Kommunalwahl in NRW 2020

Aus KommunalWiki

Bei der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen am 14.09.2020 wurde im landesweiten Durchschnitt die CDU wieder stärkste Partei, wenn auch mit Verlusten; sie erzielte ihr schlechtestes Eregbnis seit fast 70 Jahren. Die SPD verlor deutlich und steht jetzt bei 24%. Über starke Zuwächse konnten sich die GRÜNEN freuen; landesweit erreichten sie 20% und stellen in einigen Städten (Aachen, Bonn, Köln) jetzt die stärkste Fraktion. FDP und AfD bleiben mit 5,6% bzw. 5,0% relativ schwach, erst recht gilt das für die Linke mit 3,8%. Die Wahlbeteiligung blieb trotz leichtem Zusachs mit 51,9% auf niedrigem Niveau.

Bei den zeitgleich stattfindenen Wahlen der Bürgermeister/innen gab es in den meisten Großstädten keine hinreichende Mehrheit für eine/n Kandidat/in, so dass am 28.09. viele Stichwahlen erforderlich waren. Im Gesamtbild tendiert NRW damit zu einem Drei-Parteien-System, in dem die drei "Großen" CDU, SPD und GRÜNE in deutlichem Abstand zu den "Kleinen" FDP, AfD, Linke und Wählergruppen stehen.

Besonderheiten in der Organisation[Bearbeiten]

Der Anteil der Briefwahlstimmen - u.a. aufgrund der Corona-Krise - erreichte eine Rekordmarke; in einigen Gemeinden lag er bei 30%.[1] Dabei gab es in Duisburg und Düsseldorf Pannen, die zur Folge hatten, dass viele Briefwahlunterlagen gar nicht oder sehr kurz vor dem Wahltermin zugestellt wurden.[2] In Hamm, das am Tag der Stichwahl von einem Corona-Ausbruch betroffen war (einen Tag vor der Wahl waren mehr als 2.700 Personen in Quarantäne) richtete die Stadt einen besonderen Service ein, bei dem Wahlunterlagen in die Häuser gebracht oder von bevollmächtigten Personen abgeholt und auch wieder zurückgebracht werden konnten.[3]

Die Ergebnisse als Tabelle[Bearbeiten]

Ergebnisse der Kommunalwahlen 2020 in Nordrhein-Westfalen
(Stadtratswahlen und Kreistagswahlen)
Wahlvorschlag 2020 2014 Änderung
CDU 34,3 37,5 -3,2
SPD 24,3 31,3 -7,1
GRÜNE 20,0 11,8 +8,3
FDP 5,6 4,7 +0,8
AfD 5,0 2,6 +2,5
LINKE 3,8 4,7 -0,8
Wählergruppen 4,4 4,5 -0,1
Sonstige 2,6 2,9 -0,3
Wahlbeteiligung 51,9 50,0 +1,9

Besondere grüne Erfolge[Bearbeiten]

Die GRÜNEN machen landesweit einen Sprung von unter 12 auf ca. 20%. Entsprechend erhöht sich die Zahl ihrer Mandate, allein in den Kreistagen und Stadträten der kreisfreien Städte von 394 auf 705. In drei kreisfreien Städten sind die GRÜNEN stärkste Fraktion: So erreichten sie in Aachen 34,1% und stellen 20 von 56 Stadtratsmitgliedern (schon die CDU folgt mit großem Abstand mit 14 Mandaten). In Köln gewannen sie mit 28,5% 26 von 90 Sitzen, in Bonn gewannen sie 27,9% der Stimmen und stellen 19 von 66 Ratsmitgliedern. In Münster erreichten sie mehr als 30% und liegen mit 20 von 66 Sitzen nur knapp hinter der CDU (22 Sitze), in Bielefeld sind die drei "Großen" nahezu gleich stark (CDU 18, SPD 16, GRÜNE 15 von insgesamt 66 Sitzen), ähnlich in Dortmund (SPD 27, GRÜNE 22 und CDU 20 von 90 Sitzen). Auch in zwei kreisangehörigen Gemeinden sind die Grünen jetzt stärkste Fraktion: in Telgte mit 41,6%, in Emsdetten mit 30,3%. Erwähnenswert auch, dass die Grünen in der Gruppe der 16- bis 24jährigen Wähler*innen mit 34% stärkste Kraft wurden.

Bei den Wahlen zu den (Ober-)Bürgermeister/innen erreichte kaum ein/e Kandidat/in im ersten Wahlgang die erforderlichen 50% der Stimmen, so dass in vielen Gemeinden Stichwahlen erforderlich waren. Einige GRÜNE kamen jedoch in die Stichwahl, wo sie teilweise erfolgreich waren:

  • In Aachen wurde Sibylle Keupen mit überzeugenden 67,4 Prozent zur Oberbürgermeisterin gewählt, ihr Gegenkandidat Harald Baal von der CDU kam auf 32,6 Prozent.
  • In Bonn ging Katja Dörner gegen den CDU-Kandidaten Ashok-Alexander Sridharan in die Stichwahl, die sie mit 56,3% gewann.
  • Der GRÜNE Kandidat Uwe Schneidewind wurde in Wuppertal zum Oberbürgermeister gewählt. Als gemeinsamer Kandidat von Grünen und CDU erhielt er 53,5% der Stimmen und löst damit den Amtsinhaber Andreas Mucke (SPD) ab.[4]
  • Dagegen konnte Peter Todeskino in Münster den Amtsinhaber Markus Lewe von der CDU nicht schlagen; Todeskino erreichte respektable 47,4%.

In einigen Städten konnte sich ein von SPD und GRÜNEN gemeinsam aufgestellter Kandidat im ersten Wahlgang durchsetzen, so in Remscheid (Burkhard Mast-Weisz, 60,6%), in Solingen (Tim-Oliver Kurzbach, 55,3%) und in Bochum (Thomas Eiskirch, 61,8%). In Köln konnte die parteilose Amtsinhaberin Henriette Reker in der Stichwahl ihr Amt gegen Andreas Kossinski (SPD) verteidigen. In Hagen gab es ein eher ungewöhnliches Bündnis; Erik O. Schulz, der von CDU, GRÜNEN und FDP gemeinsam aufgestellt worden war, erreichte mit 51,1% sein Ziel knapp im ersten Wahlgang.

In den Kreisen fielen die GRÜNEN Wahlergebisse etwas schwächer als in den Großstädten aus; in keinem Kreistag stellen die GRÜNEN die stärkste Fraktion. In der Landratswahl im Kreis Herford konnte sich immerhin der von SPD und GRÜNEN gemeinsam unterstützte Amtsinhaber Jürgen Müller mit 56,3% der Stimmen ohne Stichwahl durchsetzen, ähnlich im Ennepe-Ruhr-Kreis, wo der ebenfalls von SPD und GRÜNEN unterstützte Amtsinhaber Olaf Schade sein Amt mit 61,5% im ersten Wahlgang verteidigte.

Neue Akteure?[Bearbeiten]

Bei der NRW-Kommunalwahl 2020 traten auch neue Bewegungen an, die - je nach lokaler Konstellation und Sichtweise - als Konkurrenz, aber auch als Bündnispartner*innen zu Grünen gesehen werden können:

  • Die "paneuropäische Partei" Volt ist in NRW auch bei den Kommunalwahlen angetreten und konnte zumindest Achtungserfolge erzielen. So stellt sie landesweit jetzt 16 Stadträt*innen und 4 Bezirksrät*innen. In Köln überflügelte sie die FDP, in Münster die AfD.[5] Volt ist als Gegenbewegung zu nationalistischen und populistischen Strömungen entstanden und ist die erste Partei, die europaweit gegründet wurde; zu ihren Zielen gehört u.a. die weltweite Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels.[6]
  • In Köln, Düsseldorf und Leverkusen trat eine "Klimaliste" an, insgesamt erreichten diese Listen zwei Stadtratssitze und drei Sitze in Bezirksvertretungen.

Stellungnahmen[Bearbeiten]

In ersten Reaktionen wurde das Wahlergebnis als (verhaltene) Bestätigung für die CDU und ihren Ministerpräsidenten Armin Laschet gewertet, zugleich als großer Erfolg für die GRÜNEN. Soweit Schlüsse für den Bund gezogen werden, scheint das Ergebnis für viele in Richtung eines schwarz-grünen Bündnisses zu weisen, ist doch zu erwarten, dass die SPD im Bund deutlich unter ihren Werten in ihrem einstigen Kernland NRW bleiben wird. Rot-grün-rote Perspektiven erscheinen (noch) weniger realistisch als vor dieser Wahl. Für Norbert Röttgen, CDU NRW, wird der Kampf um die Mitte "mittlerweile zwischen der CDU und den Grünen ausgetragen".[7]

Die GRÜNEN NRW nannten den Wahlausgang "ein fantastisches GRÜNES Ergebnis in den Städten und auf dem Land". Grüne Themen hätten die Wahl entschieden. Nach der Stichwahl verfügten die GRÜNEN über vier Oberbürgermeister*innen und elf Bürgermeister*innen, was als "historischer Erfolg" gewertet wird. Erfreulich war aus Sicht der GRÜNEN auch das relativ niedrige Ergebnis der AfD: "Die AfD ist besiegbar".[8] Der Politikwissenschaftler Martin Florack sagte im WDR, die Grünen seien "fast chronisch stark". Der Mitgliederzuwachs habe es der Partei ermöglicht, neue Netzwerke vor Ort zu schaffen und problemlos die Kandidatenlisten zu füllen.[9]

Fußnoten[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]