Für die Würde unserer Städte

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Logo des Aktionsbündnisses

Unter dem Namen "Raus aus den Schulden - Für die Würde unserer Städte" haben sich 69 Kommunen (Stand: März 2017) parteiübergreifend und auf Zeit zusammengeschlossen mit dem Ziel, eine bessere Finanzausstattung und die Entschuldung unterfinanzierter und überschuldeter Kommunen zu erreichen. Das ursprünglich in NRW gegründete Bündnis wurde auf einer Konferenz am 21.11.2014 bundesweit ausgedehnt. Zugleich wurde als Gründungsdokument der Kaiserslauterer Appell an Bund und Länder zur Schaffung eines gerechten Gemeindefinanzsystems verabschiedet. Eine weitere Konferenz fand am 23./24.2.2015 in Berlin statt. Sprecher/innen des Aktionsbündnisses sind Oberbürgermeisterin a.D. Dagmar Mühlenfeld (SPD) aus Mülheim an der Ruhr und der Pirmasenser Oberbürgermeister Dr. Bernhard Matheis (CDU) sowie die Kämmerer Uwe Bonan (Mülheim an der Ruhr) und Dr. Johannes Slawig (Wuppertal).

Mitglieder[Bearbeiten]

Die Mitglieder des Bündnisses sind Oberbürgermeister*innen, Bürgermeister*innen, Landrät*innen und Kämmerer*innen aus 66 Kommunen aus acht Bundesländern, überwiegend aus NRW, aber auch 13 aus Rheinland-Pfalz, zwei aus Hessen sowie die Landeshauptstadt des Saarlandes; sie haben zusammengenommen ca. 8,5 Mio. Einwohner/innen (Stand März 2022). Folgende Städte gehören zum Bündnis:[1]

Kaiserslauterer Appell[Bearbeiten]

Zentrale Forderungen sind "eine Neuordnung der Soziallastenfinanzierung, eine Strategie zur Stärkung der kommunalen Investitionsfähigkeit und ein Sondertilgungsprogramm zum Abbau überproportionaler Verschuldung". Die Mitglieder des Bündnisses bekennen sich "zum kommunalen Haushaltsausgleich und zum kommunalen Schuldenabbau". Dies sei aber nur realisierbar, "wenn unsere Konsolidierungsschritte nicht durch einen weiteren – finanziell nicht gedeckten - Aufgaben- und Ausgabenzuwachs aufgezehrt oder überkompensiert werden". Die kommunalen Konsolidierungsbemühungen müssten in einen landes- und bundespolitischen Rahmen eingespannt werden, der als "Haushaltssicherungsnetz" bezeichnet wird. Elemente dieses Rahmens sind

  • eine aufgabenangemessene Finanzausstattung unter strikter Beachtung des Konnexitätsprinzips zur Sicherstellung der Soziallasten- und Infrastrukturfinanzierung,
  • Landeshilfen zur Unterstützung des kommunalen Haushaltsausgleichs in Kommunen mit massiven strukturellen Finanzierungslücken (temporäre Konsolidierungshilfen) und
  • eine Teilentlastung von wirtschaftlich nicht zu leistenden Zins- und Tilgungsleistungen (z.B. Übernahme von überproportionalen „Spitzenlasten“ im Rahmen eines Sondertilgungsprogrammes).

Die vorgesehene Entlastung bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung in Höhe von 5 Mrd. Euro müsse zügig bis 2017 umgesetzt werden. In Bund und Ländern müsse die Konsolidierung der Kommunalfinanzen im gesamtstaatlichen Interesse hohe Priorität haben.

Folgende Maßnahmen fordert das Bündnis:

  • Plenardebatten in Bundestag, Bundesrat und den Landesparlamenten zur Wiederherstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in den Kommunen,
  • eine Neuordnung der Soziallastenfinanzierung und eine Strategie zur Stärkung der kommunalen Investitions- und Instandhaltungsfinanzierung,
  • einen Rettungsschirm zum Abbau der größten, weitgehend von Bund und Ländern verursachten kommunalen Altschulden, und strikte Einhaltung der Konnexität durch Bund und Länder - nach dem Motto: Wer bestellt, bezahlt - und zwar auch für die Folgen früherer Gesetze.
  • die Bundesländer ausdrücklich auf, die Sorgen der verschuldeten Kommunen mehr als bisher zu berücksichtigen und möglichst bald Lösungsvorschläge unter Beteiligung der Kommunen vorzulegen. Das gilt insbesondere bei den anstehenden Verhandlungen zwischen Bund und Ländern zur Neuordnung der Finanzbeziehungen.

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kommunalpolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ingbert Liebing, erklärte nach einem Treffen mit Vertreter/inne/n des Aktionsbündnisses am 24.02.2015, die Initiative richte sich an die falschen Adressaten. "Anstatt sich mit der Bundesebene über eine auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen auszutauschen, sollte das Bündnis die betroffenen Landesregierungen daran erinnern, welche Verantwortung sie für ihre Kommunen haben. Der Bund erfüllt bereits im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten die Forderungen der betroffenen Kommunen."[9]

Weitere Aktivitäten 2016[Bearbeiten]

Am 27.04.2016 wurde auf einem weiteren Treffen des Bündnisses in Mainz die "Mainzer Erklärung 2016 zur Neuordnung des Kommunalen Finanzsystems" verabschiedet. Darin fordern die teilnehmenden Kommunen von Bund und Ländern noch in dieser Legislaturperiode des Deutschen Bundestages eine politische Initiative zur Neuordnung des kommunalen Finanzsystems. Die letzten Jahre hätten den Kommunen einen "kaskadenartigen Aufgabenaufwuchs" beschert. Dieser traf in den Kommunen aufgrund ungleicher sozioökonomischer Entwicklungen auf eine höchst ungleiche fiskalische Kraft zur Eigenfinanzierung. Dadurch haben die Disparitäten in der kommunalen Finanzsituation in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Angesichts extrem hoher Schuldenstände bedürfe es aus gesamtstaatlichem Interesse dringend eines Konzeptes zur Altschuldentilgung.

Im September 2016 wurde ein kurzer Film "Auf nach Berlin!" veröffentlicht, der im Internet verbreitet wird und für die Anliegen des Bündnisses wirbt. Der Film wurde nach einer Idee des Kämmerers der Stadt Herne, Dr. Hans Werner Klee, von Studierenden einer Hochschule in Wiesbaden gedreht.[10] Im gleichen Monat setzte der Bundesrat das Thema "Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse" auf die Tagesordnung und ließ Vertreter/innen des Bündnisses dazu sprechen.

Im Oktober 2016 richtete das Bündnis einen Appell an die Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder (CDU/CSU) und Thomas Oppermann (SPD) und eine gerechte Verteilung der von der Großen Koalition in Berlin zugesagten Milliarden Euro Bundesmittel für die Kommunen: "Der Verteilungsschlüssel ... ist falsch. Er stärkt nicht die finanzschwachen, sondern die reichen Städte und Gemeinden. Wenn es gerecht zugehen soll, muss die Verteilung vollständig über die Kosten der Unterkunft erfolgen."[11]

2017 und 2018: Weitere Aktivitäten des Bündnisses[Bearbeiten]

Im März 2017 veröffentlichte das Bündnis die "Pirmasenser Erklärung zum Altschuldenabbau". Sie fordert mehr Bundes- und Länderhilfe im Sozialbereich und Unterstützung beim Schuldenabbau. Neben einer Neuordnung der Finanzbeziehungen und der bedarfsorientierten Zuweisung von für die den Kommunen zur Verfügung gestellten Mitteln des Bundes sei eine Entschuldung der hochverschuldeten Städte eine Grundvoraussetzung für die vom Grundgesetz geforderte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Dies könne aber nur gelingen, wenn die laufenden Haushalte dauerhaft ausgeglichen werden können und somit keine neuen Schulden aufgenommen werden. Dafür sei die Fortsetzung der Kostenentlastungen durch den Bund unverzichtbar. Die stabil hohen Steuereinnahmen und das historisch niedrige Zinsniveau böten für Bund und Länder eine historisch einmalige Chance für einen kommunalen Schuldenschnitt.[12]

