, gesellschaftlichen Gruppen und den Verwaltungen einen politischen Charakter – nicht nur, weil sie viel zur Völkerverständigung beitragen oder weil sich Stadtverwaltungen über die Lösung ihrer Probleme austauschen. Politisiert wurden Städtepartnerschaften durch ihre Rolle im Ost-West-Konflikt, durch das Friedensengagement auf kommunaler Ebene, durch Solidaritätsaktionen für eine politische Veränderung in den Nord-Süd-Beziehungen. Und nicht zuletzt dadurch, dass mit der Weltkonferenz Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 und der dort aufgestellten Agenda für das 21. Jahrhundert das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung formuliert wurde. Es geht um die globale Verantwortung auch der Kommunen, den Klimawandel zu stoppen und der Gefährdung unserer natürlichen Lebensgrundlagen entgegen zu treten, Hunger und Armut zu bekämpfen und Menschenrechten und Demokratie Geltung zu verschaffen, ja womöglich durch praktische Solidarität einen Beitrag zur friedlichen Lösung von Konflikten zu leisten. Partnerschaften und Netzwerke müssen dieser politischen Verantwortung gerecht werden und sich an diesen Zielen messen lassen. Der gängige Slogan „Global denken – lokal handeln“ erhält dabei eine Bedeutung nach zwei Richtungen: die globalen Probleme auch auf lokaler Ebene anzugehen und die lokalen Probleme im Sinne einer nachhaltigen globalen Entwicklung zu lösen.

Wandel der Themen ...[Bearbeiten]

Kommunale Partnerschaften werden aus sehr unterschiedlichen Motiven und zu unterschiedliche Zwecken gegründet. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand zunächst die Aussöhnung mit den ehemaligen Kriegsgegnern und die Schaffung einer Grundlage für den Frieden in Europa im Vordergrund. In der Bundesrepublik entstanden tausende von Städtepartnerschaften mit französischen, britischen oder US-amerikanischen Gemeinden, in der DDR wurden Partnerschaften mit polnischen oder tschechischen Orten eingegangen. Zahlenmäßig machen diese auch heute den Löwenanteil der kommunalen Partnerschaften aus.

In den 70ern kam ein neues Motiv hinzu: die Solidarität mit den Ländern des Südens, die Entwicklungszusammenarbeit. In dieser Zeit wurden Partnerschaften mit Gemeinden in Lateinamerika, Asien oder gelegentlich auch in Afrika gegründet. Schon der Begriff der "Kommunalen Entwicklungzusammenarbeit" steht dabei für eine Politisierung, begeben sich damit doch die Kommunen auf ein originäres Feld der (zentral-)staatlichen Politik, was auch in Deutschland zu politischem und juristischem Streit führte. Letztlich erweiterten die Gemeinden erfolgreich ihren Handlungsspielraum.

1980 besiegelte Wuppertal als erste deutsche Gemeinde eine Beziehung mit der slowakischen Stadt Košice und wurde im politisch geteilten Europa ein Modellfall für Städtepartnerschaften zwischen Ost und West.

Seit den 90er Jahren, insbesondere seit der Konferenz von Rio 1992 erweiterte sich das Themenspektrum erneut: Die Agenda 21 hatte die Verantwortung aller, auch der Kommunen, für die weltweite Entwicklung auf die Tagesordnung gesetzt. Das umfassende Konzept nachhaltiger Entwicklung sollte auf alle politischen Ebenen umgesetzt werden. Aus diesem Impuls heraus bildeten sich regionale und weltweite kommunale Zusammenschlüsse wie das ICLEI oder das Klima-Bündnis. Doch auch ganz pragmatische Ziele wie die Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen stehen in Zeiten der Globalisierung zunehmend Pate für die Gründung kommunaler Partnerschaften.

... und der Formen[Bearbeiten]

Damit wandeln sich auch die Formen internationaler kommunaler Zusammenarbeit. Neben die traditionellen Städtepartnerschaften treten Kooperationen mehrerer oder auch sehr vieler Gemeinden: Dreieckspartnerschaften (insbesondere in der Nord-Süd-Zusammenarbeit), Konferenzen, zu denen eine Stadt alle ihre Partner einlädt und die zu Ringpartnerschaften führen können, und in jüngerer Zeit werden immer mehr themenzentrierte regionale oder weltweite Netzwerke gegründet. Letztere leisten gerade wegen ihrer thematischen Konzentration häufig einen Austausch auf hohem fachlichem Niveau.

Diese Netzwerke bringen meist nur die politischen Gremien und die Verwaltungen in Kontakt miteinander. "Herkömmliche" Städtepartnerschaften haben dagegen oftmals einen zivilgesellschaftlichen Hintergrund. Nicht selten entstehen sie aus privater Inititiative heraus, werden von einem Partnerschaftsverein getragen und leben aus dem Austausch zwischen den Menschen. Doch sie gewinnen an Kraft und Kontinuität, wenn die Politik sie mitträgt, eigene Ressourcen und Ziele einbringt. Auf der Skala zwischen reinen Verwaltungskooperationen auf der einen, rein zivilgesellschaftlichen Projekten auf der anderen Seite ist jede Kombination denkbar; zum dauerhaften Gelingen kommt es jedoch auf eine gute Kombination beider Elemente an.

Potentiale für Nachhaltigkeit?[Bearbeiten]

Welche Möglichkeiten ergeben sich aus all dem für Fortschritte in einer Politik der Nachhaltigkeit? Gerade aus Grüner Sicht liegt diese Frage nahe. Denn die Städte sind weltweit die Orte, an denen sich die Ursachen die Klimawandels, ökologische und soziale Probleme wie in einem Brennpunkt konzentrieren. Sie sind jedoch auch die Orte, in denen Lösungen entwickelt werden müssen, und zwar in demokratischer und inklusiver Weise. Dabei können sich Gemeinden – weltweit – nicht darauf verlassen, dass die Staatengemeinschaft die anstehenden Probleme schon lösen werde. Dies hat zuletzt der Klimagipfel in Kopenhagen deutlich demonstriert. Und auch wenn in internationalen Konferenzen wichtige Rahmenbedingungen gesetzt werden, so wird doch viel auf die konkrete Umsetzung auf der kommunalen Ebene ankommen. Konsequenterweise treten die Kommunen ja auch längst eigenständig und mit eigenen Positionen beispielsweise auf den weltweiten Klimakonferenzen auf.

So interessiert uns besonders, welchen Beitrag Städtepartnerschaften und internationale Netzwerke für eine weltweite Politik der Nachhaltigkeit leisten können: Für Klimaschutz, die Lösung sozialer und ökologischer Probleme, aber auch – wie schon in der Vergangenheit – mit eigenständigen Beiträgen zur Versöhnung und Friedenssicherung. Fragen lokaler Demokratie und Partizipation spielen dabei immer eine Rolle, geht es doch im konkreten kommunalen Austausch immer auch um das "Wie" der Politik vor Ort.

Mehrere Monate lang haben Albert Statz und Charlotte Wohlfarth im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung recherchiert, Informationen und Analysen zusammengetragen: Wo stehen Städtepartnerschaften und kommunale Netzwerke heute, welche Themen bewegen sie, welche Potentiale bergen sie? Ihre Analyse stellen wir hier der Öffentlichkeit vor. Sie kann auch in gedruckter Fassung kostenfrei bei der Heinrich-Böll-Stiftung angefordert werden. Die Heinrich-Böll-Stiftung wird sich dem Thema in Veranstaltungen und Publikationen weiterhin widmen. Wir freuen uns über Reaktionen auf die Publikation und Anregungen für unsere weitere Arbeit.

Die Publikation zum Download[Bearbeiten]

Albert Statz / Charlotte Wohlfarth: Kommunale Partnerschaften und Netzwerke. Ein Beitrag zu einer transnationalen Politik der Nachhaltigkeit, herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung (Band 20 der Reihe Demokratie; pdf-Format, 132 Seiten).

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