Vorbeugen ist besser

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Beim Stichwort „Korruption“ fallen einem zumeist Skandale ein. Der Trieneken-Fall in Köln, beispielsweise: Eine Firma zahlt mehrere Millionen an Schmiergeldern, um den lukrativen Auftrag für den Bau einer Müllverbrennung zu erhalten. Wir nehmen solche Vorkommisse als Einzelfälle wahr, als bedauerliches Fehlverhalten, kriminelle Machenschaften, die Staatsanwaltschaft und Gerichte auf den Plan rufen. Amtsträger treten zurück, Koalitionen werden abgewählt, irgendwann gehen alle zur Tagesordnung über.

Doch diese Betrachtung greift zu kurz. Natürlich, Korruption setzt immer voraus, dass Einzelpersonen ihre Pflichten verletzen, sich illegal einen persönlichen Vorteil verschaffen. Doch wie leicht wurde es ihnen gemacht? Konnten Seilschaften entstehen, in denen eine Hand die andere wäscht? Haben Kontrollmechanismen versagt oder waren gar nicht erst installiert? Waren die privatisierten Unternehmen so verschachtelt, dass die Kontrolle durch die VertreterInnen des Rates nicht mehr wirklich möglich war? Die institutionellen Rahmenbedingungen können Korruption enorm erleichtern oder erschweren. Genau hier ist der Ansatzpunkt für Prävention. Denn die wirksamsten Maßnahmen greifen dann, wenn das Kind noch nicht im Brunnen liegt.

Hinschauen![Bearbeiten]

Hier sind politisch oft dicke Bretter zu bohren. Korruption ist ein unbeliebtes, manchmal tabuisiertes Thema. Es ist fast wie mit dem Rechtsextremismus: Die Kommune, insbesondere die Mehrheitsfraktion will sich am liebsten gar nicht damit beschäftigen, weil schon das Eingeständnis, es könnte ungelöste Probleme geben, das Image beschädigt. Lieber keine schlafenden Hunde wecken! In diesem Wegsehen gedeiht dann vielleicht schon der nächste Skandal.

Es gilt also hinzuschauen, nicht auf den Einzelfall, sondern auf die institutionellen Regeln. Derer gibt es viele. Bund und Länder (meist die Innenministerien) haben Richtlinien herausgegeben, deren Beachtung manchen krummen Wegen einen Riegel vorschiebt. Leider sind diese Richtlinien nur in wenigen Fällen (Hessen, Bremen) spezifisch auf die Kommune zugeschnitten. Brauchbarer ist da schon die Dokumentation des Städte- und Gemeindebundes,[1] die zumindest für den sehr korruptionsanfälligen Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe sehr praktische Hinweise und Handreichungen gibt. Noch weit umfassender ist die Handreichung von Transparency International, die speziell für Kommunen und angereichert mit vielen weiteren Hinweisen und Beispielen alle relevanten Akteure (Rat, Verwaltung, kommunale Unternehmen und Zivilgesellschaft / Medien) in den Blick nimmt. Wir stellen dieses „4-Säulen-Konzept“ ausführlich vor, weil wir denken, dass es der beste Ausgangspunkt ist, um für die eigene Gemeinde eine Strategie zu entwickeln.

Ein lokales Konzept[Bearbeiten]

Darum geht es bei diesem Thema: Um Hilfestellung für eine Strategie, die auf die lokalen Gegebenheiten passt. Viele Elemente gelten immer (Regeln für die Auftragsvergabe beispielsweise), andere sind unterschiedlich relevant je nach der lokalen Situation (z. B. Anzahl, Rechtsform und Verschachtelung der privatisierten kommunalen Betriebe), wieder andere lassen sich in Großstädten ganz anders umsetzen als in kleinen Gemeinden.

Am Anfang sollte eine Bestandsaufnahme stehen, die durch Anfragen an die Verwaltung auch das Bewusstsein der Öffentlichkeit schärft: Sind Fälle von Korruption bekannt geworden? Welche Regelungen werden im Rat, in der Verwaltung angewandt? Wie offen und transparent arbeiten die kommunalen Gremien, ist eine effektive Kontrolle durch die Öffentlichkeit möglich? Dann können Maßnahmen formuliert werden, die gezielt die erkannten Defizite angehen. Ein interessantes Element in einem solchen Konzept kann die kooperative Mitgliedschaft der Kommune bei Transparency International Deutschland sein, mit der sich die Kommune öffentlich verpflichtet: Wir sind uns der Gefahr bewusst und arbeiten aktiv gegen Korruption.

Für die systematische Vorbeugung, die Gestaltung von Rahmenbedingungen zur Erschwerung von Korruption, gibt es eine Reihe von Handlungsmöglichkeiten. Viele dieser Maßnahmen entsprechen ohnehin der grünen Programmatik: weitestmögliche Transparenz und Öffentlichkeit, effektive politische Steuerung der kommunalen Unternehmen, Stärkung von Kontrollbefugnissen des Rates und der Rechnungsprüfungs-Ämter bzw. -Ausschüsse, um nur einige Beispiele zu nennen. Eine Garantie, dass nichts passiert, gibt es nicht. Doch ist das ebenso wenig wie bei anderen Risiken ein Grund, die Hände in den Schoß zu legen. Im Gegenteil, genau hier ist das Feld der Politik. Ist der Skandal erst einmal da, bleibt nur noch, die Sache an die Justiz abzugeben – und sich politisch abstrafen zu lassen.

Fußnote[Bearbeiten]

  1. Die entsprechende Publikation des DStGB (DStGB-Dokumentation Nr. 31, 2003, pdf-Format) ist dort nicht mehr erhältlich, unter dem angegebenen Link ist sie gegen Registrierung downloadbar.

Siehe auch[Bearbeiten]