Sondervermögen Infrastruktur

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Am 18.03.2025 beschloss der Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Grünen die Schaffung eines Sondervermögens Infrastruktur im Umfang von bis zu 500 Mrd. €, verteilt auf 12 Jahre; am 21.03.2025 stimmte auch der Bundesrat zu. Da es sich um ein Sondervermögen außerhalb des Bundeshaushaltes handelt, das zudem eine Ausnahme von der grundgesetzlich festgelegten "Schuldenbremse" darstellt, war in beiden Häusern eine Zweidrittelmehrheit notwendig.

Vorgeschichte und Inhalt[Bearbeiten]

Die politische Entscheidung über das Sondervermögen folgte aus dem wahrgenommenen Investitionsrückstand in Deutschland und aus dem Scheitern der Ampelkoalition, die nicht zuletzt am Streit über die Einhaltung der Schuldenbremse zerbrochen war. Die politische Einigung war möglich, nachdem die CDU, die während der Ampelkoalition ebenso wie die FDP auf strikte Einhaltung der Schuldenbremse gepocht hatte, ihre Position geändert hatte. Das Sondervermögen wurde noch vom alten, bereits abgewählten Bundestag beschlossen, weil CDU/CSU und SPD nur dort - mit Hilfe der Grünen - eine Zweidrittelmehrheit ohne Linke und AfD erreichen konnten. Die entsprechende Grundgesetzänderung[1] trat am 25.03.2025 in Kraft.

Da für den Beschluss die Zustimmung der Grünen erforderlich war, konnten diese zwei Änderungen an den ursprünglichen Plänen durchsetzen:

  • Von den bis zu 500 Mrd. € werden bis 2034 100 Mrd. € dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zugeführt - 10 Mrd. € jährlich. In diesem Zusammenhang wurde in den neuen Grundgesetzartikel auch das Ziel der "Erreichung der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045" eingefügt; nach Ansicht der CDU wurde es damit jedoch nicht zum Staatsziel, sondern lediglich zum Ziel des KTF erklärt.
  • Die durch das Sondervermögen finanzierten Investitionen müssen "zusätzlich" sein, d.h. neben dem Sondervermögen muss im regulären Bundeshaushalt eine "angemessene Investitionsquote" erreicht werden. Ohne diese Bestimmung hätten geplante Investitionen vom Haushalt in das Sondervermögen verschoben werden können, was im Haushalt zusätzlichen Spielraum geschaffen hätte.

Neben den 100 Mrd. € für den KTF gehen weitere 100 Mrd. € an die Länder, um deren Investitionskraft zu stärken. Die Verteilung zwischen den Ländern soll nach dem Königsteiner Schlüssel erfolgen. In den Verhandlungen über das entsprechende Gesetz konnten die Länder durchsetzen, dass die Mittel nicht für "zusätzliche" Investitionen verwendet werden müssen, d.h., sie können den Investitionsanteil in ihren Kernhaushalten absenken, um Spielräume für andere Zwecke zu schaffen.

Das Sondervermögen kann bis einschließlich 2036 verwendet werden. Ende 2045 läuft die Ermächtigung aus, d.h. bis dahin müssen die Kredite getilgt sein oder in den Bundeshaushalt übernommen werden. Gleichzeitig wurde beschlossen, einen Teil der Verteidigungsausgaben - nämlich den Anteil, der 1% des BIP übersteigt - von der Schuldenbremse auszunehmen.

Die Verteilung der Mittel auf verschiedene Zwecke regelt ein Wirtschaftsplan, der jährlich als Anlage zum Bundeshaushalt erstellt wird. Bisher ist nur die Verteilung für das Jahr 2025 bekannt - da im laufenden Jahr der Bundeshaushalt voraussichtlich im September verabschiedet wird, sollen in diesem Jahr nur knapp 19 Mrd. € über das Sondervermögen ausgegeben werden - ohne die Mittel für den KTF und die Länder. Sie sollen folgenden Zwecken dienen:

  • Verkehrsinfrastruktur, insb. Bahn (fast 12 Mrd. €)
  • Digitalisierung (4 Mrd. €)
  • Transformation der Krankenhäuser (1,5 Mrd. €)
  • Energieinfrastruktur (unter 1 Mrd. €)
  • Forschungsinfrastruktur (unter 1 Mrd. €)
  • Wohnungsinfrastruktur (unter 1 Mrd. €)

Die Länder können ihren Anteil - neben den genannten Zwecken - auch einsetzen für

Zugleich wurde - ebenfalls durch Änderung des Grundgesetzes - der Verschuldungsspielraum der Länder erweitert; sie können jetzt - wie zuvor schon der Bund - Schulden von jährlich bis zu 0,35% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) aufnehmen. Derzeit (2025) wäre das jährlich ein zusätzlicher Spielraum von rund 15 Mrd. € für die Länderhaushalte.

Da sich das neue Sondervermögen aus Krediten finanziert, dürfte Deutschland in Kürze wieder gegen die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts der EU verstoßen, wonach die jährliche Neuverschuldung von Staaten, die den Euro verwenden, auf 3% und der zulässige Schuldenstand auf 60% des BIP begrenzt sein müssen. Es wird erwartet, dass die EU angesichts der Bedeutung von Verteidigungsausgaben und Infrastruktur-Investitionen diese Regeln milde auslegen oder gar ändern wird. Deutschland wird aber in Zukunft nicht mehr, wie in der Vergangenheit, andere Länder zur strikten Einhaltung dieser Regeln anhalten können.

Was bedeutet das Sondervermögen für die Kommunen?[Bearbeiten]

Die Kommunen profitieren nicht unmittelbar vom Sondervermögen Infrastruktur - mittelbar jedoch auf mehrfachen Wegen, ohne dass dies derzeit klar mit Zahlen hinterlegt werden kann.

Zunächst soll ja ein Teil der Mittel, die an die Länder gehen, von diesen an die Kommunen weitergereicht werden. Der Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums (Stand 14.06.2025) sah vor, dass die Länder 60% der Mittel an die Kommunen geben, die Länder konnten diese Regelung jedoch abwenden.[3] So kann jedes Land selbst entscheiden, welchen Anteil es an die Kommunen gibt. Dieser Anteil dürfte in den meisten Bundesländern geringer als 60% ausfallen - sonst hätten die Länder dem Bundesvorschlag zustimmen können. Auch wenn es am Ende nur 50% werden, klingt dies nach einem hohen Betrag, doch der ist zu relativieren.

Die Mittel sollen über einen Zeitraum von 12 Jahren zur Verfügung stehen. Bei der oben vermuteten hälftigen Aufteilung zwischen Ländern und Kommunen wären das über den genannten Zeitraum jährlich ca. 4 Mrd. € zusätzliche kommunale Mittel, in den ersten Jahren vielleicht etwas mehr, später etwas weniger. Zum Vergleich: Das Gesamtdefizit der kommunalen Haushalte betrug 2024 gut 24 Mrd. €, der kommunale Investitionsrückstand wurde im gleichen Jahr auf 186 Mrd. € geschätzt, die kommunale Gesamtverschuldung auf fast 170 Mrd. €.[4] Aus eigener Kraft investierten die Kommunen in Deutschland im Jahr 2024 rund 40 Mrd. €,[5] das Sondervermögen könnte diesen Betrag also um rund 10% aufstocken. Die zusätzlichen Mittel werden in den Kommunen willkommen sein, sie lösen aber nicht ansatzweise die Finanzierungsprobleme der Kommunen, zumal sie nur für zusätzliche Investitionen verwendet werden dürfen, die ihre Haushalte nicht direkt entlasten.

Die weiteren politischen Beschlüsse können aber auch positive Auswirkungen auf die Kommunen haben. So könnte der zusätzliche Spielraum für die Länderhaushalte sich auch in einer Verstärkung von Förderprogrammen oder des kommunalen Finanzausgleichs niederschlagen. Auch der Bund ist nicht gehindert, aus dem Sondervermögen Investitionen zu fördern, die von Kommunen oder von lokalen, teils auch kommunalen Unternehmen durchgeführt werden. Allerdings wurde im Rahmen der Haushaltsverhandlungen schon angekündigt, dass Förderprogramme im Kernhaushalt zurückgefahren werden. Schließlich können die zusätzlichen Investitionen, auch solche in die Verteidigung, die Konjunktur und damit auch die Steuerkraft der Kommunen stärken.

Insgesamt wird also das Sondervermögen auch auf der kommunalen Ebene positive Effekte haben und wirtschaftliche Impulse setzen, doch ist es angesichts der prekären Finanzlage vieler Kommunen bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. Strukturelle Probleme werden damit nicht gelöst, die Krise der Gemeindefinanzen nicht im Ansatz behoben.

Einnahmeausfälle werden ausgeglichen[Bearbeiten]

Als zusätzliche Maßnahme, um private Investitionen zu fördern, plant der Bund Steuererleichterungen, beispielsweise kürzere Abschreibungspflichten; dieses Paket wird auch als "Investitionsbooster" bezeichnet. Die dadurch verursachten Steuermindereinnahmen wirken sich auch auf Länder und Kommunen aus; dabei wird für die Kommunen von 2025 bis 2029 ein Minus von ca. 29 Mrd. € erwartet, für die Länder von ca. 19 Mrd. €. Auf Protest der Länder hin, die diese Mindereinnahmen für nicht tragbar hielten, gestand der Bund ihnen zu, die Ausfälle der Kommunen vollständig, die der Länder teilweise auszugleichen. Für die Kommunen soll das durch einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer umgesetzt werden.[6]

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. In das Grundgesetz wurde ein neuer Artikel 143h eingefügt
  2. Tagesspiegel: In diese Bereiche sollen die Infrastruktur-Milliarden fließen, 24.06.2025
  3. Tagesspiegel: „Habe erhebliche Zweifel, ob die Vorgaben sinnvoll sind“, 13.06.2025 (Bezahlschranke); In diese Bereiche sollen die Infrastruktur-Milliarden fließen, 24.06.2025. Der Städtetag verlangte einen deutlich höheren kommunalen Anteil: "Mindestens zwei Drittel an die Kommunen überweisen", Interview der "Welt" mit Städtetags-Präsident Burkhard Jung, 19.05.2025. Laut Tagesspiegel (14.06.2025) hatte der Städtetag seine Forderung später auf 75% erhöht.
  4. Siehe hierzu und zu den Quellen den Artikel Kommunalfinanzen 2022 bis 2027 in den Flächenländern.
  5. Dabei handelt es sich um eine Prognose aus dem Jahr 2023: Deutscher Städtetag, Stadtfinanzen 2023, 19.10.2023, mit Link zum Download des Dokumentes im pdf-Format
  6. Tagesspiegel: Bund entlastet Kommunen vollständig für Steuerausfälle, 24.06.2025

Siehe auch[Bearbeiten]