Straßenausbaubeitrag
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Der Straßenausbaubeitrag (in einigen Bundesländern Straßenbaubeitrag genannt) ist eine kommunale Abgabe, zu der Anlieger/innen einer Straße herangezogen werden, um bestimmte Maßnahmen des Straßenbaus mitzufinanzieren. Es geht dabei nicht um den Neubau einer Straße (hier kommt u.U. ein Erschließungsbeitrag in Betracht), sondern nur um Maßnahmen an vorhandenen Straßen. Dies können zusätzliche Einrichtungen wie Beleuchtung, Gehweg oder Abwasserkanal sein, aber auch eine Erneuerung der Fahrbahn. Straßenausbaubeiträge sind beinahe eine deutsche Besonderheit, es gibt sie außer in Deutschland nur noch in Dänemark.[1] Seit einigen Jahren nehmen Initiativen gegen die Beiträge zu, unter den Bundesländern ist ein Trend zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge erkennbar.
Begründung[Bearbeiten]
Inhaltlich werden Straßenausbaubeiträge damit begründet, dass der Ausbau der Straße für die Anlieger/innen einen (auch wirtschaftlich fassbaren) Nutzen stiftet und ihr Grundstück aufwertet. Ohne eine solche Abgabe würden die Kommunen durch Sanierungs- und Ausbaumaßnahmen letztlich private Vermögensvermehrung mit öffentlichen Mitteln subventionieren.
Rechtsgrundlagen[Bearbeiten]
Rechtlich ist für die Erhebung eines Beitrags zunächst eine gesetzliche Grundlage erforderlich, diese liefert das Kommunalabgabengesetz des jeweiligen Bundeslandes (die Befugnis dazu erhält das Land durch § 128 Abs. 2 Baugesetzbuch). Darüber hinaus muss die Kommune eine Satzung erlassen, die die Einzelheiten des jeweiligen Falles regelt. Die Satzung bestimmt u.a.,
- wer Beitragsschuldner ist,
- welche Maßnahmen beitragspflichtig sind,
- welche Kosten in die Beitragsberechnung einbezogen werden,
- nach welchem Modus die Kosten auf die Grundstücke umgelegt werden,
- welchen Eigenanteil die Gemeinde übernimmt.[2]
Da eine Straße meist sowohl von den Anlieger/innen als auch zur Durchfahrt genutzt wird, wird den Anlieger/innen nur ein Teil der Kosten auferlegt. Dazu werden die Straßen in Klassen eingeteilt, die ihrer Bedeutung und hauptsächlichen Nutzung entsprechen: Anliegerstraßen, Haupterschließungsstraßen und Hauptverkehrsstraßen. Bei Anliegerstraßen werden meist um die 75% der Kosten auf die Anlieger/innen umgelegt, bei Haupterschließungsstraßen 50-60% und bei Hauptverkehrsstraßen 25-60%. Alle Grundstücke, die mit Ver- und Entsorgungsfahrzeugen über die jeweilige Straße erreicht werden, gelten als "angrenzende Grundstücke", auch wenn sie nicht direkt an der Straße liegen. Der Beitrag wird frühestens mit der Fertigstellung der Einrichtung fällig; die Satzung kann einen späteren Zeitpunkt bestimmen und auch zulassen, dass ein Beitrag z.B. in Raten gezahlt oder unter bestimmten Voraussetzungen gestundet wird.
Wiederkehrende Straßenausbaubeiträge[Bearbeiten]
In einigen Bundesländern (Bayern, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen, Stand Mitte 2017) sind wiederkehrende Straßenausbaubeiträge möglich. Hierzu werden alle Grundstückseigentümer/innen in einem durch die Satzung bestimmten Gebiet herangezogen, in dem in einem bestimmten Zeitraum Straßenausbaumaßnahmen stattfinden, die letztlich allen anliegenden Grundstücken zugute kommen. Die entsprechenden Gebiete müssen nach bestimmten Regeln definiert sein.[3] Die Beiträge werden auf eine größere Zahl von Grundstücken verteilt und zeitlich gestreckt, so dass sie finanziell leichter tragbar sind. In der Regel werden sie im entsprechenden Zeitraum einmal jährlich erhoben.[4] Für Niedersachsen hat das OVG Lüneburg Ende 2020 wiederkehrende Straßenausbaubeiträge prinzipiell für verfassungsgemäß erklärt.[5]
Politisch umstritten[Bearbeiten]
Straßenausbaubeiträge sind politisch regelmäßig umstritten, da sie für Grundstückseigentümer/innen und Erbbauberechtigte eine hohe Belastung darstellen können.[6] Ein häufiger Vorwurf an die Kommunen lautet, diese würden einfache Reparaturen, die sie aus eigenen Mitteln leisten müssen, vernachlässigen und abwarten, bis sie die dann notwendige Sanierung mit Hilfe der Beiträge finanzieren können. In den vergangenen Jahren haben einzelne Bundesländer damit begonnen, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen oder die Kommunen über ihre Erhebung entscheiden zu lassen. Letzteres schafft für die Kommunen neue Probleme, da es vor Ort zu immer neuen Diskussionen führt und die Kommunen sich untereinander in Konkurrenz gesetzt sehen.
Situation in den Bundesländern[Bearbeiten]
Dieser Abschnitt ist nicht vollständig aktuell und wird noch bearbeitet.
Derzeit (Stand: Mitte 2018, teilweise aktueller)[7] ist die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen
- in zwei Bundesländern verpflichtend: Rheinland-Pfalz (ab 2024 nur wiederkehrende Beiträge) und Sachsen-Anhalt
- in drei Bundesländern eine Soll-Vorschrift (d.h., ein Verzicht ist nur ausnahmsweise mit besonderer Begründung möglich): Bremen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen,
- in fünf Bundesländern eine Kann-Vorschrift: Hessen, Niedersachsen, Saarland, Sachsen und Schleswig-Holstein,
- in fünf Bundesländern abgeschafft: Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern.
Details zu einzelnen Ländern:[Bearbeiten]
- Baden-Württemberg hat seit Gründung des Bundeslandes schon immer auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verzichtet, sie wurden dort niemals erhoben.
- In Bayern wurden die seit 1974 bestehenden Straßenausbaubeiträgen mit Wirkung zum 01.01.2018 abgeschafft. Mit entscheidend dafür war die Befürchtung der CSU, die Freien Wähler könnten mit ihrer angekündigten Initiative für eine Volksabstimmung gegen die Beiträge das Thema im Landtagswahlkampf 2018 für sich nutzen. Näheres siehe: Straßenausbaubeiträge in Bayern.
- Berlin hat die 2006 eingeführten Straßenausbaubeiträge 2012 wieder abgeschafft und die gezahlten Beiträge zurückgezahlt. Siehe: Straßenausbaubeiträge in Berlin.
- In Brandenburg wurden die Straßenbaubeiträge, wie sie dort bezeichnet werden, im Juni 2019 mit Wirkung ab Jahresanfang abgeschafft. Hintergrund war hier, ähnlich wie in Bayern, eine von den Freien Wählern initiierte Volksinitiative, die große Zustimmung fand. Siehe: Straßenbaubeiträge in Brandenburg.
- In Hessen bedeutete die Kann-Bestimmung im KAG bei finanzschwachen Gemeinden eine faktische Pflicht, da alle Einnahmemöglichkeiten für den Haushaltsausgleich ausgeschöpft werden müssen. Die Landesregierung änderte dies Mitte 2018. Dennoch bleiben die Beiträge in Hessen politisch umstritten. Siehe: Straßenausbaubeiträge in Hessen.
- Mecklenburg-Vorpommern hat die Straßenausbaubeiträge für Baumaßnahmen, die nach dem 1.1.2018 begonnen wurden, abgeschafft. Die Kompensation erfolgt ab 2020 über direkte Zuweisungen im kommunalen Finanzausgleich, zur Gegenfinanzierung für das Land wurde die Grunderwerbsteuer erhöht. Mehrere Kommunen, die den finanziellen Ausglaich für unzureichend halten, haben gegen die Neuregelung im Juli 2020 Klage eingereicht. Siehe: Straßenausbaubeiträge in Mecklenburg-Vorpommern.
- Niedersachsen führte 2017 die Möglichkeit wiederkehrender Straßenausbaubeiträge ein, hat aber ansonsten die Beiträge als Kann-Vorschrift im Kommunalabgabengesetz belassen. Siehe: Straßenausbaubeiträge in Niedersachsen.
- In Nordrhein-Westfalen gilt für die Straßenausbaubeiträge eine Soll-Vorschrift. Ein Förderprogramm des Landes ermöglicht den Gemeinden, die Beiträge um bis zu 50% abzusenken. Siehe: Straßenausbaubeiträge in Nordrhein-Westfalen.
- In Rheinland-Pfalz sind Straßenausbaubeiträge verpflichtend zu erheben, aufgrund einer Gesetzesänderung im Mai 2020 allerdings ab 2024 nur noch als wiederkehrende Beiträge.
- In Schleswig-Holstein ist die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen freiwillig, sie werden nur in einem Teil (ca. 20%) der Gemeinden erhoben. Die Landesregierung plant aktuell (Stad Anfang 2022), den Gemeinden, die sie erheben, eine Eigenbeteiligung zu ermöglichen, um Grundstückseigentümer*innen zu entlasten.[8] Im Januar 2023 scheiterten SSW, FDP und SPD im Landtag mit dem Antrag, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen; die Mehrheit von CDU und GRÜNEN stimmte dagegen.[9]
Fußnoten[Bearbeiten]
- ↑ PlusMinus (ARD): Straßenausbaubeiträge: Die einen zahlen, die anderen nicht, 18.05.2019 (Video online nicht mehr verfügbar)
- ↑ zitiert nach: Erwin Ruff, Straßenausbaubeitrag
- ↑ Siehe beispielhaft die Bestimmungen zu "einheitlichen öffentlichen Einrichtungen" in § 10a Abs. 1 Kommunalabgabengesetz Rheinland-Pfalz; siehe auch die Ausführungen dazu im Urteil des OVG Lüneburg vom 16.12.2020, Aktenzeichen: 9 KN 160/18; dort wird eine kommunale Satzung u.a. deswegen beanstandet, weil die Abrechnungseinheiten nicht hinreichend bestimmt wurden.
- ↑ Celle heute, „Wiederkehrende Straßenausbau-Beiträge“ in der Diskussion, 25.06.2017; zur rechtlichen Ausgestaltung vgl. z.B. § 11a KAG Hessen.
- ↑ Siehe dazu den Abschnitt OVG Lüneburg: Wiederkehrende Beiträge verfassungsgemäß im Artikel über die Straßenausbaubeiträge in Niedersachsen
- ↑ Beispiele: Neue Westfälische: Teurer Straßenausbau: Ein Anlieger soll einen Beitrag von 210.000 Euro zahlen, 20.09.2018; Frankfurter Rundschau: Hessische Familie soll 100.000 Euro Straßenbeiträge zahlen, 17.05.2021
- ↑ Quelle: Erwin Ruff, Straßenausbaubeitrag, abgerufen 2018; für einzelne Länder aktualisiert
- ↑ Süddeutsche Zeitung: Mehr Freiheiten für Kommunen bei Abgaben geplant, 26.01.2022
- ↑ NDR: Straßenausbau-Beiträge in SH: Entscheidung bleibt bei Kommunen, 25.01.2023
Weblinks[Bearbeiten]
- Der Neue Kämmerer: Kommunen und die Straßenausbaubeiträge, laufend aktualisierte Übersicht mit Berichten aus verschiedenen Bundesländern
- KOMMUNAL: Straßenausbaubeiträge - Alles, was Sie wissen müssen, letzte Aktualisierung 05.04.2019
- wikipedia: Straßenausbaubeitrag
- Erwin Ruff: Straßenausbaubeitrag
- Das Erste: Der Geld-Check (2): Wo Kommunen hinlangen (siehe am Schluss des Beitrags) mit Hinweisen auf Klagemöglichkeiten für Betroffene und Anlaufstellen der Beitragsgegner*innen (2016) Wayback Machine