Steuerschätzung vom Oktober 2025
Die Steuerschätzung vom Oktober 2025, die die vorangegangene korrigiert, sieht etwas positiver aus als noch im Frühjahr geschätzt. Bund, Länder, Gemeinden und EU sollen zusammen im laufenden Jahr 11,6 Mrd. € mehr an Steuern einnehmen. In den kommenden vier Jahren liegen die Steuermehreinnahmen für alle Ebenen jährlich zwischen knapp 15 und 20 Mrd. €. Ein "Silberstreif am Horizont"?
Der Schätzung liegen neue Annahmen über die Konjunktur zugrunde. Diese soll im Jahr 2025 nominal um 3%, in den beiden Folgejahren um fast 4% wachsen. Darin spiegeln sich die erwarteten Wirkungen des Sondervermögen Infrastruktur wider, das ja das Wirtschaftswachstum stimulieren soll. Doch teilweise ist dies nominale Wachstum durch die Inflation bedingt, die höher ausfällt als vor einem halben Jahr erwartet. Das reale Wachstum soll im laufenden Jahr nur bei 0,2%, im kommenden bei 1,3% liegen. Dies relativiert auch die staatlichen Mehreinnahmen, denn zum Teil werden diese durch die höhere Inflation aufgezehrt. Es versteht sich von selbst, dass alle Prognosen angesichts der multiplen Krisen (Ukraine-Krieg, Handelskriege und Zollpolitik etc.) sehr unsicher sind.
Länder und Gemeinden erwarten (etwas) mehr[Bearbeiten]
Die Mehreinnahmen fallen vor allem bei den Ländern, in zweiter Linie bei den Gemeinden an. Der Bund kann nur 2026 ein nennenswertes Plus (knapp 5 Mrd. €), in den Jahren 2028 und 2029 dagegen ein Minus erwarten. Die EU nimmt vor allem im Jahr 2026 in Deutschland rund 4 Mrd. € weniger ein als im Mai geschätzt; hier dürften sich die Verwerfungen im Welthandel widerspiegeln (die EU-Einnahmen resultieren in starkem Maße aus Zöllen).
Bedeutung für die Kommunen[Bearbeiten]
Der Gedanke, die Kommunen könnten jetzt aufatmen, ist jedoch nicht berechtigt. Für 2025 können die Gemeinden Steuereinnahmen von knapp 150 Mrd. € erwarten, das sind 1,8 Mrd. € mehr als im Mai geschätzt, aber immer noch weniger als vor einem Jahr erwartet. Nachdem im vergangenen Jahr das Gesamtdefizit aller kommunalen Haushalte auf dramatische 24 Mrd. € gewachsen war, wird es wohl im laufenden Jahr trotz der etwas höheren Steuereinnahmen mindestens auf gleichem Niveau liegen. Betrachten wir einen etwas längeren Zeitraum: Die kommunalen Spitzenverbände erwarten für die Jahre 2025-2028 ein kumuliertes kommunales Gesamtdefizit von 133 Mrd. €.[1] Demgegenüber liegen die Mehreinnahmen, die die Steuerschätzung im gleichen Zeitraum für die Kommunen voraussagt, bei 11 Mrd. €.
Ein wenig Hoffnung können die Kommunen aus der noch etwas positiveren Schätzung für die Länder schöpfen; deren Mehreinnahmen gegenüber der Mai-Prognose sollen im genannten Zeitraum bei 22 Mrd. € liegen. Theoretisch bietet dies auch Spielraum für eine Erhöhung des kommunalen Finanzausgleichs oder Entschuldungsprogramme für überschuldete Kommunen. Ob die Länder dies angesichts eigener Haushaltsklemmen angehen, ist offen. Auch das Sondervermögen Infrastruktur wird die kommunalen Haushalte nicht retten. Zwar haben die Länder das Kriterium der "Zusätzlichkeit" für die Mittel, die an Länder und Kommunen gehen, aus dem entsprechenden Gesetz herausverhandelt. Das bedeutet, dass die Kommunen mit dem Geld aus dem Sondervermögen, wenn es denn 2026 fließt, bisher im Haushalt geplante Investitionen ersetzen und so die Ausgabenseite ihres Haushalts entlasten können. Doch liegen die Beträge, die die Kommunen erwarten können, mit 4-5 Mrd. € jährlich weit unter den aktuellen Defiziten. Zum Vergleich: Die letzte Erhebung des KfW-Kommunalpanels schätzt den kommunalen Investitionsrückstand auf über 215 Mrd. € (im Vorjahr waren es noch 186 Mrd. €).[2]
Reaktionen[Bearbeiten]
Der Städtetag sieht eine Steuerschätzung "ohne große Überraschungen". Bund und Länder sollten ihre Steuermehreinnahmen nutzen, um die kommunale Finanzkrise zu lindern, doch das reicht nicht aus: Mit der Konjunktur allein sei die kommunale Finanzkrise nicht zu lösen. Es brauche strukturelle Reformen. Drei Dinge sind aus Sicht des Städtetages essenziell: "Wir brauchen eine Entlastung der Städte bei den ständig wachsenden Sozialkosten. Wir brauchen eine Neuordnung der staatlichen Aufgaben, die die Städte entlastet. Und Entbürokratisierung und Digitalisierung müssen vorankommen." Auch der Städte- und Gemeindebund sieht "keinen Grund, sich durch diese Zahlen beruhigen zu lassen". Die Ergebnisse der Steuerschätzung seien "besser als Nichts, aber aus kommunaler Perspektive kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein". Ebenso wie der Städtetag fordert der DStGB eine Entlastung der kommunalen Kassen von Ausgabenverpflichtungen, insbesondere im Sozialbereich.
Fußnoten[Bearbeiten]
- ↑ Deutscher Städtetag: Kommunalhaushalte kollabieren – bislang undenkbare Verschuldungsspirale droht. Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände veröffentlicht Prognose für Kommunalfinanzen, Pressemitteilung vom 05.08.2025 mit Link zu den Prognosedaten
- ↑ Deutsches Institut für Urbanistik: KfW-Kommunalpanel 2025 mit Link zum Download im pdf-Format, 41 Seiten, 1 MB
Weblinks[Bearbeiten]
- Bundesfinanzministerium: Wachstumsaussichten und Steuereinnahmen entwickeln sich positiv, aber Konsolidierungsdruck bleibt hoch - Ergebnisse der 169. Steuerschätzung, Pressemitteilung vom 23.10.2025 mit Links auf Tabellen im pdf-Format
- Deutscher Städtetag: Steuerschätzung ohne große Überraschungen – Herbst der Reformen muss Ergebnisse zeigen, Pressemitteilung vom 23.10.2025
- Deutscher Städte- und Gemeindebund: Steuerschätzung: Kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, Pressemitteilung vom 23.10.2025