Konzern Stadt
Der Begriff "Konzern Stadt" ist sowohl ein politisches Leitbild als auch ein "terminus technicus". Als Leitbild drückt er die im Rahmen des Neuen Steuerungsmodells moderne Orientierung der Kommune an privatwirtschaftlichen Vorbildern hinsichtlich der Organisationsstruktur, internen Beziehungen und Verhaltensweisen der Beschäftigten aus.
Als "terminus technicus" bezeichnet er das – je nach Konzept unterschiedlich gefasste – Verhältnis der verschiedenen Teilorganisationen der Kommune zueinander sowie deren koordinierte Steuerung durch eine "Konzernzentrale".
Dem liegt die Prämisse zugrunde, dass die verselbständigten Teile der Kommune, insbesondere deren wirtschaftliche Betriebe, wieder als Einheit aufgefasst, einem einheitlichen Unternehmensziel verpflichtet und die unterschiedlichen Potentiale der Teile zum Nutzen aller kombiniert werden sollen.
Unterschiedliche Vorstellungen[Bearbeiten]
Je nach den gerade dominanten Strömungen in der Betriebswirtschaftslehre wird beim Begriff "Konzern Stadt" eine größere Autonomie oder eine direktere Anbindung der Teile an die Konzernzentrale für effizient gehalten. Ebenso variieren die Vorstellungen, ob die Teilbetriebe eher miteinander konkurrieren sollen und frei sind in der Bestellung von Dienstleistungen bei anderen Teilbetrieben bzw. bei externen Anbietern oder ob die Teile interne Kooperationsbeziehungen pflegen sollen. Je nach Konzept werden traditionelle Fachämter in Betriebe umgewandelt (Immobilien-, Umwelt-, Kulturbetrieb), die dann wettbewerbsförmig handeln.
Steuerung[Bearbeiten]
Neben diesen Differenzierungen gibt es eine Gemeinsamkeit: Der Konzern ist in drei Ebenen gegliedert, Konzern-Führung, Konzern-Steuerung und Konzern-Betriebe. Im Rahmen des Neuen Steuerungsmodells verhalten sich Führung und Betriebe wie Auftraggeber und Auftragnehmer zueinander. Gesteuert wird über Kontraktmanagement und Konzerncontrolling (anderer Begriff: Beteiligungscontrolling). Analog zum privatwirtschaftlichen Vorbild ist ein wesentliches Ziel des Konzerns Stadt, die Führung – in diesem Fall durch politische und Verwaltungsspitze – zu verbessern.
Einwände[Bearbeiten]
Gegenüber dem Modell "Konzern Stadt" werden im wesentlichen drei Einwände formuliert. Erstens wird in Frage gestellt, ob die beim Neuen Steuerungsmodell unterstellte Übertragung privatwirtschaftlicher Vorbilder, insbesondere weitgehender Wettbewerbselemente, für weite Bereiche des politischen Systems und damit auch der Kommune überhaupt tauglich ist. Zweitens wird moniert, dass die höhere Effizienz im Konzern Stadt zu Lasten der demokratischen Bürger/innenbeteiligung geht. Drittens wird befürchtet, dass die Konzernsteuerung der demokratischen Legitimation des Handelns der Gemeindeorgane zuwiderläuft.
Noch auf einem anderen Blatt steht, wieviel die kommunalpolitische Realität überhaupt mit den Weisheiten in Lehrbüchern oder mit den Rezepten von Unternehmensberatungen zu tun hat – nämlich wenig. In nicht seltenen Fällen wird in eine Stadt zum Konzern deklariert, weil es einfach schick ist oder weil Mehrheitsfraktionen denken, dass sie so die Schwächen von gewählten Funktionsträgern durch die Stärken von bestellten Geschäftsführern kommunaler Unternehmen mit jeweils ihrem Parteibuch ausgleichen können. Beschäftigte einer Großstadtverwaltung titulierten ihren "Konzern Stadt" deshalb hinter vorgehaltener Hand auch nur "Kombinat ..." nach dem Namen eines solchen Geschäftsführers.
Literatur[Bearbeiten]
- Linhos, M.: Der Konzern Stadt: zum veränderten Bild der Kommunen und ihrer Beteiligungen. Kommunalwissenschaftliches Institut Potsdam, 2007
- Weber, M.: Neue Wege der Beteiligungsverwaltung, in: Schiller-Dickhut, R./ Murawski, K.-P.: Kommunale Unternehmen auf der Flucht nach vorn, Bielefeld 1999, S. 110-124.
- Richter, W.: Controlling im "Konzern" Stadt, in: von Bandemer, S.: Handbuch zur Verwaltungsreform, Opladen 1998, S. 356-362.
- Martens, D. u. a.: Konzern Stadt, Stuttgart 1998.
- Wieland, J.: Rechtsprobleme der Verwaltungsmodernisierung, dargestellt am Beispiel der Umwandlung der Stadt Bielefeld in einen Konzern, Rechtsgutachten im Auftrag der Vereinigung der IHKs in NRW, Bielefeld 1998.