Tipps für neugewählte Ratsmitglieder

Aus KommunalWiki

Wichtige Weichen werden schon VOR der ersten Sitzung gestellt! Deshalb:

  • Möglichst früh Kontakt aufnehmen zu anderen Fraktionen und Gruppierungen.
  • Gemeinsame Interessen und eventuelle politische Gemeinsamkeiten ausloten.
  • Sondierungsgespräche führen über die Gestaltung der Geschäftsordnung, über Personalfragen und mögliche Koalitionen.
  • Die Handreichungen und Leitfäden der kommunalpolitischen Vereinigungen und Seminare der Landesstiftungen vermitteln die Grundlagen für die bevorstehende Ratsarbeit.
  • Die Vernetzung mit Ratsmitgliedern in anderen Kommunen und die Mitgliedschaft in den jeweiligen kommunalpolitischen Vereinigungen sind unbedingt empfehlenswert.

Kommunalpolitik ist rechtlich stark reguliert. Deshalb schnellstens die wichtigsten Grundlagen besorgen:

Zumindest die relevanten Landes- und Bundesgesetze gibt es mittlerweile alle im Internet!

Die Geschäftsordnung im Ratsgremium regelt den Ablauf der Sitzungen in der bevorstehenden Wahlperiode. Was hier in der konstituierenden Sitzung versäumt wird, kann später nur schwer revidiert werden.

  • Durch entsprechende Änderungsanträge können die Voraussetzungen für mehr Demokratie, Transparenz und Öffentlichkeit der Kommunalpolitik geschaffen werden.
  • Generelle Empfehlungen können hier nicht gegeben werden, die Antragsideen müssen jeweils auf die Verhältnisse „vor Ort“ abgestimmt werden.

Das Antragsrecht ist das vornehmste Recht eines jeden Ratsmitglieds, weil nur auf diesem Weg aktiv auf die Politikgestaltung Einfluss genommen werden kann. Dieses Instrument effektiv zu handhaben, ist eine Kunst, die erlernbar ist.

  • Wer möglichst das gesamte Wahlprogramm in den ersten Monaten nach der Wahl via Antragstellung umsetzen möchte, überfordert damit die Kolleg/inn/en im Rat und die Verwaltung. Hier ist Augenmaß und Schwerpunktsetzung gefordert. Und eine längerfristig geplante Strategie mit einem klaren politischen Profil – schließlich dauert die Wahlperiode mehrere Jahre. Für diese strategischen Überlegungen sollte man sich Zeit und Raum geben und das ggf. extern moderieren lassen.
  • Anträge ohne Mehrheit sind zum Scheitern verurteilt. Wer Erfolge haben will, braucht Bündnispartner/innen: im Rat, in der Verwaltung, in der Zivilgesellschaft. Das bedeutet: Es sind viele Anstrengungen notwendig schon im Vorfeld der Antragstellung, um solche Mehrheiten zu schaffen.
  • Nicht jede gute Idee muss zum Antrag werden. Manchmal genügt ein Tipp an die Verwaltung oder ein informelles Gespräch am Biertisch auch, um diese Idee auf den Weg zu bringen ...

Erfolgreiche (Kommunal-) Politik ist in aller Regel das Ergebnis zielorientierter, kooperativer Teamarbeit. Solche Teams müssen sich erst „finden“ – gerade wenn die Wahlen für einen mehr oder weniger erheblichen Wechsel beim Personal gesorgt haben.

  • Regelmäßige Klausuren ohne Termin- und Themendruck fördern die Teambildung.
  • Verbindliche Regeln für alle, ggf. in einer Fraktionsgeschäftsordnung o.ä. festgehalten, erleichtern die Arbeit im Team.
  • Eine gute „Übergabe“ und ggf. „Begleitung“ durch ausgeschiedene Mandatsträger/innen verhindert unnötige Reibungsverluste.

„Nobody is perfect“ – auch grüne Ratsmitglieder nicht!

  • Kommunalpolitik ist eine komplexe Angelegenheit, die gerade ein „Neuling“ kaum vollständig abdecken kann. Bei aller Liebe zum Perfektionismus, den gerade Grüne gerne pflegen, ist hier Geduld, Bereitschaft zum Lernen und auch mal Mut zur Lücke gefragt. Denn wer sich schon zu Beginn der Wahlperiode überfordert, wird kaum bis zum Ende durchhalten.
  • Hilfestellung bieten: die „altgedienten“ Fraktionskolleg/inn/en, die kommunalpolitischen Vereinigungen, der Besuch von Seminaren bei GreenCampus und den Landesstiftungen, die Lektüre der AKP und der von ihr herausgegebenen kommunalpolitischen Fachbücher. Und nicht vergessen: Es gibt ein Leben jenseits der Politik!
  • Kommunalpolitik, intensiv betrieben, kann sehr zeitaufwendig sein: Ratstermine, Fraktionssitzungen, Einladungen zu Vereinen, Verbänden, NGOs, Gespräche mit Bürger/innen, Parteitermine. Da ist gutes Zeitmanagement gefordert, um nicht ständig gehetzt zu sein und das Gefühl zu haben, die vielen Verpflichtungen nicht schaffen zu können.
  • Kann Politik glücklich machen? Jedenfalls nur dann, wenn sie in einem funktionierenden Umfeld stattfindet. Deshalb: Für Partner/in, Familie, Freundeskreis und eigene Interessen muss auch jenseits der Politik noch Raum und Zeit sein!

Dr. Gerd Rudel (Petra-Kelly-Stiftung)