Im Mai 2017 schrieben die Sprecher/innen des Bündnisses einen Offenen Brief an die Partei- und Fraktionsvorsitzenden der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien, mehrere Bundesminister und die Ministerpräsidenten der Länder. Darin wird gefordert, in die Wahlprogramme zu Landtagswahlen und zur Bundestagswahl am 24. September die Neuordnung des kommunalen Finanzsystems und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse aufzunehmen. Das Bündnis erwartet "die Bereitschaft von Bund und Ländern zur Aufnahme ergebnisoffener Verhandlungen unter Beteiligung der Kommunalen Spitzenverbände zeitnah nach der Bundestagswahl". Der überwiegende Teil des von den finanzschwachen Kommunen aufgehäuften Schuldenbergs sei "nicht selbstverschuldet, sondern eine Folge von Jahrzehnte lang nicht ausreichend gegenfinanzierten Gesetzen zu Lasten der Kommunen – und trotz aller harter eigener kommunaler Sparmaßnahmen auch in hundert und mehr Jahren ohne Gründung eines Altschuldenfonds von Bund, Ländern und Gemeinden nicht abzutragen."[13]

Zu seiner achten Kommunalkonferenz am 30.06.2017 in Berlin lud das Bündnis die Kommunalpolitischen Sprecher/innen von vier Bundestagsfraktionen Christian Haase (CDU/CSU), Bernhard Daldrup (SPD), Kerstin Kassner (Die Linke) und Britta Haßelmann (Bündnis 90/Die Grünen) als Gäste ein; sie versprachen allesamt, in der kommenden Legislaturperiode die Wiederherstellung der im Grundgesetz festgeschriebenen Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in allen deutschen Kommunen zum Schwerpunkt ihrer Politik zu machen.[14] Das Bündnis verabschiedete eine "Berliner Resolution", die dieses Ziel in den Mittelpunkt stellt und fünf Forderungen aufstellt:

  • eine konzertierten Aktion von Bund, Ländern und betroffenen Kommunen, die das noch niedrige Zinsniveau zum Abbau der Liquiditätskredite nutzt;
  • die konsequente Fortsetzung der Kostenentlastungen durch den Bund, der die zentralen Sozialaufgaben gesetzlich prägt;
  • neue Spielräume für Investitionen, um eine dauerhafte Erhöhung der kommunalen Investitionstätigkeit zu erreichen;
  • Aufhebung des Durchgriffsverbots, um die (Mit-)Finanzierungsmöglichkeit des Bundes bei bundesgesetzlich geprägten Aufgaben mit hoher Kommunalrelevanz zu stärken;
  • eine an den Arbeitsmarktbedürfnissen ausgerichtete Qualifizierungsoffensive zur Integration arbeitswilliger Menschen.

Auch die am 9.11.2017 verabschiedete Saarbrücker Resolution stellt die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in den Vordergrund. Neben der bereits in Berlin erhobenen Forderung, das niedrige Zinsniveau zum Abbau auch der kommunalen Altschulden zu nutzen, wird der neue Bundestag und die zukünftige Bundesregierung aufgefordert, die bereits früher zugesagte Kommission zur Wiederherstellung und dauerhaften Sicherung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse möglichst schnell einzuberufen und dabei auch die [[Kommunale Spitzenverbände|kommunalen Spitzenverbände] sowie das Bündnis einzubeziehen. Auch die verstärkte Übernahme von Soziallasten durch den Bund wird erneut angemahnt.[15]

Auf der 10. Kommunalkonferenz des Bündnisses am 04.05.2018 in Cuxhaven wurde erneut an den Bund appelliert, einen Altschuldenfonds für überschuldete Kommunen aufzulegen. Bei dieser solidarischen Entschuldung sollten "der Bund, die betroffenen Länder und die finanzschwachen Städte und Gemeinden jeweils ein Drittel der Last tragen". [16]

Kommunalkonferenz und weitere Aktivitäten 2019[Bearbeiten]

Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners und Stadtkämmerer Michael Heck (Mönchengladbach) mit dem Bierdeckel des Bündnisses, 08.07.2019 / Quelle: Stadt Mönchengladbach

Auf einer Kämmererkonferenz am 21.02.2019 in Berlin appellierten die Vertreter/innen der beteiligten Städte erneut an Bund und Länder, die langfristige Tilgung kommunaler Liquiditätskredite und die Verhinderung neuer Schulden solidarisch als Gemeinschaftsaufgabe zu lösen. Vertreter/innen des Bundesinnenministeriums und des Städtetages berichteten über die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse.[17] Hauptzweck der Kämmererkonferenz war die Vorbereitung einer großen Kommunalkonferenz am 08.03.2019 in Berlin. Auf dieser wurde ein Positionspapier für eine solidarische Altschuldenlösung "Abbau alter und Vermeidung neuer Schulden" (pdf-Format, 5 Seiten) verabschiedet. Kernforderung ist ein '"fiskalischer Neustart": eine verlässliche Lösung sowohl für die Entschuldung finanzschwacher und überschuldeter Städte in einem zeitlichen Rahmen von 30-40 Jahren und die Gewährleistung einer kommunalen Finanzausstattung, die in Zukunft nicht nur die Neuverschuldung vermeidet, sondern auch Spielraum für Zukunftsinvestitionen lässt. Den Rahmen dafür soll eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern nach Art. 91 a des Grundgesetzes bilden.[18]

Aus Anlass des Abschlussberichts der Regierungkommission verschickte das Bündnis Anfang Juli 2019 an alle Bundes- und Landtagsabgeordneten einen Bierdeckel mit der Botschaft "Wer bestellt, bezahlt - Auch für die Politik gilt ein Reinheitsgebot".[19]

2020: Forderung nach Schutzschirm und Online-Petitionen[Bearbeiten]

Nachdem der Vorstoß von Bundesfinanzminister Scholz, im Rahmen des Corona-Konjunkturpaketes die überschuldeten Gemeinden zu entschulden, gescheitert war und auch die Landesregierung NRW sich mit Finanzhilfen, die die Kommunen dauerhaft entlasten oder gar das Altschuldenproblem angehen, schwertat, forderte das Aktionsbündnis Ende Juni 2020 gemeinsam mit einer Vielzahl von Gewerkschaften und Sozialverbänden einen "Schutzschirm" für die NRW-Kommunen, der eine Lösung für die Altschulden sowie eine Kompensation der kommunalen Steuerausfälle bietet: "Sowohl das Problem der Altschulden als auch die absehbaren neuen Belastungen der Kommunen durch die Corona-Pandemie dürfen nicht durch Kürzungen in der Daseinsvorsorge und der kommunalen Verwaltung gelöst werden. Ganz im Gegenteil: Wir brauchen Investitionen in Mobilität, Wohnen, Bildung, Klimaschutz und das Gesundheitswesen. Gegen die Krise anzusparen heißt die Krise zu verschärfen."[20]

Im August 2020 starteten die Mitglieder des Aktionsbündnisses in NRW eine Online-Petition "Zukunftspakt NRW". Die Petition fordert Landesregierung und Landesparlament auf, die Kommunen des Landes besser zu unterstützen. Die Städte, so der Text der Petition, müssten in die Lage versetzt werden, in eine klimafreundliche Infrastruktur und Mobilität zu investieren, eine moderne Bildungsinfrastruktur aufzubauen, ein zeitgemäßes Kulturangebot aufrecht zu erhalten, die Voraussetzungen für zukunftsweisende Digitalisierungsangebote zu schaffen, die öffentliche Infrastruktur erhalten zu können, die soziale Lage zu verbessern und ihren Finanzbedarf durch vergleichbare Steuersätze zu sichern. Dazu müsse das Land NRW die Kommunen mit ausreichenden Finanzmitteln ausstatten. Dies bedeute im Einzelnen, dass neben auskömmlichen Mitteln für die anstehenden Aufgaben die Kommunen bei den Kosten sozialer Leistungen entlastet werden müssten. Dazu zähle auch eine Altschuldenhilfe, die so ausgestaltet sein muüsse, dass Kommunen ihre Altschulden spätestens in den nächsten 30 Jahren abgebaut haben. Außerdem bedürfe es der Förderung kommunaler Investitionen durch Bund und Land vor allem in den Bereichen Klimaschutz, Bildung und Digitalisierung. Bürgerinnen und Bürger sind aufgefordert, die Online-Petition zu unterzeichnen; nach ca. 6 Wochen, Mitte Oktober, wies diese ca. 5.600 Unterschriften auf.[21]

Logo der Petition in Rheinland-Pfalz

Eine ähnliche Petition wurde im November 2020 von Städten in Rheinland-Pfalz gestartet; koordiniert wird die "Petition Heimat" von der Stadt Pirmasens. Die rheinland-pfälzischen Städte fordern einen „Zukunftspakt“ des Landes mit den Städten und Gemeinden, um innerhalb von 30 Jahren die Altschulden abzubauen; Vorbilder sind dabei die Hessenkasse und der Saarland-Pakt.

2021: Wahlprüfsteine und Social-Media-Aktion[Bearbeiten]

Vor der Bundestagswahl 2021 legte das Bündnis den Parteien mehrere "Wahlprüfsteine" vor - Fragen zu den aktuellen Problemen der Gemeindefinanzierung. Die Fragen und die Antworten der Parteien wurden auf der neuen Homepage des Bündnisses diskutiert.

Ende August 2021 startete eine Vielzahl von Bürgermeister*innen im Rahmen des Bündnisses eine Social-Media-Aktion, in der sie einen finanziellen Neustart für benachteiligte Kommunen forderten. Ein solcher Neustart soll drei Elemente beinhalten:[22]

  1. Eine Finanzverteilung, die nicht mehr zu Lasten der Kommunen geht. Wenn Bund oder Land Aufgaben an die Kommunen übertragen, müssen sie auch die Kosten übernehmen. Es kann nicht sein, dass die Kommunen Kredite aufnehmen, um Aufgaben zu erfüllen, die ihnen zugewiesen wurden.
  2. Eine Befreiung von Altschulden. Die ungerechte Finanzverteilung hat in vielen benachteiligten Kommunen zu erheblichen Schulden geführt, die wichtige Investitionen verhindern und so die Abwärtsspirale in Gang halten.
  3. Förderprogramme, die zu den Möglichkeiten der Kommunen passen. Die benachteiligten Städte und Kreise drohen, bei Zukunftsthemen wie Digitalisierung oder Klimaschutz erneut abgehängt zu werden. Die aktuellen Förderprogramme passen mit ihren Bedingungen nicht zu den Möglichkeiten der Kommunen und müssen deshalb dringend neu ausgerichtet werden.

Am 11.10.2021, begleitend zu den Koalitions-Sondierungen, folgte eine Aktion in Berlin mit dem Motiv eines Esels, der von zu hohen Lasten in die Knie gezwungen wird.[23]

2022: Gespräche in Berlin, Aktion vor dem Landtag NRW[Bearbeiten]

Am 17.03.2022 fanden Treffen von Vertreter*innen des Bündnisses mit Vertreter*innen der Bundesregierung und des Bundestages statt. Dabei wurde ein Positionspapier mit folgenden Forderungen überreicht:

  1. Abbau der Altschulden aus Liquiditätskrediten und der Wohnungsbau-Altschulden ostdeutscher Kommunen
  2. Fairer Ausgleich der Kosten, die auf kommunaler Ebene entstehen, weil Bund und Länder die Städte und Kreise zu zahlreichen Aufgaben verpflichten
  3. Neue Förderpolitik für kommunale Investitionen, die dazu führt, dass nicht nur wohlhabende Kommunen eine Förderung wahrnehmen, sondern insbesondere die finanzschwachen Kommunen dadurch vorankommen – zum Beispiel bei den Zukunftsthemen Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung.[24]

Wenig später, am 06.04.2022 machte das Bündnis mit einer Aktion vor dem Landtag NRW mit einem großen Gasballon mit der Aufschrift "Weg mit dem Altschulden-Ballast und NRW hebt ab!" auf seine Forderungen aufmerksam. Anlass war eine von der Grünen-Fraktion beantragte aktuelle Stunde im Landtag zur Altschulden-Problematik. Die Opposition beklagte, dass NRW als letztes betroffenes Bundesland noch keine Altschuldenregelung gefunden habe, und forderte die zuständige Ministerin Scharrenbach auf, ihre einige Tage zuvor in Aussicht gestellten Vorschläge zu konkretisieren, was jedoch nicht geschah. Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte den zuvor von Rot-Grün installierten Stärkungspakt nicht weitergeführt.[25] Eine weitere Aktion ähnlich der vom Oktober 2021 in Berlin fand am 23.05.2022 in Düsseldorf statt.[26] Im Juni 2022 forderte der neue Vorsitzende des nordrhein-westfälischen Städtetags, Thomas Kufen, vom Land eine "Altschuldenlösung bis Mitte nächsten Jahres".[27]

Durch den schwarz-grüne Koalitionsvertrag vom Juni 2022 scheint eine solche Lösung jetzt näher zu rücken, denn dieser trifft konkrete Aussagen: "Die vom Bund klar angekündigte einmalige gemeinsame Kraftanstrengung zur Entlastung der Kommunen von ihren Altschulden muss unmittelbar erfolgen. Zu diesem Zweck werden wir noch in diesem Jahr gemeinsam mit dem Bund eine Lösung vereinbaren. Sollte der Bund seiner Verantwortung nicht nachkommen, bekennen wir uns dazu, im kommenden Jahr selbst eine Lösung herzustellen und dafür einen Altschuldenfonds einzurichten, der für die teilnehmenden Kommunen eine substanzielle und bilanzielle Entlastung bringt."[28] Das Bündnis "Für die Würde unserer Städte" nahm dies optimistisch auf; es sah in der Vereinbarung „viele positive Signale, dass den betroffenen Kommunen endlich geholfen und eine gerechte Finanzverteilung erreicht wird“.[29] Viele Details einer Landeslösung sind jedoch noch offen. So überlegt die Landesregierung, ähnlich wie bei der Hessenkasse auch Leistungen für nicht überschuldete Kommunen wie einen Investitionszuschuss zur Verfügung zu stellen. Weiterhin fordert sie eine höhere Beteiligung des Bundes an den Soziallasten der Kommunen.[30]

Weitere Gespräche fanden im September 2022 in Berlin statt, u.a. mit der Bundestagspräsidentin und im Kanzleramt. Das Bündnis erinnerte dabei die Bundesregierung an das Versprechen im Koalitionsvertrag, eine Teilentschuldung überschuldeter Kommunen auf den Weg zu bringen. Die Regierungsseite erneuerte ihre Ankündigung, einen entsprechenden Vorschlag noch 2022 vorzustellen. Das Bündnis forderte neben einer Lösung für überschuldete Kommunen auch einen Rettungsschirm für die Stadtwerke. Auch eine Reform der Förderpolitik mit Blick auf kleine und finanzschwache Kommunen war erneut Thema.[31]

Steigende Zinsen bringen Kommunen in Bedrängnis[Bearbeiten]

Im Juli 2022 wies das Bündnis auf die Gefahren hin, die die aktuell steigenden Zinsen für hoch verschuldete Kommunen bedeuten. Das Bündnis ließ drei Szenarien durchrechnen; für das dritte wurde auch berücksichtigt, dass in der Vergangenheit Investitionen aufgeschoben wurden, die jetzt nicht länger verzichtbar sind und die in verschuldeten Gemeinden durch Kredite finanziert werden müssen. Je nach Annahme über diesen Punkt und über die Steigerung der Zinsen für Kommunalkredite errechnet sich bis 2026 eine zusätzliche Belastung zwischen 450 und 900 Mio. € für die verschuldeten Kommunen in den sieben Bundesländern, in denen das Bündnis Mitglieder hat. Vier Forderungen für eine gerechte Gemeindefinanzierung nennt das Bündnis in diesem Zusammenhang:

  1. Lösung der Altschuldenfrage auf Bundesebene und in Nordrhein-Westfalen;
  2. Gerechte Finanzausstattung der Kommunen bei Aufgaben, die Bund und Länder ihnen zuweisen;
  3. Vereinfachte und pauschalisierte Förderprogramme;
  4. Verhinderung kommunaler Steueroasen.[32]

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Quelle für die Liste: Der Neue Kämmerer, Altschulden: Bündnis wendet sich an Berlin, 16.03.2022; Stadt Essen: Versprechen an finanzschwache Kommunen: "Sie haben uns auf Ihrer Seite", 18.03.2022
  2. siehe Pressemitteilung; vgl. auch MRN-News, Frankenthal – Kommunen sind die Problemlöser der Politik, 19.11.2015
  3. Vgl. Uwe Rath (StadtSpiegel): Auch Gladbeck fordert Altschuldenerlass, 13.07.2019
  4. siehe Pressemitteilung
  5. siehe focus regional, Aktionsbündnis drängt auf Hilfe für hochverschuldete Kommunen, 20.03.2017
  6. siehe Pressemitteilungen
  7. siehe RP online, Kommunen wollen keine Bittsteller sein, 09.01.2016, sowie radio k. w.: Voerde hat die Forderung nach mehr Geld für Kommunen bekräftigt, 23.02.2017
  8. vgl. Wuppertaler Rundschau, "Wir müssen entlastet werden", 27.03.2016
  9. finanzen.net: Liebing: Länder müssen ihrer Verantwortung für Kommunen gerecht werden, 24.02.2015
  10. Metropol News: Film weist auf finanziell prekäre Situation vieler Kommunen hin, 01.09.2016
  11. Siehe z.B. Stadt Essen: Aktionsbündnis "Für die Würde unserer Städte" appelliert an die Fraktionsvorsitzenden Kauder und Oppermann, 28.10.2016
  12. Siehe hierzu auch ein Video des SWR: Hilfe von Bund und Ländern gefordert, 17.03.2017 (Dauer 2:17 min)
  13. Vgl. z.B. Stadt Pirmasens, Neuordnung der Finanzbeziehungen muss in die Wahlprogramme, Mai 2017
  14. Ausführlich zur achten Kommunalkonferenz: Stadt Mülheim an der Ruhr, Beeindruckende Berliner Kommunalkonferenz des Aktionsbündnisses "Für die Würde unserer Städte", 03.07.2017
  15. Vgl. auch die Pressemitteilung der Stadt Saarbrücken vom 09.11.2017
  16. RP online, Kommunen fordern Altschuldenfonds, 05.05.2018; Stadt Mülheim an der Ruhr: Cuxhavener Appell zur Bildung eines Altschuldenfonds (Pressemitteilung mit weiteren Dokumenten der 10. Kommunalkonferenz des Bündnisses)
  17. Wochenblatt, Kämmererkonferenz des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ in Berlin, 21.02.2019
  18. siehe zu den Forderungen des Bündnisses im Jahr 2019 auch: Tagesspiegel, Finanzschwache Kommunen fordern Schuldenschnitt, 04.04.2019
  19. Vgl. Stadt Essen: Aktionsbündnis "Für die Würde unserer Städte" setzt Zeichen durch Aktion "Wer bestellt, zahlt!", 08.07.2019
  20. Das Positionspapier im Wortlaut: Die NRW-Landesregierung darf die Kommunen nicht im Regen stehen lassen – Wir brauchen jetzt einen Schutzschirm für Kommunen! (23.06.2020, pdf-Format, 3 Seiten); siehe auch kobinet Nachrichten: Aktionsbündnis in NRW fordert Schutzschirm für Kommunen ein, 24.06.2020
  21. Mülheimer Woche: Verschuldete Kommunen starten Petition, 29.08.2019; Nordstadtblogger: Erdrückende Altschulden: Aktionsbündnis der Kommunen „wehrt“ sich online – „ein Link für mehr Gerechtigkeit“, 01.09.2020 (mit Videobotschaften von Kämmerern); Der Neue Kämmerer: Aktionsbündnis startet Altschuldenpetition, 31.08.2020
  22. Zitiert nach: Stadt Worms, „Finanzieller Neustart erforderlich“, 25.08.2021; siehe auch #stadtvonmorgen: „Neustart“: Appell für auskömmliche Kommunalfinanzen, 06.09.2021
  23. #stadtvonmorgen: Kommunen weisen Bundespolitik auf Finanzsorgen hin, 11.10.2021; Stadt Wuppertal, Kommunen gehen in die Knie – Parteien bekommen Besuch von satirischem Wagen, Pressemitteilung vom 11.10.2021 (ausführlich mit Fotos); Dern Neue Kämmerer, Aktionsbündnis macht auf Finanznöte aufmerksam, 13.10.2021; DEMO, Remscheids OB zu Kassenkrediten: „Das schwebt wie Damoklesschwert über uns”, Interview mit Burkhard Mast-Weisz, Oberbürgermeister von Remscheid, 14.10.2021
  24. Der Neue Kämmerer, Altschulden: Bündnis wendet sich an Berlin, 16.03.2022; Stadt Essen: Versprechen an finanzschwache Kommunen: "Sie haben uns auf Ihrer Seite", 18.03.2022
  25. Stadt Wuppertal: Großer Ballon weist auf große Gefahr hin: Kommunen fordern Altschuldenlösung vom Land NRW, 06.04.2022; WDR, Altschulden: Landtag streitet über fehlende Lösung für Kommunen, 06.04.2022; Zeit, Schuldenabbau der Kommunen: Ministerin unter Beschuss, 06.04.2022; zur Positionierung der SPD-Fraktion im Landtag siehe SPD-Landtagsfraktion NRW: Städte endlich von Altschulden befreien – denn die Zukunft der Kommunen ist die Zukunft unserer Kinder und Enkel, 06.04.2022; Der Neue Kämmerer, „Weg mit dem Altschuldenballast“, 07.04.2022
  26. WDR: Klamme Kommunen demonstrieren in Düsseldorf, 24.05.2022; SPD NRW: Die schwere Last der Kommunen, 23.05.2022; Der Neue Kämmerer: Aktionsbündnis drängt auf Altschuldenlösung, 02.06.2022
  27. Der Neue Kämmerer, Altschuldenlösung bis „Mitte nächsten Jahres“, 06.06.2022
  28. CDU NRW und Bündnis 90 / Die Grünen NRW: Zukunftsvertrag für Nordrhein-Westfalen, Koalitionsvereinbarung von CDU und GRÜNEN 2022–2027 (pdf-Format, 148 Seiten; S. 105 f. Zeile 5177 ff.)
  29. halloherne, "Wir sehen viele positive Signale", 27.06.2022; Stadt Remscheid: NRW-Koalitionsvertrag | Finanzschwache Kommunen sehen „viele positive Signale“, 28.6.2022
  30. Süddeutsche Zeitung, Ausgleich zwischen finanzstarken und -schwachen Städten?, 23.07.2022
  31. Stadt Remscheid, Wichtiger Rückhalt für finanzschwache Kommunen in Berlin, Pressemitteilung vom 28.09.2022; Wir in Dortmund, Wichtiger Rückhalt für finanzschwache Kommunen in Berlin, 28.09.2022
  32. Der Neue Kämmerer: Steigende Zinsen befeuern das Altschuldenproblem, 22.07.2022; Stadt Mayern: Pressemitteilung Finanzschwachen Kommunen drohen mehrere hundert Millionen Euro neue Lasten, in: Blick aktuell, 25.07.2022; Ennepe-Ruhr-Kreis: Zinspolitik: Kommunen drohen neue Lasten, 25.07.2022

Weblinks[Bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten]