Kreis

Aus KommunalWiki

(Weitergeleitet von Landkreis)

(Land-)Kreise haben eine Doppelfunktion: Sie sind Zusammenschlüsse mehrerer Gebietskörperschaften, genauer: Gemeindeverbände, und gleichermaßen eigenständige Gebietskörperschaften.

Entwicklung[Bearbeiten]

Die Wurzeln des Kreises reichen bis ins Mittelalter zurück: Erstmals erwähnt wurde er in brandenburgischen Urkunden des 16. Jahrhunderts. Seine auch heute noch typische Ausprägung als Mittler zwischen Staatsverwaltung und örtlichen Belangen fand er in Preußen. Begrifflich hat in jüngster Zeit der "Kreis" die Bezeichnung "Landkreis" abgelöst. Dies ist insofern sachlich richtiger, da der Begriff "Landkreis" eine Verortung im ländlichen Raum impliziert, was nicht mehr pauschal auf alle Kreise zutrifft. Dies gilt insbesondere für sog. Umland- oder Kragen-Kreise, in deren Mitte sich eine (kreisfreie) Großstadt befindet.

Die Kommunalpolitik in Kreisen findet meist nicht die gleiche Beachtung wie in den Städten und Gemeinden. Die überregionale Öffentlichkeit konzentriert sich auf die großen, kreisfreien Städte, die einzelnen BürgerInnen auf ihre Heimatgemeinden. Dennoch sind Kreise wichtige Bausteine kommunaler Selbstverwaltung mit erheblichen Kompetenzen, z. B. bei der Abfallbeseitigung. Darüber hinaus leben zwei Drittel der Bevölkerung in der Bundesrepublik in Kreisen, und dies auf einer Fläche von rd. 96 % des Bundesgebietes.

Identität und Funktion des Kreises[Bearbeiten]

Der Kreis ist gleichermaßen kommunale Selbstverwaltungsinstanz und Begriff für eine geschlossene und ortsübergreifende Verwaltungseinheit. Dementsprechend hat er seinem Wesen nach sowohl zwei Identitäts- als auch zwei Funktionsgrundlagen.

Identitätsgrundlagen sind einerseits die Stellung des Kreises als Gemeindeverband, also als Zusammenschluss mehrerer anderer Gebietskörperschaften, andererseits die Qualität als eigene Gebietskörperschaft mit den verfassungsmäßigen Rechten aus Art. 28 Abs. I GG zur kommunalen Selbstverwaltung. Zwei generell unterschiedliche Funktionen erhält der Kreis durch die ihm auferlegten Aufgaben als Bestandteil der staatlichen Verwaltung und durch die von ihm im Rahmen der Selbstverwaltung gewählten freiwilligen Aufgaben.

Grundlagen und Finanzierung[Bearbeiten]

Analog zu den Gemeindeordnungen der Länder gibt es entsprechende Kreisverfassungen. Zahlreiche Reformen seit der Wiedervereinigung führten auch hier zu einer Vereinheitlichung (siehe hierzu Doppelspitze).

Die Finanzierung der Kreise unterscheidet sich von der der Städte und Gemeinden darin, dass es neben Zuweisungen aus Bundes- und Landesmitteln, Gebühren, Beiträgen, eigenen Kreissteuern und Erträgen aus eigenen Betrieben als weitere und wichtigste Einnahmequelle die Kreisumlage gibt.

Aufgaben[Bearbeiten]

Die Aufgaben der Kreise lassen sich in drei Kategorien unterteilen: Aufgaben der staatlichen Verwaltung, freiwillige Selbstverwaltungsangelegenheiten sowie pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheiten.

Aufgaben staatlicher Verwaltung[Bearbeiten]

Dazu gehören zum Beispiel das Ausländerwesen, die Veterinäraufsicht oder auch der Katastrophenschutz. Diese Aufgaben können teilweise auch den Regierungsbezirken und den Gemeinden zugewiesen sein. Da der Kreis hier als Teil der Staatsverwaltung tätig wird, übt die Bezirksregierung bzw. das entsprechende Landesministerium die Fachaufsicht aus. Das bedeutet, sie kann auch über die Zweckmäßigkeit einer Maßnahme des Kreises entscheiden und Weisungen erteilen.

Freiwillige Selbstverwaltungsangelegenheiten[Bearbeiten]

Bei diesen werden im wesentlichen drei Kategorien unterschieden:

  • Übergemeindliche Aufgaben: Sie gehen über das Kreisgebiet hinaus, z. B. die regionale Wirtschaftsförderung oder die Koordination des ÖPNV.
  • Ergänzende Aufgaben: Sie reichen in ihrer Bedeutung über das Gebiet einer Gemeinde hinaus, z. B. die Unterhaltung eines Kreiskrankenhauses.
  • Ausgleichsaufgaben: Sie gehen in ihrer Bedeutung zwar nicht über eine Gemeinde hinaus, können von dieser aber wegen mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit oder unzureichender Verwaltungskraft nicht erfüllt werden.

Bei Selbstverwaltungsangelegenheiten beschränkt sich die Aufsicht der Bezirksregierung bzw. des Landes auf die Überprüfung der Rechtsmäßigkeit (Rechtsaufsicht).

Pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheiten[Bearbeiten]

Diese muss ein Kreis zwar erfüllen, er kann aber in bestimmten Grenzen selbst entscheiden, wie er das tut. Dazu gehören beispielsweise die Jugendhilfe oder auch die Trägerschaft weiterführender Schulen.

Verzahnung dieser Aufgabenbereiche[Bearbeiten]

In der Verzahnung dieser Aufgabenbereiche sind die Kompetenzen der einzelnen Kreisorgane je nach Landesrecht unterschiedlich verteilt. Dabei gilt, dass die Rechte des Kreistages immer dann schwächer ausgeprägt sind, wenn es sich um die Aufgaben des Staates als Verwaltungsbehörde handelt. Die entsprechenden Konflikte zwischen Landrat bzw. Oberkreisdirektor einerseits und Kreistag andererseits sind bis heute eines der größten Problemfelder der kommunalen Selbstverwaltung. So ist beispielsweise der Kreistag zuständig für die bauliche Gestaltung der Kreisstraßen im Zuge einer Ortsdurchfahrt (Selbstverwaltungsangelegenheit), der Landrat bzw. der Oberkreisdirektor ist jedoch zuständig für die eigentliche Verkehrsregelung (staatliche Aufgabe). Letzterer kann also aus Gründen der Gefahrenabwehr eine Ampel für erforderlich halten, die der Kreistag aus Kostengründen nicht aufstellen möchte.

Organe[Bearbeiten]

Zu den Organen der Landkreise zählen der Kreistag, der/die Landrat/Landrätin sowie der Kreisausschuss. Abgesehen von den Bezeichnungen gibt es keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Organen der Kreisverfassungen und denen der Gemeindeordnungen. In der Praxis lässt sich allerdings dann eine Verschiebung feststellen, wenn BürgermeisterInnen der kreisangehörigen Gemeinden ein Kreistagsmandat besitzen und ihr Amt weniger im Sinne des Kreises, sondern als VertreterIn ihrer Gemeindeinteressen wahrnehmen.

Kreistag[Bearbeiten]

Der Kreistag ist das parlamentarische Organ des Kreises und gleichzeitig Bestandteil der Exekutive des Kreises. Die Wahlzeit variiert von vier (Hessen, Schleswig-Holstein) bis sechs Jahren (Bayern), in den übrigen Bundesländern beläuft sie sich auf fünf Jahre. Die Größe der Kreistage hängt von der Größe des Kreises ab. Darüber hinaus besteht z. B. in Hessen die Möglichkeit, dass die Kommunalparlamente selbst mit einer 2/3-Mehrheit innerhalb bestimmter Grenzen ihre Parlamente verkleinern können.

Landrat/Landrätin[Bearbeiten]

Im Zuge der Novellierungen von Kreisverfassungen in den 90er Jahren erfolgte eine Angleichung, dies betrifft v. a. die weitgehende Abschaffung der Doppelspitze (also die Aufteilung der Funktionen Leitung der Verwaltung und politische Repräsentation auf zwei Ämter) und die Direktwahl der BürgermeisterInnen / LandrätInnen. Unterschiede gibt es noch dahingehend, ob der Landrat / die Landrätin auch Mitglied bzw. VorsitzendeR des Kreistages ist.

Kreisausschuss[Bearbeiten]

Der Kreisausschuss hat je nach Landesregelung eine unterschiedliche Funktion und Zusammensetzung: Er ist entweder ein kleineres Beschlussgremium des Kreistages zur Vorbereitung von Kreistagsbeschlüssen und kann je nach Landesregelung Organstellung als Zwischenorgan haben, oder er ist wie in Hessen die kollegiale Verwaltungsbehörde des Kreises. In Baden-Württemberg, Sachsen und Sachsen-Anhalt kennen die Kreisverfassungen keinen Kreisausschuss.

Literatur[Bearbeiten]

  • Minkner, Armin: Kreise und andere Kommunalverbände, in: Klemisch, Herbert, u. a.: Handbuch für alternative Kommunalpolitik, Bielefeld 1994, S. 59 ff.
  • Vogelsang, Klaus / Lübking, Uwe / Jahn, Helga: Kommunale Selbstverwaltung. Rechtsgrundlagen – Organisation – Aufgaben, Berlin 1997
  • Wollmann, Hellmut / Roth, Roland (Hrsg.): Kommunalpolitik. Politisches Handeln in den Gemeinden, Bonn 1998

Siehe auch[Bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten]

  • Prof. Dr. Hans-Günter Henneke: Die deutschen Kreise und ihr Landkreistag – Von den Anfängen in Brandenburg bis zur Etablierung der Bonner Republik. Schriften zum deutschen und europäischen Kommunalrecht, Band 50, Boorberg Verlag, Stuttgart 2016, 334 Seiten, ISBN 978-3-415-05764-7, 48,- € (Verlagsinformation zum Buch)