Vorläufige Haushaltsführung

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Die vorläufige Haushaltsführung, auch als Interims- oder Übergangswirtschaft oder Nothaushaltsrecht bezeichnet, gilt, sofern zu Beginn des Jahres noch kein neuer Haushalt in Kraft ist.

Warum ist die vorläufige Haushaltsführung notwendig?[Bearbeiten]

Ein Haushalt gilt regelmäßig nur für jeweils ein Kalenderjahr (Haushaltsjahr), ausnahmsweise (Doppelhaushalt) für zwei Jahre. Die Ermächtigungen des Haushaltsplans enden zwingend zum Jahresende. Ist zu diesem Zeitpunkt noch kein neuer Haushalt verabschiedet und bekannt gemacht, würde für die Haushaltswirtschaft die Ermächtigungsgrundlage fehlen. Diese Lücke schließt die vorläufige Haushaltsführung. Sie ermöglicht - in engeren Grenzen als bei einem verabschiedeten und genehmigten Haushalt -, dass die Kommune handlungsfähig bleibt und insbesondere ihre laufenden Verpflichtungen (z. B. Sozialleistungen, Personalausgaben, Mieten) erfüllt. Eine Situation wie in den USA, wo Bundesangestellte nach Hause geschickt werden müssen, wenn kein Haushalt in Kraft ist, kann in Deutschland nicht eintreten. Auch auf Bundes- und Landesebene gibt es die vorläufige Haushaltsführung (vgl. für den Bund Art. 111 GG).

Dafür, dass zu Jahresbeginn noch kein kommunaler Haushalt in Kraft getreten ist, kann es verschiedene Gründe geben, beispielsweise:

  • Verwaltung und Politik konnten sich zu zentralen Fragen des Haushalts nicht rechtzeitig einigen.
  • Der Haushalt wird von der Kommunalaufsicht nicht rechtzeitig genehmigt oder nur mit Auflagen, über die möglicherweise noch verhandelt wird.
  • Die Aufstellung der Haushalte in Deutschland erfolgt meist in der Reihenfolge Bund - Länder - Gemeinden, da die übergeordneten Haushalte regelmäßig Daten setzen (z. B. Ausstattung des Finanzausgleichs), die für die nachfolgenden von Bedeutung sind. Daher werden zumeist der Bundeshaushalt bereits kurz nach der Sommerpause, die Länderhaushalte im Herbst und die Kommunalhaushalte kurz vor dem Jahreswechsel aufgestellt. Verzögert sich (z. B. wegen der Wahltermine) die Haushaltsaufstellung einer Ebene, kann sich dies auf die nachfolgenden Ebenen auswirken.
  • aus Sachsen wird berichtet, dass es einigen Gemeinden nicht gelungen ist, rechtzeitig die Eröffnungsbilanz zu erstellen, die ab 2017 für einen genehmigungsfähigen Haushalt erforderlich ist; daher gilt auch für sie die vorläufige Haushaltsführung.[1]

Inhalt der vorläufigen Haushaltsführung[Bearbeiten]

Für die vorläufige Haushaltsführung gelten in allen Bundesländern weitgehend die gleichen Regeln. Danach darf die Gemeinde

  • Aufwendungen bzw. Ausgaben leisten, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist;
  • Mittel einsetzen, die für unaufschiebbare Aufgaben erforderlich sind, beispielsweise laufende Bewirtschaftung der kommunalen Gebäude, aber auch Fortführung bereits begonnener Investitionsvorhaben;
  • Verpflichtungsermächtigungen des Vorjahres, soweit sie noch nicht ausgeschöpft sind, weiter in Anspruch nehmen;
  • Steuern nach den Steuersätzen erheben, die im Vorjahr galten;
  • Vorhandene Kredite umschulden;
  • neue Kredite aufnehmen mit nach Bundesland unterschiedlichen Einschränkungen: teilweise in begrenzten Umfang, z. B. ein Viertel des Vorjahresbetrages, und/oder nur mit Einzelgenehmigung der Kommunalaufsicht.

Die Gemeinde darf nicht

  • neue Vorhaben, die im Vorjahr noch nicht im Haushalt standen, beginnen;
  • freiwillige Leistungen zahlen, sofern nicht im Vorjahr hierüber schon Verträge geschlossen wurden (z. B. Zuschüsse an Vereine);
  • neue, im Stellenplan des Vorjahres nicht vorgesehene Stellen schaffen.

Die Einschränkung trifft vor allem Investitionsprojekte. Wurden für sie im Vorjahr weder Mittel noch Verpflichtungsermächtigungen zur Verfügung gestellt, so können sie unter der vorläufigen Haushaltsführung nicht begonnen werden. Das kann manchmal zu Kostensteigerungen führen, so dass die vorläufige Haushaltsführung auch mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden sein kann. Gelegentlich geraten Kämmereien in den Verdacht, dass ihnen die vorläufige Haushaltsführung gelegen kommt, um politisch gewünschte Projekte zu verzögern oder einfach mehr Spardisziplin durchzusetzen.

Rechtsgrundlagen[Bearbeiten]

Fußnote[Bearbeiten]

  1. Freie Presse, Gemeinden ohne Finanzplan, 22.07.2017 (statt "Finanzplan" muss es "Haushaltsplan" heißen)

Siehe auch[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten]