Steuerschätzung vom November 2021

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Nur eine halbe Entwarnung[Bearbeiten]

Die am 11.11.2021 veröffentlichte Steuerschätzung vom November 2021 fällt vergleichsweise optimistisch aus. Für Bund, Länder und Gemeinden werden deutlich mehr Steuereinnahmen erwartet als noch in der vorangegangenen Steuerschätzung vom Mai 2021. In den Jahren 2021 bis 2025 sollen alle stattlichen Ebenen zusammen jährlich gut 35 Mrd. € mehr als vor einem halben Jahr prognostiziert erhalten. Das freut nicht nur die Verhandler*innen der Ampelkoalition, die trotz des Beharrens der FDP auf der Schuldenbremse Investitionen in Klimaschutz, Digitalisierung und andere Zukunftsaufgaben finanzieren müssen - es ist auch eine gute Nachricht für die Gemeinden, die ebenfalls bessere Steuereinnahmen erwarten können.

In den genannten fünf Jahren sollen bei den Gemeinden jährlich zwischen 4 und 8 Mrd. € mehr an Steuereinnahmen eingehen als vor einem halben Jahr geschätzt. Zusammen bedeutet das, dass in diesem Zeitraum die Steuereinnahmen um mehr als 27 Mrd. € höher als bislang erwartet ausfallen. Das sind aber immer noch, wie der Deutsche Städte- und Gemeindebund berechnet, bis 2024 rund 20 Mrd. € weniger als vor der Corona-Krise erwartet.[1] Die nachfolgende Grafik stellt die beiden Steuerschätzungen des Jahres 2021 einander gegenüber; zum Vergleich ist auch die letzte Steuerschätzung vor der Corona-Krise (Steuerschätzung vom Oktober 2019) eingetragen.

Steuersch 2021 Vergl.png
Vergleich der Steuerschätzungen Mai und November 2021 sowie Oktober 2019 für die Gemeinden (Grafik selbst erstellt mit Libre Office)


Wie bei jeder Steuerschätzung müssen Einschränkungen gemacht werden: Die Steuerschätzung gibt natürlich nur die Erwartung bezüglich der Steuereinnahmen wider. Die Entwicklung der Ausgaben - die pandemiebedingt in einigen Bereichen erhöht sind - bleibt außer Betracht, ebenso die derzeit hohe Inflationsrate, die besonders im Baubereich zu Kostensteigerungen führt. Allerdings verbessern sich auch die Steuereinnahmen der Länder, was sich positiv beim kommunalen Finanzausgleich auswirken sollte - der natürlich weiterhin ebenfalls hinter den Erwartungen vor der Corona-Krise zurückbleibt. Der Steuerschätzung liegen bestimmte Erwartungen an die Konjunktur zugrunde: Das Bruttosozialprodukt soll im laufenden Jahr nominal um 5,6% wachsen, in den beiden folgenden Jahren um 6,4% bzw. 3,3%, anschließend jährlich um 2,6%.

Ebenfalls sollte bedacht werden, dass sich die Mehreinnahmen ungleich verteilen werden. Die ohnehin schon steuerstarken Kommunen werden am stärksten von den Mehreinnahmen profitieren, während chronisch unterfinanzierte und überschuldete Kommunen nur sehr verhalten entlastet werden. Der Investitionsrückstand der Kommunen wird derzeit auf fast 150 Mrd. € geschätzt,[2] zu seinem Abbau reichen die Steuermehreinnahmen bei weitem nicht aus - zumal dort, wo die größten Rückstände bestehen, die Mehreinnahmen meist geringer ausfallen werden.

Reaktionen[Bearbeiten]

Entsprechend zurückhaltend kommentiert der Deutsche Städtetag die Steuerschätzung. Die Lage der Kommunalfinanzen sei nicht mehr katastrophal, bleibe aber angespannt. Bund und Länder müssten die Finanzausstattung der Kommunen dringend verbessern. Nur bei einer ausreichenden Finanzausstattung könnten die Städte deutlich stärker investieren, um die Transformationsprozesse rund um Klima, Mobilität, Bildung und Digitalisierung erfolgreich zu gestalten.[3]

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund sieht die Kommunalfinanzen weiter im Corona-Tief und fordert von der neuen Bundesregierung und den Ländern eine dauerhafte und auskömmliche finanzielle Unterstützung. Neben eine Verbesserung der Finanzlage sei ein Bürokratieabbau, Pauschalierungen und vor allem Planungssicherheit unverzichtbar, um den Investitionsrückstand abbauen und qualifiziertes Personal in den Verwaltungen und kommunalen Unternehmen gewinnen und halten zu können. Zusätzliche Aufgaben wie der Ausbau der Ganztagsbetreuung dürften den Kommunen nicht einfach aufgebürdet werden, sondern müssten vom Bund ausfinanziert werden.[4]

Der Bund dürfte sich allerdings durch die deutlich verbesserten Erwartungen in seiner Haltung bestätigt sehen, dass neue Bundeshilfen für die laufenden Haushalte der Gemeinden nicht angebracht sind; er sieht hier die Länder in der Pflicht.[5] Allenfalls können aus den Ampel-Koalitionsverhandlungen neue Investitionshilfen für Zukunftsinvestitionen hervorgehen.

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Vor 2020 lagen Steuerschätzungen nur bis 2024 vor; siehe die Pressemitteilung des DStGB, weiter unten
  2. Siehe dazu KfW-Bank: KfW-Kommunalpanel 2021, Mai 2021
  3. Deutscher Städtetag, Trotz positiver Steuereinnahmen-Prognose: Haushaltslage der Städte bleibt angespannt und bessere Finanzausstattung für Investitionen zwingend, Pressemitteilung vom 11.11.2021; siehe dazu auch #stadtvonmorgen, Finanzlage der Städte „weiter angespannt“, 11.11.2021
  4. Deutscher Städte- und Gemeindebund: Kommunale Finanzen weiter im Corona-Tief, Pressemitteilung vom 11.11.2021
  5. Siehe dazu den Abschnitt Bund: Wenig Bereitschaft zu Bundeshilfen für 2021 im Artikel zu den finanziellen Folgen der Corona-Krise für die Gemeinden

Weblink[Bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten]