Smart City

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Mit dem Begriff "Smart City" wird das Ziel einer neuen integrierten Stadtentwicklung bezeichnet, die aktuelle technische und soziale Innovationen miteinander verknüpft. Mit Hilfe moderner, dezentraler Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sollen Infrastrukturen untereinander vernetzt werden, um "intelligenter" und effizienter als bisher zusammenzuwirken. Die Idee der "Smart City" wird zumeist in Verbindung mit dem Leitbild der nachhaltigen Stadt diskutiert.

Seit Beginn der 2020er Jahre ist jedoch eine Verwässerung des Begriffs zu beobachten. Zunehmend wird "Smart City" einfach als Synonym für eine digitalisierte Verwaltung und digitale lokale Dienstleistungen verwendet, ohne Bezug auf deren Vernetzung und intelligentes Zusammenwirken.

Beispiel für eine Definition[Bearbeiten]

Die Stadt Wien definiert ihr Projekt "Smart City Wien" wie folgt:

"Smart City Wien steht für die "intelligente Stadt" und innovative Lösungen, speziell in den miteinander verknüpften Bereichen Energie, Gebäude, Mobilität und Infrastruktur inklusive Informationstechnologien. ... Smart City Wien baut auf bestehende Ansätze in der Umwelt- und Klimapolitik auf. Themen wie Energie und Klimaschutz finden sich in der Art wieder, wie wir unsere Gebäude bauen und betreiben, wie Infrastruktur effizient und optimal Versorgungssicherheit gewährleistet und wie wir uns in lebenswerten Stadtvierteln fortbewegen. Durch all die verschiedenen Abläufe werden Ressourcen verbraucht, die es zu minimieren gilt und die aus erneuerbaren, umweltfreundlichen Quellen kommen sollen. Unterstützt wird dies durch den sinnvollen Einsatz neuer Technologien, aber auch durch soziale und organisatorische Innovationen. ... Entscheidend für die Smart City Wien-Initiative ist, die effiziente und damit verbunden auch leistbare Stadt im Auge zu behalten. Dies ist Grundlage unseres Wohlstandes und die Chance, Herausforderungen wie Bevölkerungszuwachs, Umwelt- und Klimaproblematik oder globaler Veränderung in Wirtschaft und Gesellschaft aktiv zu begegnen. ..."

Ausgangsfragen, Trends und Ziele[Bearbeiten]

Durch Entwicklungen wie die Energiewende und das Leitbild der Nachhaltigkeit, aber auch durch demografisch bedingte Veränderungen steht die Stadtentwicklung vor neuen Aufgaben. Zugleich stellt die technologische Entwicklung neue Instrumente bereit. Immer mehr Objekte (z. B. Fahrzeuge, Haushaltsgeräte, Gebäude) werden elektronisch gesteuert und sind untereinander vernetzt oder vernetzbar. Zugleich steht moderne Kommunikationstechnik z. B. in Form von Mobilfunknetzen und Smartphones fast überall zur Verfügung. Damit entstehen neue Möglichkeiten, ganz unterschiedliche Dinge und Prozesse miteinander zu verknüpfen und ortsunabhängig zu steuern.

Zunehmend bildet die IKT das Rückgrat moderner Infrastrukturen. Stromnetze, Logistik- oder Verkehrsmanagementsysteme werden durch Kommunikationsnetze gesteuert und können dadurch "intelligenter" und flexibler ausgelegt werden. Große Unternehmen wie kleine Startups entwickeln immer neue Systemlösungen. Die Einbettung neuer Technologien in bestehende Infrastrukturen ist ein schleichender Prozess, dessen Auswirkungen nur begrenzt vorhersehbar sind. Mit dem Begriff "Smart City" wird die Hoffnung verbunden, diese Trends nutzen zu können, um das Zusammenleben und die Prozesse in einer Stadt klüger, schneller und (ressourcen-)effizienter aufeinander und auf die Bedürfnisse der Menschen abstimmen zu können.

Dabei werden zunehmend auch bislang getrennte Infrastrukturen zusammen gedacht; Beispiele sind Konzepte zur Rückgewinnung von Wärme und Biomasse aus Abwasser oder der Einsatz von Elektroautos als Speichermedium zur Pufferung von Energieverbrauchsspitzen. Damit stehen auch die Trennung der Sparten städtischer Infrastrukturen sowie teilweise die ihnen zugrundeliegenden Geschäftsmodelle zur Diposition. Auch der unterschiedliche ökonomische Regulierungsrahmen steht einer stärkeren Integration verschiedener Infrastrukturen häufig im Weg.

"Smart City" bezeichnet einen integrierten Innovationsprozess auf verschiedenen Ebenen: Technologisch, ökonomisch, sozial und politisch. Er verspricht, Beiträge zur Lösung des Energie- und Ressourcenproblems zu leisten und die Lebensqualität in der Stadt zu verbessern. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht dabei die bereits bestehende, sich wandelnde multifunktionelle Infrastruktur, die technisch, ökonomisch und räumlich zu betrachten ist. Stadt- und Infrastrukturentwicklung sind (wieder) als ko-evolutionärer Prozess zu begreifen, nachdem bislang die Infrastruktur- der Stadtplanung eher nachgefolgt ist.

Risiken und Kritik[Bearbeiten]

Die Durchdringung aller Lebensbereiche durch moderne Informations- und Kommunikationstechniken ist nicht ohne Risiken; hierzu gehören:

  • Datensicherheit, Funktionstüchtigkeit auch in Krisen- oder Katastrophensituationen
  • Datenschutz
  • Notwendigkeit neuer Infrastrukturen für "Open Data" und "Big Data" mit neuartigen Systemerfordernissen
  • Fragen der Kompatibilität von isoliert entwickelten Lösungen sowie der gesellschaftlichen Akzeptanz.

Die Verbindung zwischen "Smart City" und dem Konzept der "nachhaltigen Stadt" wird oft benannnt, ist aber nicht selbstverständlich gegeben. So ermöglichen neue Technologien häufig eine effizientere Nutzung von Ressourcen, können aber ihrerseits auch neue Umweltprobleme (Verbrauch knapper Ressourcen wie seltener Erden, Produktion von Elektronikschrott, Energieverbrauch bei Herstellung und Betrieb) verursachen. Die Externalisierung ökologischer und sozialer Kosten ist nicht auszuschließen. Rebound-Effekte können die Einparung von Ressourcen wieder zunichte machen. Nicht alle Innovationen stoßen auf Akzeptanz, so haben sich z. B. Smart-Home-Konzepte (die bereits seit den 90er Jahren entwickelt werden) bislang nicht durchsetzen können. Schließlich setzen Alter, Herkunft, Einkommen und soziale Schicht Grenzen für die Teilhabe, die zu neuen sozialen Spaltungen führen können.

Mit "Smart City" öffnen sich neue Zukunftsmärkte, die sowohl große internationale Unternehmen als auch Neugründungen von Firmen auf den Plan rufen. Die gesellschaftliche Diskussion und Entscheidung, welche Entwicklungen gewollt oder nicht gewollt sind, wird eine besondere Herausforderung sein. Kommunen sind aufgerufen, diese Diskussion zu führen und mit Hilfe ihrer Beteiligungen und Infrastrukturen für einen demokratischen Prozess zu sorgen. Bisher ist dies nicht der Fall: Das Thema wird in unterschiedlichen Gremien, vor allem in Fachgremien und in der Wissenschaft, ohne große Beteiligung der Öffentlichkeit diskutiert. Die Orientierung an den Bedürfnissen der Nutzer/innen droht häufig zu kurz zu kommen.

"Überwachung und Kontrolle in der 'intelligenten Stadt'"[Bearbeiten]

In einer Studie für die Rosa-Luxemburg-Stiftung von 2016[1] interpretieren Jathan Sadowski und Frank Pasquale in Anlehnung an Deleuze's Konzept der "Kontrollgesellschaft" das Konzept der Smart City als "eine Form der Kontrolle (und nicht etwa als Emanzipation) ihrer BewohnerInnen". Die Ideologie der Smart City richte einen "einseitigen Fokus auf Transparenz- und Effizienzsteigerungen" und lasse die negativen Auswirkungen außer Acht, die mit dem Ausbau von umfassenden Überwachungssystemen verbunden sind. Weiterhin reduziere sie die vielen politischen und ethischen Fragen, die die Digitalisierung des Raums aufwirft. Sie analysieren die "sanfte Gewalt biometrischer Überwachung" und die "brutale Gewalt von Polizeitechniken". Als Konsequenz fordern sie, angelehnt an das Prinzip des Rechts auf Stadt, die "Zurückeroberung der Kontrolle". Allerdings wird die sehr theoretisch angelegte, in schwer zugänglicher akademischer Sprache verfasste Studie im kommunalpolitischen Raum kaum wahrgenommen werden.

"Total überwachte, ferngesteuerte und kommerzialisierte Stadt"[Bearbeiten]

Besonders deutlich wird die Kritik am Smart-City-Konzept von Datenschutz-Aktivist/inn/en wie digitalcourage formuliert. Im Jahr 2018 erhielt das Konzept einen BigBrotherAward in der Kategorie „PR & Marketing“. Rena Tangens charakterisiert die SmartCity in ihrer Laudatio als eine "mit Sensoren gepflasterte, total überwachte, ferngesteuerte und kommerzialisierte Stadt, „Smart Cities“ reduzieren Bürger auf ihre Eigenschaft als Konsumenten, machen Konsumenten zu datenliefernden Objekten und unsere Demokratie zu einer privatisierten Dienstleistung".[2]

Vom Konzept zur Konkretisierung[Bearbeiten]

"Smart City"-Projekte gibt es weltweit in verschiedenen größeren Städten, im deutschsprachigen Raum beispielsweise in Berlin, Wien und Zürich. An einigen größeren Universitäten wird zu diesem Thema praxisbezogen geforscht, beispielsweise im "Urban Lab", einer interdisziplinären Forschungsplattform an der TU Berlin. Diese "Labs" sollen zum einen als "interaktives Kommunikations- und Simulationsinstrument" dienen, um Ideen modellhaft auszuprobieren. Zum anderen sollen in konkreten Räumen, z. B. Quartieren, Pilotprojekte durchgeführt werden, um die Realisierbarkeit von Ideen zu testen.

Die Umsetzung in die Praxis wird insbesondere im EU-Projekt Horizon 2020 (deutsch: Horizont 2020), einem Rahmenprogramm der Europäischen Union für Forschung und Innovation, gefördert. Im Förderbereich III "Gesellschaftliche Herausforderungen" werden Aufgaben wie sichere, saubere und effiziente Energie, intelligenter, umweltfreundlicher und integrierter Verkehr sowie Klimaschutz, Umwelt, Ressourceneffizienz und Rohstoffe benannt. Konkret werden z. B. Null- u. Niedrigenergiequartiere, integrierte Infrastrukturen sowie Projekte mit dem Ziel nachhaltiger städtischer Mobilität gefördert.

Nur in wenigen Städten gibt es ein von Politik und Verwaltung unter dieser Bezeichnung implementiertes "Smart City"-Projekt; ein Beispiel hierfür ist Wien (siehe unter "Weblinks").

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert eine "Nationale Smart-City-Strategie", um den Rückstand Deutschlands bei der Digitalisierung auf kommunaler Ebene aufzuholen. Dazu gehört für ihn auch ein einheitlicher Rechtsrahmen sowie ein KfW-Förderprogramm.[3]

Publikation von BBSR, PwC und Fraunhofer IAO[Bearbeiten]

Eine gemeinsame Publikation des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung mit PwC und der Fraunhofer IAO kommt zu dem Schluss: Kommunen müssen die Digitalisierung zur strategischen Aufgabe machen, um bei der Stadtentwicklung handlungsfähig und unabhängig zu bleiben. Die Studie wird in Form von vier Einzelpublikationen veröffentlicht, die jeweils kostenlos zum Download zur Verfügung stehen:

  • Digitalisierung und die Transformation des urbanen Akteursgefüges
  • Die neue Stadtökonomie – Strukturwandel in Zeiten der Digitalisierung
  • Die Weisheit der Vielen – Bürgerbeteiligung im digitalen Zeitalter
  • Mind the Gap – Digitale Integration als Basis für smarte Städte

Link zur Publikation[Bearbeiten]

Ranking der Beratung Roland Berger[Bearbeiten]

Die Unternehmensberatung Roland Berger hat die Smart-City-Konzepte von 87 Städten weltweit verglichen und ein Ranking aufgestellt. Laut Roland Berger sollten Smart-City-Ansätze "nicht in einzelnen, unverbundenen Lösungen stecken bleiben, sondern die Breite der öffentlichen Daseinsvorsorge adressieren und die entsprechenden Anwendungen auch untereinander verknüpfen". Besondere Bedeutung misst die Unternehmensberatung dabei den Feldern öffentliche Verwaltung, Gesundheit, Bildung, Energie und Umwelt, Gebäude sowie Mobilität bei. Großstädte sollten "verstehen, was die Bürger tatsächlich wollen, und die in einer Stadt angebotenen Dienstleistungen grundsätzlich überdenken, den Nutzen auf Bürger und Unternehmen ausrichten und diese auch in die Strategieentwicklung einbeziehen". Spitzenreiter ist dem Ranking zufolge Wien, das "eine breit und sehr grundsätzlich angelegte Smart City-Strategie ausgearbeitet hat, die auf den Kriterien Lebensqualität, Ressourcenschonung und Innovation basiert". Neben dem Ranking (Download nur auf englisch) bietet Roland Berger einen kostenlosen Onlinetest, mit dem Städte ihren Smart-City-Strategieansatz selbst überprüfen können. Roland Berger erwartet, dass der weltweite Markt für Smart City-Lösungen in den nächsten fünf (bis 2023) Jahren von ca. 13 Mrd. € auf 28 Mrd. € anwächst.

Weblinks[Bearbeiten]

Förderprogramm Modellprojekte Smart Cities[Bearbeiten]

Zusammen mit der KfW-Bank hat der Bund 2019 ein Förderprogramm gestartet. Innerhalb von 10 Jahren sollen ca. 750 Mio. EUR in vier Staffeln für rund 50 Modellprojekte bereitstehen. Kommunen erhalten für die förderfähigen Kosten Zuschüsse in Höhe von 65%, bei Haushaltsnotlage bis zu 90%.

Im Rahmen des Projekts wird auch eine Transferstelle entstehen, die ein Konsortium aus mehreren Instituten, darunter das difu, aufbaut. Die Transferstelle soll für den Erfahrungsaustausch auch über die Modellkommunen hinaus zur Verfügung stehen.

Weitere Informationen[Bearbeiten]

BET: Studie zu Stadtwerken[Bearbeiten]

Die BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH legte in Zusammenarbeit mit dem Verband kommunaler Unternehmen e.V. im Februar 2020 eine Studie vor, für die 58 städtische Versorgungsunternehmen - überwiegend Stadtwerke - befragt worden waren. Ziel war, Beispiele und Handlungsempfehlungen für Smart-City-Projekte zusammenzutragen. In Kurzform werden 35 Best-Practice-Beispiele aufgeführt. Aus den Interviews werden Handlungsempfehlungen abgeleitet, beispielsweise:

  • Der Nutzen eines Smart-City-Projektes muss sich klar kommunizieren lassen
  • Der Datenschutz muss gewährleistet sein, hier verfügen kommunale Unternehmen über einen Vertrauensvorschuss
  • Sinnvoll ist es, mit Pilotprojekten zu beginnen und erfolgreiche Vorhaben später auszuweiten
  • Rentabilität stellt sich oft erst längerfristig ein, z.B. über eine Verbesserung von Standortfaktoren
  • Auch kleine Schritte haben einen Wert, es ist besser mit ihnen anzufangen als anderen Akteuren das Feld zu überlassen.

Weblinks[Bearbeiten]

Smart-City-Studie von Kowid und PSPC[Bearbeiten]

Für eine im November 2020 fertiggestellten Studie von Kowid (Uni Leipzig) und PSPC wurden Vertreter*innen von Kommunen, von kommunalen und privaten Unternehmen zu Chancen und Zielen einer Smart-City-Strategie für die kommunale Infrastruktur befragt. Für alle Gruppen stehen - mit etwas unterschiedlichem Akzent - Teilhabe, Generationengerechtigkeit und Gemeinwohl bzw. Lebensqualität als Ziele im Vordergrund, wozu die Einbindung der gesamten Bevölkerung erforderlich sei. Für die Kommunen hat für eine Smart-City-Strategie die digitale Verwaltung Priorität. Wesentliche Hindernisse sind aus dieser Perspektive fehlende finanzielle und personelle Ressourcen. Die Befragten sahen weitgehend einheitlich den Mobilitätssektor als besonders geeignet für Digitalisierungsstrategien an, gefolgt vom Energiebereich.

  • Dr. Corinna Hilbig, Dr. Oliver Rottmann, Dipl.-Geogr./Dipl.-Ing. André Grüttner, Anna Wagner M.A., Viviane Banaschik LL.B. (Kowid und PSPC): Chancen für die kommunale Infrastruktur, smart-city Studie, November 2020 (pdf-Format, 108 Seiten)

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Jathan Sadowski und Frank Pasquale: Smart City. Überwachung und Kontrolle in der «intelligenten Stadt», Rosa-Luxemburg-Stiftung - Analysen Nr. 23 (Januar 2016, nur online, pdf-Format, 44 Seiten)
  2. Vgl. die Laudatio im Wortlaut, auch als Video
  3. DStGB, Digitalisierung der Daseinsvorsorge braucht eine nationale Strategie, Pressemitteilung vom 24.06.2017; vgl. auch Der neue Kämmerer, Städte- und Gemeindebund fordert nationale Smart City-Strategie, 23.02.2017

Weblinks[Bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten]